Chemie nachwachsender Rohstoffe
Mit einem Hintergrund in organischer Chemie und Naturstoffchemie, liegt der Schwerpunkt der Arbeitsgruppe „Chemie nachwachsender Rohstoffe“ auf der Cellulose-, Lignin- und Extraktstoffchemie sowie auf der Koordination der Arbeiten am Institut. Cellulose nimmt als häufigster und wichtigster nachwachsender Rohstoff bei den Forschungsthemen eine zentrale Rolle ein, wobei sich bei vielen Themen grundlagenwissenschaftliche und angewandte Aspekte überschneiden. Die Themen reichen von Fragen zur Struktur der Cellulose, Celluloseallomorphen, Wasserstoffbrückensysteme, Quell- und Auflöseverhalten, Synthese und Analyse von cellulosischen Modellverbindungen und Cellulosederivaten über industrielle Prozesse der Zellstofferzeugung und -bleiche, Cellulosefaser, Lyocell- und Viskosetechnologien, Papierchemie und Leimungsmittel bis hin zu Fragestellungen der speziellen Celluloseanalytik. Ein langjähriges Forschungsthema sind dabei Alterungsprozesse lignocellulosischer Materialien, Chromophorenbildung und -identifizierung und die Untersuchung von Abbaureaktionen und Nebenprodukten, z.B. in Celluloselösungen und während der Derivatisierung. Neue (ligno)cellulosische Materialien wie nano-strukturierte Cellulosen, Gele und Aerogele und Hybridmaterialien werden in enger Kooperation mit anderen Arbeitsgruppen des Instituts bearbeitet.
Die Ligninchemie, speziell die Chemie technischer Lignine, ist mit analogen Forschungsaspekten vertreten. Während jedoch cellulosische Materialien heutzutage überall zu Hause sind, steckt die nicht-energetische Ligninnutzung noch in den Kinderschuhen, trotz des immensen Potentials des zweithäufigsten Biopolymers als C-Quelle in Bioraffinerien der Zukunft. Neben der Strukturaufklärung und der Entwicklung analytischer Methoden sind vor allem Struktur-Eigenschafts-Anwendungs-Beziehungen technischer Lignine und neuartige Ligninprodukte ein wichtiges Forschungsgebiet.
Auf dem Gebiet der Extraktstoffe liegt ein Fokus auf der Identifizierung von bioaktiven Inhaltsstoffen von Pflanzenmaterialien, die seit langem in der traditionellen Medizin oder Volksmedizin genutzt werden. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Chemie phenolischer Antioxidantien, insbesondere Tocopherol (Vitamin E). Hier reichen die Forschungsgebiete ebenfalls von Grundlagen, wie ortho-Chinonmethid-Chemie, Aromatizität/Antiaromatizität, Spiro-Polymerization als neuer Polymerisationsmechanismus, bis zu angewandten Themen, wie Tocopherolderivaten für Pharmazeutika oder als Stabilisatoren für Polymere. Zwei in der Gruppe entwickelte Wirkstoffe, die auf Tocopherolen aufbauen, wurden bereits als Medikamente zugelassen, andere sind momentan in Testungsphasen.
Die Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit Reaktionen, Verfahren und analytischer Methodik, die dem Bereich der „Grünen Chemie“ zuzuordnen sind. Hier geht es besonders um die Verwendung von überkritischem CO2 zur Extraktion, als Reaktionsmedium und als Lösungsmittel in der Chromatographie. Das Thema beinhaltet aber ebenso lösungsmittelfreie Synthesen, Wasser als Reaktionsmedium, Recycling-Aspekte sowie die Verwendung von Mikrowellen und Ultraschall für Reaktionen.