Die AG Citizen Science wird von Daniel Dörler und Florian Heigl geleitet und beschäftigt sich mit Citizen Science auf theoretischer und praktischer Ebene. Citizen Science ist, vereinfacht gesagt, die aktive Einbindung von Bürger*innen in wissenschaftliche Projekte. Die Arbeitsgruppe betreibt und koordiniert das Citizen Science Network Austria und die dazugehörige Plattform Österreich forscht. Zur theoretischen Ebene der Forschung rund um Citizen Science gehört einerseits die Qualitätssicherung von Citizen Science, die Eigenschaften von Citizen-Science-Projekten und die Definition von Citizen Science. Auf der praktischen Ebene sind vor allem ökologische Projekte mit Citizen-Science-Ansätzen Teil der täglichen Forschungsarbeit. Vor allem die Bereiche Straßenökologie und invasive Arten bilden zwei besondere Schwerpunkte in der Forschungstätigkeit der Arbeitsgruppe.
Wissenstransferzentrum Ost 3.0: MINT-Vermittlung: Interdisziplinär, Hands-on und inklusiv
Für den Wirtschaftsstandort Österreich sind die MINT-Disziplinen von zentraler Bedeutung. Trotz vielfältiger Anstrengungen und Aktivitäten (schulisch wie außerschulisch) entscheiden sich nach wie vor zu wenige Schüler*innen für eine weiterführende Ausbildung im MINT-Bereich. Auch den Eltern sind die Perspektiven in diesem Bereich oftmals wenig bekannt. Die Erhebungen aus dem Vorgängerprojekt WTZ-OST/KV MINT ergaben, dass Vermittlungsinitiativen partizipativ und hands-on sowie möglichst auch unter Einbeziehung der aktuellen Entwicklungen zur Digitalisierung konzipiert werden sollten. Um einen niederschwelligen Zugang zu erleichtern, sollen die Formate möglichst aufsuchend gestaltet werden. Auf Basis dieser Ergebnisse wurden MINT-Prototypen entwickelt, die im Zuge dieses Folgeprojekts erweitert bzw. fortgeführt werden sollen. Dabei fließen auch die Erkenntnisse ein, die aus der Konzeption der Aktivitäten des Vorgängerprojekts während der Covid-19 Pandemie gezogen wurden – die geplanten Aktivitäten werden in verschiedenen Formaten (Präsenz, digital oder hybrid) entwickelt und tragen so der fortschreitenden Digitalisierung Rechnung. Es ist wichtig, dadurch nicht nur frühzeitig Begeisterung für MINT-Themen zu wecken, sondern auch interdisziplinäre und diversitätsgerechte Zugänge zu berücksichtigen, die modellhaft für weitere Entwicklungen im MINT-Bereich sein können. Zielgruppe dieser Vorhaben sind Schüler*innen und (Nachwuchs)Wissenschaftler*innen sowie die allgemeine Öffentlichkeit, wobei besonderes Augenmerk auf Diversität und Inklusion gelegt wird.
European Researchers‘ Night: Explore Research from East to West in Austria
Das Hauptziel des Projekts "Explore Research from East to West in Austria" (exploREsearch) ist es, das Verständnis für die Wichtigkeit der Forschung für die Gesellschaft zu erhöhen, aber auch eine stärkere Beteiligung der Öffentlichkeit an den gesamten wissenschaftlichen Prozessen zu fördern und zu erleichtern. Unser weiteres Ziel ist es, das Engagement junger Menschen für Wissenschaft und Forschung zu stärken und sie auf diese Weise zu ermutigen, zukünftige Forschende zu werden. Zum ersten Mal in Österreich wird die ERN in mehreren Großstädten (Wien, Salzburg und Innsbruck) gleichzeitig organisiert und deckt Österreich von Ost bis West ab, wodurch etwa ein Drittel der österreichischen Bevölkerung direkt an der Veranstaltung teilnehmen kann.
Wir haben ein Programm erstellt, das Forschende aus fast allen wichtigen Forschungseinrichtungen in diesen Städten einbindet, die den ERN-Rahmen nutzen wollen, um ihr Wissen zu teilen und ihre Aktivitäten und Projekte zu präsentieren. Darüber hinaus wurde Unterstützung für die Veranstaltung und ihre Förderung von österreichischen Ministerien (einschließlich finanzieller Unterstützung), anderen öffentlichen Akteur*innen, Fördereinrichtungen und weiteren Initiativen zugesagt. Die Veranstaltung wird einerseits Vor-Ort-Formate wie wissenschaftliche Stände und Workshops, Science Talks, Science Cafes, Science Slams, den EU-Corner sowie verschiedene soziale Aktivitäten umfassen, um Öffentlichkeit und Wissenschaft näher zusammenzubringen. Auf der anderen Seite werden virtuelle Formate Vorträge und Workshops sowie einen Live-Stream vom Bühnenprogramm vor Ort für Online-Besucher*innen integrieren. Interdisziplinarität spielt bei diesem Projekt eine wichtige Rolle, und die Aktivitäten umfassen mehr als 25 Bereiche, die von der Grundlagen- bis zur angewandten Forschung sowie von der Physik bis zur Kunst reichen, so dass für alle etwas dabei ist.
