Von Walkerville nach Heidelberg - Fahrt zur Baustelle Wir wohnen in Walkerville, in der Provinz Gauteng. Das Ortzentrum bildet der „Friendly Supermarket“, ein Einkaufszentrum mit Lebensmittelladen, Post, Apotheke, „Liquorstore“, Pizzeria und noch zwei – drei Läden. Versteckt hinter Mauern und Stacheldraht sind Gärten und einzelne Häuser zu erkennen, mal ein Restaurant, weiter entfernt ein Golfplatz und eine Baumschule. Gauteng ist das wirtschaftliche Zentrum Südafrikas, mit Johannesburg als einer der reichsten Städte in Afrika und Pretoria als Hauptstadt. Johannesburgs Erfolgstory begann im Jahr 1886, als Gold in der Gegend gefunden wurde. Wir brechen jeden morgen zwischen 7.30 und 8.30 auf, um zur Baustelle zu fahren. An den meisten Tagen war es kein Problem auf die Baustelle zu kommen, die Straßen sind in gutem Zustand. Nur an einem Morgen standen wir eine Zeit lang im Stau. Das Gebiet entlang der Straße, die wir täglich entlang fuhren, ist sehr dünn besiedelt, wie einzelne von einander getrennte Inseln liegen die Bauten in der Landschaft. Die nächste Ortschaft nach Walkerville ist Kliprivier, die Struktur des Ortes ist „informal“. Den Kern bildet wieder ein Supermarkt, diesmal mit Tankstelle und Poolbar. Kliprivier liegt an der 61er, die sehr stark von Schwerverkehr befahren ist. Industrie gibt es in der Gegend kaum, von der Straße aus ist eine Ziegelfabrik zu sehen, ab und zu eine landwirtschaftlich genutzte Fläche. Vor der Ziegelfabrik stehen jeden Tag Menschen, die vermutlich auf Arbeit hoffen. Manche versuchen es auf eigene Faust und verkaufen gebratenen Mais oder Früchte auf der Straße. Auch alte Reifen gibt’s auf der Straße zu kaufen, doch der Berg Reifen scheint nicht wirklich kleiner zu werden. Das einzige öffentliche Verkehrsmittel, das in der Region zur Verfügung steht sind Kleinbusse, die sich die breite Masse jedoch auch nicht leisten kann. Sonst sind einige wenige mit dem Fahrrad unterwegs, doch die meisten Menschen, die wir auf der Straße sehen, gehen zu Fuß. Die Ortschaften sind kilometerweit voneinander entfernt, es muss unerträglich sein, in dieser Hitze ohne den Schatten von Bäumen so weit zu gehen. Kurz vor der Baustelle tauchen dann die ersten Townships auf. Riesige Konglomerate von Wellblechhütten erstrecken sich kilometerweit über die Landschaft. Die Auswirkungen der Apartheid sind noch allgegenwärtig. Die Auswirkungen der Apartheit Die Geschichte Südafrikas wurde sehr stark von der Kolonialisation durch die Europäer geprägt. Die einheimische Schwarze Bevölkerung wurde nicht nur einmal aus ihrem Land vertrieben. Die Vertreibung fand ihren Höhepunkt in der Apartheid, zwischen 1960 and 1983 wurden 3,5 Millionen Schwarze  vertrieben.1 76% der Bevölkerung sind „Blacks“, 13% „Whites“, 8,6% „Coloureds“ und 2,5% sind „Asians“, hauptsächlich Inder. Die Auswirkungen der Apartheid zeigen sich z.B. immer noch in den Einkünften der unterschiedlichen Bevölkerungsschichten. Die weiße Minderheit verdient 54% des Einkommens, während die Mehrheit der südafrikanischen „Blacks“ nur rund 33% des Einkommens verdienen.² Die Maßnahmen der Apartheidregierung basierten auf vier Gruppen von Gesetzen. Die erste beschränkte die schwarze Bevölkerung auf ausgewiesene Wohngebiete. Der Besitz von Land außerhalb dieser zugewiesenen Areale war ihnen untersagt. Der „Native Land Act“ sprach der weißen Minderheit mehr als 90% des Landes zu. Die zweite Gruppe von Gesetzen schloss die Nicht-Weißen von bestimmten qualifizierten Arbeiten aus und beschränkte ihre Freiheit in beruflicher Hinsicht. Die dritte Gruppe verbot politische Versammlungen. Die vierte Gruppe an Gesetzen schränkte die persönliche Freiheit der Menschen ein. Diese Gesetze betrafen Einwanderungsverbot, Reiserestriktion und soziale Kontrolle und verbat es Weißen und Schwarzen zu heiraten. Diese Gesetze waren bis in die 90er Jahre in Kraft.³ Das System der Apartheid war geprägt von gewaltsamer Repression der Widerstandsbewegung der Schwarzen. Diese fand ihren Höhepunkt in den Protesten von Soweto 1976, wo 20.000 Schüler gegen die Einführung von Afrikaans als Unterrichtssprache protestierten. Afrikaans hatte sich aus dem Holländischen entwickelt. 