Im Forschungs- undDemonstrationsobjekt im Innenhof des Emil-Peres-Hauses in derMuthgasse 18, 1190 Wien wurde vom Institut fürSiedlungswasserbau und Industriewasserbau und Gewässerschutzgemeinsam mit dem Institut für Ingenieurbiologie undLandschaftsbau eine multifunktionale Vertikalbegrünung fürunterschiedliche Bewässerungsstrategien mit entsprechendangepasster Bepflanzung entwickelt und erforscht:

Gesamtansicht der Demonstrationsanlage

Wand 1 (links) setzte auf trockenheitsresistente Pflanzen und eine wassersparende Bewässerungsstrategie (Bewässerung 1-2 mal/Woche)

Wand 2+3 (Mitte) diente dem Vergleich der Bewässerung einer ornamentalen Schmuckstaudenwand mit Grau- und Trinkwasser (Bewässerung 1 x täglich)

Wand 4 (rechts) untersucht die Reinigungsleistung der Vertikalbegrünung für Grauwasser (stündliche Bewässerung)

Durch die Messung von Bodenfeuchte, Lufttemperatur und -feuchtigkeit, Strahlung und Wasserverbrauch etc. können Erkenntnisse zur Pflanzenverwendung und der Interaktion des Systems mit der Umgebung gewonnen werden.

Ziel der Entwicklung war es, eine widerstandsfähiges, leicht zu wartendes Vertikalbegrünungssystem mit unterschiedlichen Wassernutzungen- und Wasserressourcen zu entwerfen.

Niederschlagssensor, Luftfeuchte und Lufttemperatursensor,Windmesser, Strahlungssensoren

Folgende Szenarien waren vorgesehen:

a) Tägliche Bewässerung zur Erzielung der höchstmöglichen Verdunstungsleistung für die Stadtkühlung. Für die Bewässerung wurde Leitungswasser verwendet, da dies die übliche Wasserquelle für Vertikalbegrünungssysteme ist. Zusätzlich wurde auch die Verwendung von Grauwasser für eine ressourcenschonende Bewässerung untersucht.
Für diese "typische" Anwendung eines Vertikalbegrünungssystemes wurde eine Bepflanzung mit möglichst langer Blütezeit angestrebt, die ganzjährig attraktiv ist.

b) Integration von Regenwasser und Bewässerung zur Erzielung eines möglichst geringen Wasserbedarfs.
Da Trockenperioden auftreten können, sollte die Bepflanzung anspruchslos und trockenresistent sein.

c) Die Reinigung von Grauwasser. Da das Grauwasser gereinigt werden muss, ist es notwendig, dass eine große Menge an Wasser durch das Pflanzsubstrat fliest. Daher muss die Bepflanzung an die konstant feuchten Standortbedingungen angepasst werden.

Um die oben genannten Ziele zu erreichen, wurden die folgenden 4 Schritte des Entwurfsprozesses durchgeführt.

Schritt 1: Auswahl eines vertikalen Begrünungssystems für eine gesunde Pflanzenentwicklung, das eine hohe Artenvielfalt unterstützt und auch die Anforderungen an die Funktion als Grauwasseraufbereitungssystem erfüllt
 
Zu den spezifischen Gestaltungsempfehlungen für die Grauwasseraufbereitung gehören die Wahl des Substrats (hauptsächlich im Hinblick auf die hydraulische Leitfähigkeit), die Bewässerungsmenge und -intervalle sowie die Anzahl der benötigten Pflanzgefäße, die meist als horizontale Gesamtfläche beschrieben wird. Zu den allgemeinen Empfehlungen gehören die folgenden (Cross et al., 2021):

  • Fläche pro Person: 1-2 m2
  • Höhe pro Topf: >20 cm
  • Hydraulische Belastungsrate: 0,1-0,5 m3.m-2.d-1
  • Organische Belastungsrate: 10-160 gCOD.m-2.d-1
  • Hydraulische Leitfähigkeit: ~10-4 m.s-1
  • Porosität: ~0,4 m3.m-3

Um den Bedarf von 90 l pro Tag auf 1-2 m2 zu erreichen und um genügend Wurzelraum für eine gesunde Pflanzenentwicklung zu bieten, wurde ein bestehendes Vertikalbegrünungssystem („Grünwand, Fa. Techmetall “) in ihren Proportionen angepasst. Die Maße der Aluminiumtöpfe sind h=20 cm, b= 18 cm/20 cm und l= 150 cm. Als Dämm- und Belüftungsschicht wird ein spezielles Vlies eingelegt, auf das ca. 17 cm Pflanzsubstrat aufgebracht wird. Eine Testwand bestand aus 10 Pflanzgefäßen, die im Abstand von 15 cm übereinander auf einer Aluminium-Unterkonstruktion befestigt wurden. Vier Wände wurden nebeneinander aufgestellt. Das reguläre Bewässerungsszenario (a) wurde in Wand 2 mit Leitungswasser und in Wand 3 mit Grauwasser getestet. Das Trockenszenario (b) wurde in Wand 1 untersucht, und das Grauwasserreinigungsszenario (c) wurde in Wand 4 untersucht.
 

