Die Bodenkultur - Journal for Land Management, Food and Environment

V. Winiwarter und M. Knoll:

Umweltgeschichte – Eine Einführung (Gerzabek)

Manche werden sich vielleicht fragen, was eine Besprechung eines Buches über Umweltgeschichte in der Bodenkultur zu suchen hat. Das Buch selbst gibt darauf die Antwort. Umweltgeschichte, obwohl den Geschichtswissenschaften eher zugehörig als den Naturwissenschaften bildet eine interdisziplinäre Brücke zwischen den umweltbezogenen Handlungen des Menschen und der Natur in der Vergangenheit. Es geht hier also um Wechselwirkungen des Menschen mit seiner Umwelt, die im Kontext historischer Zusammenhänge untersucht werden. Das vorliegende Buch bezeichnet sich als eine „Einführung“. Ich denke, dass dieses Attribut gut gewählt ist, gibt das Werk zu Beginn doch eine wirklich umfassende Einleitung und einen „Einstieg in die Umweltgeschichte“ (Kapitel 2), die es der/dem LeserIn ermöglicht, die wesentlichen Grundsätze, Definitionen und Arbeitsweisen der Umweltgeschichte zu erfassen. Zahlreiche weiterführende Literaturhinweise zeichnen das Buch als sehr guten Ausgangspunkt für weiteres Studium aus. Über die „Themen der Umweltgeschichte“ und die „Methoden der Umweltgeschichte“ werden die Leser behutsam in die Denkweisen und Objekte der Umweltgeschichte eingeführt, wobei immer wieder auf interessante Fallbeispiele der jüngeren und älteren Vergangenheit Bezug genommen wird. In den „Methoden der Umweltgeschichte“ werden die Werkzeuge für umwelthistorische Studien vorgestellt, wobei es sich dabei vor allem um eine Kombination historischer und naturwissenschaftlicher Methoden handelt. Ein wichtiger Punkt dabei ist der konkrete Raumbezug der umwelthistorischen Betrachtungen, der es bedingt, dass Boden, Klima und Landschaftsausstattung genauso zu den wesentlichen Faktoren gehören, wie Landnutzungssysteme und gesellschaftliche Zustände und historische Prozesse. Die beschriebenen notwendigen Methoden reflektieren dieses Spektrum und reichen von klassischen historischen bis zu neuesten naturwissenschaftlich-analytischen Techniken inklusive Isotopentechniken. Das Methodenkapitel zeigt in eindrucksvoller Weise die breite Interdisziplinarität des umwelthistorischen Ansatzes und gleichzeitig die Herausforderung an die Forschenden auf. Die „Konzepte, Theorien und Erzählweisen“ gehen dann u. a. auf interessante Modelle, wie z. B. das DPSIR-Modell, die Cultural Theory oder das Modell des sozial-ökologischen Zusammenhanges ein. Diese Modelle ermöglichen in unterschiedlicher Weise die Verknüpfung von gesellschaftlich-historischen Kontexten mit naturwissenschaftlichen Inhalten. Eine zentrale Frage dabei ist es, die Bedeutung von „Natur“ und ihre Veränderungen für historische Prozesse zu klären. Die zweite Hälfte des Buches beschäftigt sich dann mit zentralen Themen umwelthistorischer Forschung, den Landnutzungssystemen, der Umweltgeschichte der Stadt, des Handels, Transportes und Verkehrs, der Bevölkerung in der Umweltgeschichte, der gesellschaftlichen Wahrnehmung von Umwelt und der nachhaltigen Entwicklung. Dabei findet die/der LeserIn eine Vielzahl konkreter Fallbeispiele, die oftmals mit anschaulichen Berechnungen unterlegt werden; Zahlen und Fakten, die vor allem auch für den naturwissenschaftlich interessierten Leser von großem Wert sind. Das Buch bietet dabei auch zahlreiche Informationen mit allgemeinbildenden Charakter, sei es z.B. die Geschichte der Rattenplage, die Entwicklung der Automobilnutzung bis hin zum Konzept der Nachhaltigkeit. Zusammenfassend kann diese Neuerscheinung im Bereich der Umweltgeschichte uneingeschränkt empfohlen werden, und zwar nicht nur einschlägig Studierenden und Insidern „betroffener“ naturwissenschaftlicher Fächer, sondern auch der/dem an Umweltthemen in einem größeren Kontext interessierten LeserIn. Martin H. Gerzabek, Wien