In diesem Projekt wird erhoben, welche Wirbeltiere auf Österreichs Straßen zu Tode kommen und welche Gründe es dafür geben könnte.
Was bedeutet Roadkill?
Als Roadkill werden alle im Straßenverkehr zu Tode gekommenen Tiere bezeichnet. Der deutsche Begriff Wildunfall greift als Übersetzung zu kurz, denn er bezieht sich in der Regel nur auf größere Säugetiere und gelegentlich Vögel. Dies schlägt sich auch in offiziellen Statistiken wieder – Daten zu getöteten Tieren im Straßenverkehr werden hauptsächlich zu sogenanntem „jagdbarem Wild“ erhoben. Daten zu allen anderen Tierarten – auch zu gefährdeten Tierarten, wie zum Beispiel Amphibien – fehlen.
Welche Relevanz hat Roadkill?
Straßen zerschneiden die Lebensräume vieler Tierarten. Auf menschliche Wohnräume umgelegt würde dies bedeuten, dass z.B. die Verbindung zwischen Küche und Wohnzimmer durch eine Straße durchquert wird. Tiere überqueren Straßen, wenn sie z.B. auf Nahrungssuche sind, sich Paarungspartner suchen oder wenn sie zwischen Winterquartier und Sommerquartier wechseln (wie zum Beispiel Kröten bei ihrer Wanderung im Frühjahr). Tierarten, die diese Wanderungen durchführen sind daher von Roadkill besonders häufig betroffen.
Auch für den Menschen hat Roadkill Relevanz – Tiere auf der Fahrbahn stellen für Autofahrerinnen und Autofahrer eine große Gefahr und auch eine große ethische Belastung dar. Nicht nur Zusammenstöße mit großen Wildtieren wie Hirsch, Wildschwein und Co verursachen jährlich Personen- und Sachschäden – auch kleine Tiere wie Igel und Kröte können Schäden verursachen, da immer wieder Unfälle durch Ausweich- und Bremsmanöver passieren.
Ziele des Projekts Roadkill?
Unser klares Ziel ist die Anzahl an Roadkills soweit wie möglich zu reduzieren, indem wir den Ursachen der Roadkills auf den Grund gehen.
Der erste Schritt dazu ist einen Überblick über Anzahl, Umfang und Verbreitung von Roadkills in Österreich zu bekommen. Durch das Zusammentragen von vielen einzelnen Daten zu einem großen Datensatz versuchen wir festzustellen, zu welchen Bedingungen (z.B. Wetter), an welchen Standorten (Wald, Wiese, Ortsgebiet, …), auf welchen Straßen, welche Tiere Opfer von Roadkill werden.
Neben der Beantwortung dieser wissenschaftlichen Fragestellungen möchten wir „Hotspots“ identifizieren, also Orte an denen es besonders häufig zu Roadkill kommt. In Zukunft versuchen wir in Zusammenarbeit mit Behörden, NGOs und Gemeinden diese Hotspots zu entschärfen.
Übergeordnet soll das Projekt Roadkill zur Sensibilisierung im Thema Roadkill aller Teilnehmer*innen beitragen.
Der Prozess der Veröffentlichung vorläufiger Ergebnisse in einem Pre-Print-Ansatz zielt darauf ab, die Ergebnisse so schnell wie möglich zu verbreiten und den Citizen Scientists zeitnahes Feedback zu geben. Darüber hinaus sollen neue Forschungsfragen auf der Grundlage der eingereichten Beobachtungen der Citizen Scientists identifiziert werden, wodurch der Forschungsprozess noch weiter geöffnet wird. Dieser Ansatz soll zu einer Erhöhung der wissenschaftlichen Kompetenz der teilnehmenden Citizen Scientists führen und auch zu einem offenen und innovativen Forschungsprozess führen.
