Interview mit Dr. Margit Laimer (Textversion)

 

Dr. Laimer:

Willkommen am Institut für Angewandte Mikrobiologie der Universität für Bodenkultur. Ich bin gerne bereit ihre Fragen zu beantworten.

Interviewerin:

Können Sie uns einen kleinen Einblick in ihren Tätigkeitsbereich geben?

Dr. Laimer:

Gerne. Wir arbeiten seit ungefähr 20 Jahren an der Biotechnologie von Obstgehölzen. Unser Tätigkeitsgebiet umfasst Obstsorten und Reben und wir versuchen eben Krankheiten von diesen Pflanzen zu diagnostizieren, zu eliminieren aber auch Resistenzen dagegen in die Pflanzen hineinzuzüchten.

Interviewerin:

Wie ist das Marillenprojekt zustande gekommen?

Dr. Laimer:

Das Marillenprojekt ist vor vielen Jahren konzipiert worden, weil die ganzen Bemühungen, diese Virose, nämlich diese Scharkavirose, aus den Marillen zu entfernen, unserer Meinung nach nicht wirklich gegriffen hat. Wenn man sich nämlich vorstellt, dass man solche Pflanzen von Viruskrankheiten befreit und wieder am Feld auspflanzt und dann aber wieder Blattläuse kommen können und diese Krankheit erneut übertragen, ist eigentlich der Effekt von all diesen Bemühungen relativ kurzfristig. Also wir können damit rechnen, dass es vielleicht ein paar Jahre anhält. Wenn aber dann in der Nachbarschaft ein befallener Baum steht, ist alles wieder hinfällig. Deswegen sind wir dann auf die Idee gekommen, eine Resistenzzüchtung zu versuchen und diese Resistenzzüchtung haben wir deshalb biotechnologisch angesetzt, weil eben in den näheren Verwandten der Marille einfach keine Resistenzgene bekannt sind. Biotechnologisch meine ich damit, dass wir versucht haben, aus dem Genom vom Virus ein Stück herauszunehmen, in die Pflanze hineinzubringen und die Pflanze damit praktisch zu impfen gegen die Krankheit und wie es aussieht, scheint es auch wirklich zu funktionieren

Interviewerin:

Worin sehen Sie das größte Problem bei ihrer Forschung?

Dr. Laimer:

Das größte Problem in den letzten Jahren war sicherlich die mangelnde Akzeptanz in der Öffentlichkeit für die Technologie, also diese pauschale Ablehnung einer Technologie, die einfach für die Chancen der Technologie keine offenen Augen gehabt hat und die uns dann sehr viel Zeit, Mühe und Aufwand gekostet hat gegenzusteuern oder zu versuchen doch eine positivere Stimmung herbeizuführen und wir glauben nach wie vor, dass es eine tolle Technologie ist und dass sich auch wahrscheinlich mit der Zeit die öffentliche Haltung ändern wird. Wir sehen ja den Kontrast der verschiedenen Kontinente. Die Akzeptanz ist dann durchaus unterschiedlich und ich denke Europa wird sich da auch nach der Welt richten müssen.

Interviewer:

Auf welche Hindernisse sind Sie in politischer und finanzieller Hinsicht bei ihrer Forschung gestoßen?

Dr. Laimer:

Zunächst einmal, politische Hindernisse haben wir keine vorgefunden, weil wir betreiben ja Forschung und nicht Politik. Und natürlich wird sich die Politik eher zurückhaltend verhalten, wenn sie gefragt wird, solche Forschungen zu unterstützen, daher gibt es einen gewissen Zusammenhang und die Finanzierung von solchen Projekten ist relativ schwierig. Wir haben uns aber trotzdem bemüht öffentliche Gelder für diese Forschung heranzuziehen, weil wir nämlich glauben, dass es wichtig ist, auch für die Öffentlichkeit oder für das Bewusstsein der Öffentlichkeit. Dass man weiß, das sind öffentliche Gelder, die transparent verwendet werden, wo jeder nachfragen kommen kann, was die Ergebnisse sind. Wir haben das bewusst aufzeigen wollen, weil wir nämlich glauben, dass es einen Kontrast gibt, wenn Firmen mit Firmenmitteln forschen, da hat die Öffentlichkeit eigentlich kein Recht zu fragen, was damit geschieht. Wir glauben, dass es wichtig ist, dass öffentliche Gelder für solche Fragestellungen eben eingesetzt werden. Weil dann eben die Öffentlichkeit eigentlich der Besitzer dieser Ergebnisse ist. Wir reden ja von Patenten, wir reden von intellectual property rights, die eben irgendwem gehören. Wir möchten eigentlich, dass unsere Ergebnisse öffentlich zugänglich sind.