1989 wurde Frederik Willem de Klerk zum Präsidenten gewählt. Er löste die Apartheidstrukturen auf, befreite Nelson Mandela, der im April 1994 als neuer Präsident Südafrikas gewählt wurde. Für die schwarze Bevölkerung waren dies die ersten  Wahlen.4 Die Gesetze der Apartheid sind Ende der 90er Jahre abgeschafft worden, doch die Auswirkungen von Jahren der Unterdrückung sind immer noch in den Lebensumständen von tausenden Südafrikanern sichtbar, die in ärmsten Verhältnissen leben. Zurück auf der Straße Vereinzelt sind Menschen auf der Straße zu sehen, doch die Townships wirken von außen wie ausgestorben. Die Wohneinheiten bestehen meist aus einer 8 – 15 m² großen Hütte, freistehendem WC und einem kleinen Garten mit Obstbaum. Peter, der mit uns auf der Baustelle arbeitete lud uns ein, ihn zuhause zu besuchen. Er erklärte uns, dass sie es bevorzugen mit Wellblech zu bauen, weil der Regen in der Gegend so stark ist, dass er die traditionellen Lehmhütten zerstört. Sie haben keine Elektrizität, kein fließendes Wasser und die Luft in diesen kleinen Hütten ist  furchtbar. Dann biegen wir links ab und fahren in Richtung Magagula Hights, einer anderen Siedlung. Schon kurze Zeit später taucht die Milchfabrik auf. Das Schulgelände liegt ca. 40 km südlich von Johannesburg zwischen Kliprivier und Nigel an der R 550 in der Provinz Gauteng. Das Gelände liegt auf 1526 m, weshalb auch im Sommer die Temperaturen erträglich bleiben. Der Besitzer überließ das Gelände hinter der Fabrik vor ein paar Jahren den umliegenden Gemeinden, um eine Schule zu errichten. Die Fabrik steht auf ehemals landwirtschaftlich genutztem Land. In den ehemaligen Stallungen ist heute eine Volksschule für ca. 600 Schüler untergebracht. Das gesamte Gelände ist ca. 2,2 ha groß, und liegt inmitten von Feldern, weit und breit ist nichts als Savannengrasland mit vereinzelten landwirtschaftlichen Feldern zu sehen. Die Erde ist rot, sehr hart und steinig, was das Ausheben der Fundamente zu Schwerstarbeit macht.             Mittlerweile ist das Schulgelände erweitert worden, StudentInnen der Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule, Aachen (RWTH) haben 2006 einen Kindergarten mit Spielplatz errichtet, im selben Jahr kam eine Bibliothek und ein Büro dazu, beide wurden von StudentenInnen der Fachhochschule Anhalt in Dessau erbaut. Letztes Jahr wurde das Gelände um zwei weitere Baukörper der StudentInnen der Fachhochschule Kuchl in Salzburg erweitert, diese dienen als Werkstatt und Küche. Heuer waren wir am Zug. Die StudentInnen der TU Graz bauten im Februar die erste Klasse des ITHUBA Skills College während wir den Freiraum des Gebäudes errichteten und das gesamte Areal um die Schule strukturierten. Die ITHUBA SchülerInnen pflanzten ihre eigenen Bäume und halfen uns mit den Bauarbeiten. Die SchülerInnen nahmen ihren Freiraum nach Fertigstellung auch gleich in Besitz. Zusätzlich werden ein Administrationsgebäude, eine Hall und ein Wasserturm gebaut und Wasser und Strom installiert. In den nächsten Jahren sollen weitere Klassen und ebenfalls Wohneinheiten für die LehrerInnen und BesucherInnen entstehen. Die Bedeutung unseres Projekts wird vom Zitat des Autors A.J. Christopher unterstrichen der schrieb, dass einer der effektivsten Wege ökonomische Ungleichheiten zu beseitigen Bildung sei. Ich hoffe, dass das ITHUBA Skills College sehr erfolgreich sein wird und vielen jungen Südafrikanern die Chance bieten wird, eine gute Ausbildung zu erhalten. Referenzen: 1  Lemon Anthony (1995): The Geography of Change in South Africa, John Wiley & Sons Ltd, England, S. 8. 2  Lemon Anthony (1995): The Geography of Change in South Africa, John Wiley & Sons Ltd, England, S. 49. 3 Walter Schicho (1999): Handbuch Afrika, Zentralafrika, Südliches Afrika und die Staaten im Indischen Ozean, Band 1, Brandes & Apsel Verlag GmbH, Frankfurt, S. 146 - 148 4 Walter Schicho (1999): Handbuch Afrika, Zentralafrika, Südliches Afrika und die Staaten im Indischen Ozean, Band 1, Brandes & Apsel Verlag GmbH, Frankfurt, S. 164 – 165 5 A.J. Christopher (2001): The Atlas of Changing South Africa, Routhledge, London, S. 233