Edith Strof BSc., AO. Univ. Prof. DI Dr. Rainer Haas.

Wer auf tierische Produkte verzichten möchte hat im Moment mehr Auswahl denn je: Pflanzenbasierte Ernährung ist nicht mehr eine kurzweilige Modeerscheinung, sondern zu einer stark wachsenden Bewegung geworden. Trotzdem machen Veganerinnen und Veganer derzeit nur einen kleinen Teil der Bevölkerung aus. Wer also sind die Abnehmer des riesigen Angebots und was für Motive stehen hinter ihrem Konsum?

Vegane Produkte – Welche Motive stehen hinter dem Konsum pflanzlicher Ersatzprodukte?

Edith Strof BSc., AO. Univ. Prof. DI Dr. Rainer Haas

Wer auf tierische Produkte verzichten möchte hat im Moment mehr Auswahl denn je: Pflanzenbasierte Ernährung ist nicht mehr eine kurzweilige Modeerscheinung, sondern zu einer stark wachsenden Bewegung geworden. Kaum ein Segment verzeichnet so rasante Zuwächse wie das der veganen Produkte. Neben kleinen Startups, haben auch viele große Marken, darunter auch aus der Fleischbranche, diesen Trend auf dem Radar und das Angebot wächst. Trotzdem machen Veganerinnen und Veganer derzeit nur einen kleinen Teil der Bevölkerung aus. Wer also sind die Abnehmer des riesigen Angebots und was für Motive stehen hinter ihrem Konsum?

Diese und weitere Fragestellungen greift eine Masterarbeit, die am Institut für Marketing und Innovation an der Universität für Bodenkultur Wien entstand, auf.

Raus aus der Nische

Wer früher vegane Produkte kaufen wollte, fand diese entweder im Spezialgeschäft oder musste im Supermarkt jedes Produkt genau auf seine Zutaten kontrollieren um sicherzugehen ein Produkt ohne tierische Inhaltsstoffe zu erwerben. Mittlerweile ist dies kein Problem mehr. Marken werben mit dem Aufdruck „vegan“, viele Märkte haben eigene Veggie-Regale und Labels, wie das V-Label, geben den Konsumentinnen und Konsumenten auf den ersten Blick Auskunft über die Tierfreiheit der Produkte.

Der Markt für vegane Produkte hat sich in den letzten Jahren aus der Nische in ein stark wachsendes Lebensmittelsegment entwickelt und Prognosen gehen von einem weiteren Wachstum aus. Vor allem Fleischersatzprodukte aus pflanzlichen Proteinquellen, wie Soja, Weizen und Hülsenfrüchten, liegen im Trend und kommen den Originalprodukten in Geschmack, Sensorik und Aussehen immer näher. Auch vegane Milch- und Milchproduktalternativen findet man in verschiedensten Ausführungen und schmecken dabei erstaunlich authentisch.

Trotzdem liegt der Anteil der veganen Bevölkerung laut Schätzungen im deutschen Raum bei unter 5%. Abnehmer sind nämlich, neben dieser Gruppe, zu einem großen Teil Konsumentinnen und Konsumenten, die ihren Fleischkonsum und den Konsum von anderen tierischen Produkten bewusst einschränken wollen, sogenannte „Flexitarier“. Hinzu kommen Lebensmittelunverträglichkeiten, die ebenfalls die Nachfrage nach pflanzlichen Lebensmitteln ankurbeln.

Ziel der Arbeit war es zu erforschen, welche Attribute diesen zwei Gruppen - der veganen und der nicht veganen Bevölkerung -  in Bezug auf vegane Produkte wichtig sind, welche Konsequenzen sie durch den Konsum erwarten und mit welchen Werten diese verbunden werden.

Nachhaltigkeit und Genuss zentrale Konsummotive für vegane Produkte

Jeweils wurden aus beiden Gruppen 25 Personen in Einzelinterviews mittels Laddering-Technik, einer Tiefeninterviewtechnik basierend auf der Means-End Chain Theorie, befragt, die Ergebnisse zusammengefasst und gegenübergestellt. Die Grundannahme dieser Methode ist, dass Konsumentinnen und Konsumenten Produkte als Bündel von Eigenschaften sehen. Diese Eigenschaften („means“) werden genutzt, um über die resultierenden Konsequenzen beim Konsum zur Erfüllung der angestrebten Werte („ends“) zu gelangen. Bei der Befragung sollten diese hierarchischen Verbindungen erhoben werden.

Die Ergebnisse der Arbeit lassen vermuten, dass für beide Konsumentengruppen die Nachhaltigkeit eine zentrale Rolle für die Kaufentscheidung veganer Produkte darstellt. Ebenfalls wurde erhoben, dass Genuss für die Gruppen ein wichtiger Wert ist, der zum Kauf der Produkte beiträgt.

Für Veganerinnen und Veganer ist zudem das Vermeiden von Tierleid ein wichtiges Ziel, welches sie durch den Konsum veganer Produkte anstreben. Beide Gruppen wollen sich mit dem Produkt identifizieren und gute Unternehmen bzw. Marken unterstützen und damit auch ihre Lebensphilosophie ausleben. Für die nicht-vegane Konsumentengruppe ist außerdem wichtig, dass die Produkte für sie besser verträglich sind und sie ihr Gewicht besser halten können.

Auch spielen in beiden Gruppen der Gesundheitswert und die Convenience vermutlich eine Rolle beim Kauf und Konsum von veganen Produkten.

Green & Clean? Wo Konsumentinnen und Konsumenten sich Fortschritte wünschen

Auch wenn viele der Befragten die Produkte mit Nachhaltigkeit in Verbindung bringen, stehen einige ihnen auch skeptisch gegenüber. Denn obwohl die gute Verträglichkeit sowie Gesundheit wichtige Motive darstellen, stehen vegane Produkte aufgrund der hohen Verarbeitung immer wieder in der Kritik.

Verbesserungspotential sehen viele der Konsumentinnen und Konsumenten neben dem Preis daher bei der Verwendung von künstlichen Zusätzen sowie dem Fett- und Zuckergehalt. Diese sind aber oft notwendig um eine Ähnlichkeit zum Originalprodukt zu schaffen.

Ein Drittel der Befragten gab an, sich auch bei Konsistenz und Geschmack eine Verbesserung zu wünschen.

Erfolgreiche Produktplatzierung

Auch wenn es weiterer Untersuchungen bedarf, die die Ergebnisse der Arbeit bestätigen, können die Annahmen bereits für Produktentwicklungen und Marketingstrategien interessante Anhaltspunkte liefern.

Das vegane Segment stellt am Lebensmittelmarkt sicherlich momentan eines der spannendsten im Innovationsbereich dar. Wer es schafft oben genannte Anforderungen umzusetzen, befindet sich auf einem guten Weg zu einem attraktiven Produkt für die untersuchten Zielgruppen.

Der Industrie sollte es daher gelingen, nicht nur weiter ihre Rezepturen zu verbessern, sondern dabei auch die Nachhaltigkeit nicht aus den Augen zu verlieren. Faire Produktionsweisen, regionale Zutaten sowie ein gutes Markenimage sollten Teil einer erfolgreichen Marketingstrategie für vegane Produkte sein.


06.12.2019