871010 Wildbach- und Lawinenverbauung: Planungsprozesse und Ingenieurpraxis


Art
Vorlesung und Übung
Semesterstunden
2
Vortragende/r (Mitwirkende/r)
Organisation
Angeboten im Semester
Wintersemester 2022/23
Unterrichts-/ Lehrsprachen
Deutsch

Lehrinhalt

Die Lehrveranstaltung bietet den Studierenden einen umfassenden Einblick in die Planungsprozesse und Ingenieurpraxis der Wildbach- und Lawinenverbauung in Österreich. Aufbauend auf den fachlichen, wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen sowie der theoretischen Darstellung der etablierten Planungsprozesse wird der Lebenszyklus von Schutzsystemen der Wildbach- und Lawinenverbauung an konkreten Planungsbeispielen dargestellt.

Der Planungsprozess setzt die Feststellung von Schutzbedarf auf Grundlage einer Gefahren- und Risikoanalyse (Gefahrenzonenplanung) sowie die konkrete Initiierung der Planung durch Begünstigte (Interessenten, idR Gemeinden, Wasserverbände oder Wassergenossenschaften) voraus. Dieser umfasst die Grundlagenerhebung in den Einzugsgebieten, die Erstellung eines Gefahrenzonenplans, die Entwicklung eines integralen (auf das Einzugsgebiet bezogene) Schutzkonzepts und der Definition eines Schutzziels, die Entwicklung eines Schutzsystems mit ausgewählten Maßnahmen, die Detailplanung nach dem „Stand der Technik“, den Aushandlungsprozess mit den Betroffenen hinsichtlich der Finanzierung, der Grundinanspruchnahme und der behördlichen Konzessionen sowie die Umsetzung des Schutzvorhabens. Dieser Planungszyklus umfass sowohl grau (technische) als auch grüne (Schutzwald) Schutzinfrastruktur und ist als integrales Schutzkonzept einer, den Gefahren angepassten Kombination verschiedener Maßnahmen, aufzufassen.

Nach Realisierung des Schutzes schließt der Lebenszyklus mit den Aufgaben der Überwachung, Erhaltung und Erneuerung der Schutzsysteme ab. Wildbach- und Lawinenverbauung nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit wird dabei als „cradle-to-cradle“-Zyklus dargestellt, der auch mittel- und langfristige naturräumliche und gesellschaftspolitische Veränderungen berücksichtigen muss (demographischer Wandel, Klimawandel, Digitalisierung). Grüne Schutzinfrastruktur (Schutzwald, Ingenieurbiologische Maßnahmen, Schutzwirkung der Fläche) sind integrale Bestandteile der (flächenwirtschaftlichen) Projekte und unterliegen eigenen (forsttechnischen), langfristigen Erhaltungszyklen. Vermittelt werden auch die Grundprinzipien des, für Planungsprozesse der Wildbach- und Lawinenverbauung erforderlichen Sachverstandes sowie der konkrete Aufbau von bezogenen Gutachten. Der zentrale Maßstab für die Wirkung der Schutzsysteme ist hergestellte Sicherheitsniveau, welches den laufenden Veränderungen anzupassen ist und auch Sicherheitsredundanzen für Extremereignisse (Überlastfall) einbezieht. Der Planungsprozess der Wildbach- und Lawinenverbauung wird praxisbezogen und in den Gesamtkontext der gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen in den österreichischen Regionen eingebettet.

Aufbauend auf der theoretischen Wissensvermittlung des Vorlesungsteils, werden die Studierenden im Übungsteil bei der angewandten Entwicklung von konkreten Planungsprozessen anhand aktueller Beispiele aus der Praxis begleitet. Die angeleitete Ausarbeitung erfolgt in Kleingruppen und mündet in einer Präsentation der Planungsergebnisse in einer realitätsnahen Aushandlungssituation.

Inhaltliche Voraussetzungen (erwartete Kenntnisse)

Vertiefte Kenntnisse aus folgenden Lehrveranstaltungen des Masterstudiums Alpine Naturgefahren/Wildbach- und Lawinenverbauung:
-Pflichtlehrveranstaltungen zu Wassergefahren, Lawinengefahren
-Grundlagen des Naturgefahrenmanagements
-Naturgefahrenrecht

Lehrziel

Ziel der Lehrveranstaltung ist die Vermittlung des Grundverständnisses und angewandten Wissens (Praxiserfahrung) über die Planungsprozesse der Wildbach- und Lawinenverbauung im Sinne der Ingenieurpraxis:
•Die Absolventen/innen der LV erwerben die Kompetenz, das im Rahmen des Masterstudiums vermittelten, theoretischen Wissens über Gefahren- und Risikoanalyse sowie Schutzmaßnahmen in Planungsprozesse der Ingenieurpraxis der Wildbach- und Lawinenverbauung umzusetzen.
•Die Absolventen/innen der LV erwerben die Fähigkeit zur selbständigen Entwicklung von umsetzungsreifen Schutzkonzepten und der Gestaltung von entsprechenden Planungsprozessen (einschließlich Gefahrenzonenplanung).
•Die Absolventen/innen der LV entwickeln ihre Schutzprojekt als nachhaltigen Planungszyklus („cradle-to-cradle“) und integrieren dieses in ein integrales Schutzsystem.
•Die Absolventen/innen der LV gestalten einen effizienten Aushandlungsprozess für die erfolgreiche Implementierung eines Gefahrenzonenplans sowie die Umsetzung der Schutzmaßnahmen unter den gegebenen rechtlichen und gesellschaftspolitischen Rahmenbedingen.
•Die Absolventen/innen der LV entwickeln ein Rollenverständnis als Planer und Fachexperte (Techniker der WLV, Ziviltechniker, Amtssachverständiger) sowie als Risikokommunikatoren mit den relevanten Stakeholdern des Planungsprozesses.
•Die Absolventen/innen der LV organisieren den Planungsprozess arbeitsteilig und im Team und gestalten die Ergebnisse nach normativen Vorgaben sowie auch entsprechender eigener kreativer Ansätze.
Noch mehr Informationen zur Lehrveranstaltung, wie Termine oder Informationen zu Prüfungen, usw. finden Sie auf der Lehrveranstaltungsseite in BOKUonline.