Interviewerin:

Mit welchen Problemen wurden Sie konfrontiert, als Sie Ihr Projekt publizierten?

Dr. Laimer:

Die Spannbreite von den Meinungen geht von total euphorisch, von Leuten die Probleme mit diesem Virus haben, die fragen, wann sie die Pflanzen haben können und aussetzen können, bis zu Meinungen die völlig dagegen sind. Von Meinungen von Menschen, die glauben, dass sie sich durch diese Technologie prinzipiell bedroht fühlen und die auch nicht bereit sind zuhören zu wollen, wenn wir versuchen unsere Argumente vorzubringen und doch irgendwie für die Technologie zu werben.

Interviewerin:

Machen Ihnen Organisationen wie Greenpeace Probleme?

Dr. Laimer:

Ich glaube, Organisationen wie Greenpeace machen jedem Forscher Probleme, weil sie einfach einen völlig schlampigen Umgang mit der Wirklichkeit oder der Wahrheit haben und weil es ihnen überhaupt nicht um die Sache selber geht, sondern einfach um eine Manipulation der öffentlichen Meinung. Ich glaube, die Interessen, die dahinter stehen, sind völlig andere und was davor geschoben wird, ist eben die eine oder andere Technologie. Sie haben Probleme die Wahrheit und die Wirklichkeit richtig dazustellen, weil sie einfach was anderes verfolgen. Insofern machen sie natürlich das Leben schwer, wenn sie speziell von Politikern klar und deutlich gehört werden, weil wir ja doch nicht so viel Lobbying und so viel Öffentlichkeitsarbeit betreiben können, wie die, die das den ganzen Tag tun.

Interviewerin:

Wie streng sind die vom Gesetz vorgesehenen Sicherheitsmaßnahmen und inwiefern schränken Sie diese ein?

Dr. Laimer:

Die gesetzlichen Maßnahmen entsprechen eigentlich den EU-Gesetzen. Es gibt eine Regulierung für Arbeiten im geschlossenen System, für Freisetzungen im kleinen und in großem Maßstab. An den gesetzlichen Regulierungen ist eigentlich nichts zu kritisieren. Was schon etwas schwierig ist, ist die wirkliche Handhabung in Österreich, das heißt wir haben ja bis jetzt in Europa, glaube ich, dass einzige Land in dem noch keine Freisetzungsversuche für wissenschaftliche Zwecke gemacht worden sind und wir haben auch das Problem, dass in den öffentlichen Argumentationen oder Diskussionen Argumente verwendet werden, die zwar für die Kommerzialisierung von Bedeutung sein könnten, die aber mit der Freisetzung im wissenschaftlichem Maßstab, also im kleinen Maßstab nichts zu tun haben. Ich denke, das wird mit der Zeit kommen. Das was etwas absurd ist, wir werden auf den Supermarktregalen schneller GMO’s (genetically modified organism = gentechnisch veränderte Organismen; Anm. d. Autors) finden, als auf unseren Feldern, also unsere eigene Forschung haben wir glorreich behindert, aber ich denke, die Zeit wird auch diese Sachen heilen.

Interviewerin:

Halten Sie diese Sicherheitsmaßnahmen für angemessen?

Dr. Laimer:

Ich glaube, es ist gut dass diese Sicherheitsmaßnahmen zu diesem Zeitpunkt so formuliert und fixiert sind. Ich denke, jede neue Technologie braucht in der ersten Phase eine sorgfältige Überprüfung und ich glaube, es wäre auch wichtig, dass man diese festgesetzten Schritte einhält. Das heißt einerseits, dass man wirklich Fall für Fall beurteilt, also jede Pflanze, die mit einem bestimmten Genkonstrukt transformiert ist, einzeln beurteilt, aber dass man auch diese stufenweise Vorgangsweise, vom kleinen in den großen Maßstab einhalten sollte, so lange, bis man gewisse Erkenntnisse gewonnen hat. Wo ich absolut dagegen bin, ist dass man prinzipiell nur blockiert und überhaupt keine Stufen weitergeht, weil uns das nur aufhält und eigentlich wir immer offene Fragen haben werden. Wir werden nie alle Antworten für einen bestimmten Fragenkomplex in der Hand haben, aber ich denke, dass man trotzdem sorgfältig prüfen und weiter gehen sollte.

Interviewerin:

Ich bedanke mich für das Interview und für die gute Zusammenarbeit. Dankeschön!