Biopolymer- und Papieranalytik
Die Forschung in der Arbeitsgruppe "Biopolymer- und Papieranalytik" umfasst das gesamte Spektrum von analytischen Fragestellungen im Zusammenhang mit Lignocellulosen, insbesondere Cellulose, Hemicellulosen, Lignin und Extraktstoffe. Dies bezieht sich sowohl auf die Anwendung von etablierten Analysen, um verschiedene Arten und Aufgaben der Polymere zu untersuchen als auch auf die Entwicklung neuer analytischer Methoden. Ein besonderer Fokus liegt auf moderner Cellulose- und Ligninanalytik und ihrer Weiterentwicklung und Anwendung auf verschiedenste Aspekten der aktuellen Forschung im Bereich der Lignocellulosen und neuer Biomaterialien.
Größenausschlusschromatographie (SEC) mit Mehrfachdetektion in Kombination mit Lichtstreuung ist das zentrale Werkzeug in diesem Umfeld, für das mehrere unabhängige Systeme sowohl für Routineanalytik als auch für spezielle Analysen zur Verfügung stehen. Die SEC wird dabei auch mit unterschiedlichen Fluoreszenzmarkierungstechniken kombiniert, um die Detektion funktioneller Gruppen, Substituenten oder spezieller Einheiten nicht nur als Summenparameter, sondern als Profile entlang der Molmassenverteilung zu ermöglichen. Vor allem die CCOA-Methode zur Quantifizierung von Carbonylgruppen und die FDAM-Methode zur Bestimmung der Carboxylgruppen haben großes internationales Interesse und eine breite Anwendung in der Celluloseforschung gefunden und werden weltweit nur hier routinemäßig genutzt und weiterentwickelt. Diese Verfahren sind besonders geeignet, um oxidative Veränderungen an cellulosischen und polysaccharidischen Substraten zu untersuchen. Mit diesen Methoden können insbesondere Folgen von Verarbeitung, Umweltstress oder Alterung näher untersucht werden.
Der Bereich Ligninanalytik konzentriert insbesondere auf die Entwicklung neuer, schneller Analyseverfahren für technische Lignine, um aktuelle Fragestellungen hinsichtlich Qualität und Eignung in neuartigen Anwendungen zu unterstützen. Multidimensionale Chromatographie-Anwendungen (2D) erlaubt dabei neue Einblicke in Struktur-Eigenschafts-Anwendungs-Beziehungen von technischen Ligninen. Neuartige Produkte auf Basis technischer Lignine sind ein verwandtes Forschungsfeld, das ebenso bearbeitet wird.
Für Extraktstoffe werden Analyseverfahren auf Basis von HT-GCMS und UPC2-qTof MS entwickelt und erprobt. Hier liegt ein Schwerpunkt auf der Analyse und Nutzung von Rinde und verwandter Biomaterialien.
All diese Analyseverfahren lassen sich äußerst vielseitig für alle Facetten von Untersuchung, Modifizierung und Anwendungen nachwachsender Rohstoffe einsetzen. Lignocellulose- und Prozesscharakterisierung in der Bioraffinerie erfordern eine zuverlässige und robuste Technik. Chemometrische Methoden helfen dabei, schnelle und robuste Analyseverfahren zu etablieren. Unterstützt wird dies durch zwei umfassende Datenbanken, die mehr als 500 verschiedene Zellstoffe und Celluloseproben bzw. mehr als 500 verschiedene Lignine enthalten.
Interessante Anwendung der Lignocellulose-Chemie und -analytik werden im Rahmen der modernen konservatorischen Wissenschaft etabliert, unterstützt durch zahlreiche internationale Kooperationen mit Bibliotheken, Archiven, Galerien und Museen. Hier beschäftigen wir uns einerseits mit molekularen Mechanismen der Cellulosealterung und deren Anwendungen, andererseits mit Schadenserfassung und Begrenzung bei historischen cellulosischen Substraten. Dazu gehören Papierentsäuerung, Tinten- und Kupferfraß, Brandschäden und konservatorische Gegenmaßnahmen sowie die Bewertung von konservatorischen Behandlungen in Bezug auf ihre Cellulosestabilisierung und Nachhaltigkeit. Für solche Studien waren bereits zahlreiche „exotische“ cellulosische Produkte, wie z.B. mittelalterliche Manuskripte, Papyri, Inka-Qipus, oder koreanische Annalen, zu Gast in unseren Labors.