Schritt 2: Entwicklung eines einfachen Low-Tech-Bewässerungssystems
 
Ein herkömmliches Bewässerungssystem mit Tropfern in jedem Topf führt zu einem hohen Wartungsaufwand aufgrund von Verstopfungen der kleinen Bewässerungsleitungen und möglichen Ausfällen einzelner Tropfer. Insbesondere können Verstopfungsprobleme zunehmen, wenn andere Wasserquellen als Leitungswasser verwendet werden.
Anstatt über Tropfschläuche wurden die einzelnen Wannen in Kaskaden über offene Leitungen bewässert:
Das Wasser gelangt über ein Rohr in den obersten Pflanzentopf, fließt durch den Topf und füllt dabei das aufgestaute Reservoir (Höhe 2 cm). Anschließend fließt das Wasser weiter nach unten in den nächsten Pflanztopf. Eine Lochblech im Abstand von 10 cm verhindert das Verstopfen des Rohres durch die Pflanzenwurzeln. Das im Anstaubereich gespeicherte Wasser wird von den Pflanzen entweder direkt durch Wurzelwasseraufnahme genutzt oder zunächst durch Kapillaraufstieg im Substrat nach oben transportiert, bevor es von den Pflanzenwurzeln aufgenommen wird.
Die Rohrleitungen wurden aus PVC-Rohren (22 mm) mit Pressverbindern hergestellt, wie sie für Wasserleitungen üblich sind. Diese Rohre sind haltbarer und dichter als die Schraubverbindungen, die für landwirtschaftliche Bewässerungssysteme verwendet werden. Die Wände 1 und 2 wurden mit Leitungswasser bewässert, während die Wände 3 und 4 mit Grauwasser betrieben wurden. Für die Grauwassernutzung wurde ein Tank aufgestellt, aus dem das Wasser zu den Grünflächen gepumpt wurde. Die Geschwindigkeit der Wasserzufuhr wurde auf 0,3 l/min eingestellt, um ein Überlaufen in die Pflanzgefäße zu vermeiden.
Das überschüssige Wasser des letzten Pflanzgefäßes fließt aus dem System ab. Im Sinne der Nachhaltigkeit sollte Überschusswasser wieder in den Tank geleitet und wiederverwendet werden.

Kaskadensbewässerung, Detail der Rohrverbindungen und Detail desLochbleches


Schritt 3: Entwicklung des Pflanzsubstrates

Im Rahmen dieses Projekts wurde eine Parameterliste entwickelt, die als Leitfaden für die erforderlichen Parameter und die vorgeschlagenen Wertebereiche diente. Auf der Grundlage dieser Empfehlungen wurde das Pflanzsubstrat für das System in diesem Projekt ausgewählt. Die endgültigen Bestandteile waren Blähton (4-8 mm), Zeolith (1-2,5 mm), Perlit (0-6 mm), Sand (0,06-2 mm) und gebrochener Blähton (0-8 mm) zu gleichen Volumsprozenten.
 

Schritt 4: Identifizierung von geeigneten Pflanzen

Um geeignete Pflanzen für die verschiedenen Wassernutzungsszenarien zu finden, wurden 39 Pflanzenarten zwei Jahre lang getestet. Tabelle der untersuchten Pflanzenarten (Auszug aus der Masterarbeit von Maria Antoni). Wand 2 wurde mit 25 l Leitungswasser pro Tag bewässert, Wand 3 wurde mit 25 l Grauwasser/Tag bewässert (Szenario a). In Wand 1 wurde Leitungswasser (25-50 l/Woche) verwendet (Szenario b), und Wand 4 wurde mit 90 l Grauwasser/Tag behandelt (Szenario c).
In Szenario (b) überlebten bei geringem Wasserbedarf nur 4 Arten in gutem Zustand (Heuchera x cultorum 'Berry Smoothie', Aster ageratoides 'Asran', Geranium wallichianum 'Rozanne' und Satureja montana). Für das Szenario mit ausreichender Bewässerung (a), bei dem täglich bewässert wurde, waren zusätzlich zu den für das Trockenszenario empfohlenen Arten die Arten Iris barbata nana 'Brassie', Rudbeckia fulgida 'Goldsturm', Hemerocallis middendorfii und Salvia officinalis sehr gut geeignet. Iris pseudacorus, Bergenia cordifolia, Calamagrostis x acutiflora 'Karl Foerster', Fragaria x ananassa 'Delikatess', Allium schoenoprasum und Rosmarinus officinalis 'Miss Jesopp's Upright' waren ebenfalls in gutem Zustand. In der Grauwasseraufbereitungsanlage (Szenario c) waren die Arten Eupatorium cannabinum, Mentha aquatica, Sedum telephium, Eriophorum vaginatum, Thelypteris palustris und Lythrum salicaria geeignet.

Es wurde festgestellt, dass mehr Wasser für die Pflanzen besser war als trockene Bedingungen, und ein ähnliches Ergebnis zeigte sich bei der Messung der Biomasse, wobei die höchste Biomasse in der Wand mit der höchsten Bewässerungsintensität erzeugt wurde. Beim Vergleich von Pflanzen, die mit behandeltem Grauwasser und Leitungswasser bewässert wurden, konnten nach 2 Jahren Betrieb keine Unterschiede in der Pflanzenentwicklung festgestellt werden.
 

Zur Pflanzenentwicklung wurden zwei Masterarbeiten durchgeführt:

über das Projekt Urban Vertical Greening 2.0