Dieses vom Biodiversitätsfonds geförderte Projekt befasst sich mit der Erhebung der genetischen Vielfalt von Steppenpflanzen in österreichischen Trockenlebensräumen als Grundlage für die Erfassung zukünftiger Trends.

Projektlaufzeit: 01.01.2024-31.10.2025

Die zufällige Schwankung von Allelfrequenzen (genetische Drift) kann in kleinen und fragmentierten Populationen erhebliche Auswirkungen auf die Evolution haben und zu einem Aussterbestrudel führen, einer Rückkopplung zwischen verringerter Populationsgröße, Verlust der genetischen Vielfalt und Inzucht. Da Trockenwiesen und -weiden in Österreich zu den artenreichsten, aber auch durch Nutzungsänderungen am stärksten gefährdeten Lebensräumen zählen, haben wir 14 seltene „Steppenpflanzen“ mit Vorkommen im pannonischen und teilweise auch im alpinen Raum für die Erhebung des Zustands der genetischen Vielfalt ausgewählt: Tátorján-Meerkohl; Späte Federnelke; Österreichischer Drachenkopf; Boden-Tragant; Waldsteppen-Wermut; Sand-Iris; Knollen-Brandkraut; Frühlings-Adonisröschen; Gelber Lein; Steppenrasen-Segge; Steppen-Spitzkiel; Pfriemengras; Sand-Esparsette; und Große, Gewöhnliche und Innsbrucker Küchenschelle (Artengruppe).

Zur molekulargenetischen Charakterisierung der Populationen und für einen entsprechenden (langfristigen) Vergleich der genetischen Vielfalt (Heterozygotie, Genfluss, Inzucht) sollen die Vorkommen mittels RADseq genotypisiert werden. Wir erwarten, dass die Daten wertvolle Informationen zur Beurteilung des Erhaltungszustandes der Arten selbst, aber auch der Lebensräume, in denen sie vorkommen, liefern werden. Die Daten können als Grundlage für naturschutzfachliche Entscheidungen wertvoll sein. Sie können zum Beispiel dazu dienen, zu beurteilen, welche Schutzgebiete sich durch hohe oder geringe genetische Vielfalt auszeichnen, welche Verbindungen zwischen Schutzgebieten bestehen oder welchen Beitrag Artenschutzprojekte für den Erhalt der genetischen Vielfalt leisten.

Das Projekt unterstützt die Bemühungen Österreichs als Vertragspartei des Übereinkommens über die Biologische Vielfalt, ein nationales System zur Überwachung des Zustands und der Entwicklung der biologischen Vielfalt und ihrer Komponenten zu etablieren, indem Daten für den Indikator S.3.1 (Status der genetischen Vielfalt wildlebender Arten) österreichweit und nach einem standardisierten Design erhoben werden.

  • Abb. 1: Tátorján-Meerkohl am Zeiserlberg bei Ottenthal in Niederösterreich. Foto: Karin Tremetsberger (2018)

  • Abb. 2: Frühlings-Adonisröschen am Galgenberg bei Oberstinkenbrunn in Niederösterreich. Foto: Karin Tremetsberger (2018)

  • Abb. 3: Innsbrucker Küchenschelle in Arzl bei Innsbruck, Tirol. Foto: Elke Huber (2023)

Viele Schutzgebiete sind als Reste der historischen, traditionell extensiv bewirtschafteten Kulturlandschaft in einer heutzutage zumeist sehr intensiv genutzten Landschaft nur kleinflächig eingestreut. Dies betrifft vor allem Naturschutzgebiete (NSG) oder auch Naturdenkmäler (ND) des Flach- und Hügellandes bzw. der Alpentäler, die z. T. wegen des Vorkommens einzelner Arten errichtet wurden, wie beispielsweise das heute 3,2 ha „große“ (schon erweiterte!) NSG Zeiserlberg mit dem einzigen österreichischen Vorkommen des Tátorján-Meerkohls (Crambe tataria - s. Abb. 1). Ein zentrales Ziel des Projekts ist die Erfassung und Überprüfung der Zweckerfüllung ausgewählter Schutzgüter in Hinblick auf die Erhaltung ihrer genetischen innerartlichen Vielfalt. Die erhobenen genetischen Daten werden erstmals Auskunft darüber geben, wie gut bestehende Schutzgebiete die genetische Diversität von Steppenpflanzen in Österreich schützen bzw. „repräsentieren“ und die Ausweisung von naturschutzfachlichen Entwicklungsmaßnahmen zur Erhaltung/Stützung der genetischen Vielfalt ermöglichen.

Insbesondere sollen auch Artenschutzprojekte (inkl. Wiederansiedlungsprojekten) und generell naturschutzfachliche Maßnahmen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit untersucht werden. Folgende Fragen stehen im Fokus des Interesses: Was bringen die Managementmaßnahmen in Bezug auf die genetische Vielfalt der Zielarten? Wie wichtig ist der Erhalt von Primärstandorten im Vergleich zu neu etablierten Sekundärstandorten? Lässt sich verlorene Vielfalt wiederherstellen? Beispiel: Das NSG Zeiserlberg (Gemeinde Ottenthal, NÖ) ist seit Jahrzehnten ein gemeinsames Projekt und Herzensangelegenheit der Zoologisch-Botanischen Gesellschaft und der Gemeinde Ottenthal. Durch die jährlichen gemeinsamen Pflegeeinsätze am einzigen österreichischen Fundort des Tátorján-Meerkohls (Crambe tataria) im NSG Zeiserlberg ist die Individuenzahl sukzessive erhöht worden. Zu erwarten sind positive Effekte auf die genetische Vielfalt.