Die Grundlage unseres Ansatzes ist das Citizen Science Projekt Roadkill (https://roadkill.at/). Citizen Science beschreibt eine wissenschaftliche Methode, bei der Wissenschaftler*innen und Amateur*innen in einem wissenschaftlichen Projekt zusammenarbeiten. Im Projekt Roadkill sammeln die Citizen Scientists mit Hilfe von Apps und einer Website Daten über Tiere, die auf der Straße getötet wurden. Im Projekt Roadkill berichteten über 800 Citizen Scientists über >13.000 im Straßenverkehr getötete Tiere seit 2014. Das Projekt Roadkill ist daher ein perfekter Ausgangspunkt für unseren Ansatz, bei dem wir im wissenschaftlichen Publikationsprozess auf drei verschiedenen Zeitebenen mit Citizen Scientists zusammenarbeiten: 1. Citizen Scientists verwenden Echtzeitdaten des Projekts Roadkill und anpassbare wissenschaftliche Analysen als Grundlage für ihre Fragen; 2. ein Forschungsthema kann von Citizen Scientists auf der Grundlage von eingesandten Fragen ausgewählt werden und vierteljährlichen Analysen werden zur Verfügung gestellt mit detaillierteren Informationen über z.B. wie viele Citizen Scientists wie viele Daten (und zu welchen Arten) und wie viele geschützte Arten in den letzten 3 Monaten gemeldet wurden; 3. eine Forschungsfrage wird mitgestaltet, und es werden jährliche eingehende Analysen erstellt, die sich auf die umgebenden Landschaften der gemeldeten Roadkills und die Art der Straßen konzentrieren, von denen aus diese Roadkills gemeldet wurden.
Projektarchiv / abgeschlossene Projekte
Masterarbeiten und Dissertationen
Patrick Diem: Hotspotanalyse überfahrener Tiere in Österreich basierend auf Citizen Science
Wo werden welche Tierarten in Österreich überfahren und welche Gründe könnte es dafür geben? Mit dieser zentralen Frage beschäftigt sich das Citizen Science Projekt Roadkill seit 2014. Gemeinsam mit der Bevölkerung werden Daten zu überfahrenen Tieren mittels Apps und Website erhoben mit dem Ziel zu identifizieren und diese gemeinsam mit unseren Partnern zu entschärfen.
Tausende Meldungen sind mittlerweile erhoben worden. Nun ist es an der Zeit erste Analysen zu Hotspots durchzuführen. Folgende Frage soll mit der Masterarbeit beantwortet werden: Wo wurden besonders viele überfahrene Tiere gemeldet?
Raphael von Dyck: Roadkill Igel Projekt
Igel zählen zu den Tierarten die dem Straßenverkehr am häufigsten zum Opfer fallen (Rondini & Doncaster 2002). Bei Betrachtung der Daten der Roadkill App zeigt sich, dass Igel, mit einem Anteil von fast 20%, am häufigsten gemeldet werden. Folgende Fragen sollen mit der Masterarbeit beantwortet werden: Wo in Österreich befinden sich Hotspots von Igel Roadkills? Wie sieht die Umgebung jener Straßenabschnitte aus bzw. welcher Landnutzungskategorie kann sie zugeordnet werden? In welchen Monaten kommt es zu Igel Roadkills? Entspricht dies der, in bestehender Literatur, beschriebenen Häufung von Igel Roadkills im Sommer und in besiedelten Gebieten? Welche Gegenmaßnahmen gibt es, die sich zur Reduktion von Igel Roadkills eignen könnten?
Abgeschlossene Masterarbeiten
2020
Maria Peer: Plant phenology as indicator for the beginning of migration of three Central European amphibian species : analysis based on citizen science data. BOKU:LITsearch
2019
Irene Hoppe: Igel-Roadkill im Wiener Stadtgebiet - Analyse des Einflusses von Landnutzung mittels Citizen Science und anderer öffentlicher Daten. BOKU:LITsearch
Kathrin Horvath: Hotspotanalyse und Resultate von Amphibien- und Reptilien-Roadkills im Nordburgenland anhand von Daten aus dem Citizen Science Projekt Roadkill und CORINE Land Cover. BOKU:LITsearch
2017
Carina Rosemarie Stretz: Linking European hare (Lepus europaeus) vehicle collisions with landscape structure with datasets from citizen scientists and hunters. BOKU:LITsearch
Abgeschlossene Dissertationen
2019
Daniel Dörler: Ecology and Control of Invasive Slugs: Interactions with Environmental Factors and Soil Fauna. BOKU:LITsearch
2017
Florian Heigl: Project Roadkill Towards a citizen observatory system for road-killed animals. BOKU:LITsearch
Vollständige Publikationslisten (inkl. Links zu den open access-Artikeln) im BOKU-Forschungsinformationssystem (FIS) von Florian Heigl und Daniel Dörler.