854310 Subsistenz als Grundlage der Freiraumplanung


Art
Seminar
Semesterstunden
3
Vortragende/r (Mitwirkende/r)
Organisation
Angeboten im Semester
Wintersemester 2022/23
Unterrichts-/ Lehrsprachen
Deutsch

Lehrinhalt

Subsistenz - vernetzt und verwurzelt
Subsistenz wächst in einem Netz sozialer und ökonomischer Beziehungen und gleichzeitig schafft sie dieses Netz und verbindet Netze miteinander. Pilzgeflechten vergleichbar ermöglicht Subsistenz Wachstum, schafft Nahrung, knüpft Kontakte und fördert Kommunikation. Dabei gründet Subsistenz in konkreten Orten und konkreten Beziehungen.
Für uns als Planer*innen gilt es in Bezug auf Subsistenz zunächst die alltäglichen Lebensorte in den Blick zu nehmen. Dabei gehen wir von den baulich-räumlichen Strukturen aus, betrachten aber auch soziale und ökonomische Aspekte.
Für uns stellt sich die Frage, inwieweit wir mit Planung Subsistenz stärken können, inwieweit baulich-räumliche Strukturen eine Verwurzelung am Ort ermöglichen und Anknüpfungspunkte für Beziehungsnetze bieten können.
Um von gelungenen Beispielen zu lernen, wenden wir uns in der Lehrveranstaltung zunächst Lebensorten zu, die eine Subsistenzorientierung stützen. Mit Skizzen und Beschreibungen stellen wir uns gegenseitig solche Orte vor, z.B. private Parzellen in der Stadt, Höfe am Land, Nachbarschafts- und Gemeinschaftsgärten, gemeinschaftliche Werkstätten oder öffentliche Freiräume.
Anhand von Plänen, Bildern und Beschreibungen arbeiten wir die baulich-räumlichen und die sozialen Qualitäten der jeweiligen Orte heraus und gehen der Frage nach, wie die Wertschätzung von Subsistenz in planerischen Arbeiten Gestalt gewinnen kann.
Neben der praktischen Arbeit an und mit Planungsbeispielen setzen wir uns mit freiraumplanerischer Theorie und mit philosophischen, politischen und wissenschaftlichen Gedanken auseinander. Wir vertiefen unser Verständnis von und weiten unseren Blick auf Subsistenz durch Lektüre und Diskussion.
Als Anregung um über Maßstäbe und Wertvorstellungen im Zusammenhang von Subsistenz und Freiraumplanung nachzudenken, lesen und diskutieren wir Texte von:
- Veronika Bennholdt-Thomsen, die Subsistenz als gelebte Praxis und als Perspektive für die Zukunft sieht
- Ursula Knecht-Kaiser, die Freiheit und Abhängigkeit zusammendenkt und für das "Sowohl als auch" als Alternative zum Schwarz-Weiß Denken plädiert
- Rita Mayrhofer, die ihre planerischen Erfahrungen bei Aufbau und Begleitung eines Gemeinschaftsgartens im Wiener Gemeindebau reflektiert
- Mithu Sanyal, die über den Begriff der Allemde nachdenkt
- Elinor Ostrom, die eine bewahrende Nutzung von Gemeingütern untersucht
- Felix zu Löwenstein, der eine ökologische Intensivierung der Landwirtschaft fordert
- Felwine Sarr, der Ansätze für eine verantwortungsvollere Zivilisation beschreibt
- Hannah Arendt, die über das Beziehungsgewebe menschlicher Angelegenheiten nachdenkt
- den italienischen Philosophinnen der Differenz, die dazu ermutigen das eigene Begehren in die Welt zu tragen
- Luisa Muraro, die die Idee der symbolischen Unabhängigkeit einführt
- Martha C. Nussbaum, die über die Grenzen der Gerechtigkeit nachdenkt
- Stephan Lessenich, der die negativen Folgen unserer Externalisierungsgesellschaft aufzeigt und Verteilungsgerechtigkeit einfordet
- Fabian Scheidler, der Natur und Gesellschaft neu denken will
- Corine Pelluchon, die eine Philosophie der Ernährung und der Umwelt entwickelt.
Die Auseinandersetzung mit Plänen und Texten soll über die Reflexion unserer Alltagserfahrungen zu einer bewussten Wahrnehmung und angemessenen Wertschätzung von Subsistenz anregen und zu symbolischer Unabhängigkeit führen.

Inhaltliche Voraussetzungen (erwartete Kenntnisse)

keine

Lehrziel

Die Lehrveranstaltung will die Aufmerksamkeit für die Fülle alltäglicher Subsistenztätigkeiten schärfen und zu einer bewussten Wahrnehmung und angemessenen Wertschätzung von Subsistenzarbeit und Subsistenzkultur führen.

Die Studierenden beschreiben und analysieren freiraumplanerische Beispiele.
Die Studierenden erkennen und differenzieren die Vielfalt alltäglicher Subsistenztätigkeiten.
Die Studierenden können Planungsbeispiele und Planungsentscheidungen in Bezug auf Subsistenz beurteilen.
Die Studierenden reflektieren eigene Werthaltungen vor dem Hintergrund von freiraumplanerischer Theorie und Subsistenztheorie.
Die Studierenden lesen und diskutieren philosophische, wissenschaftliche und politische Texte in Beziehung zu subsistenzorientierter Freiraumplanung.
Die Studierenden können Inhalte von Fachtexten auf ihre Planungsrelevanz prüfen und sich konstruktiv mit unterschiedlichen Lebenswelten und Gedankengängen auseinandersetzen.
Die Studierenden können Gruppenarbeitsprozesse aktiv gestalten und Verantwortung für gemeinsame Arbeitsergebnisse übernehmen.

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Noch mehr Informationen zur Lehrveranstaltung, wie Termine oder Informationen zu Prüfungen, usw. finden Sie auf der Lehrveranstaltungsseite in BOKUonline.