731034 Sozial-ökologische Transformationen verstehen


Art
Seminar
Semesterstunden
2
Vortragende/r (Mitwirkende/r)
Organisation
Angeboten im Semester
Sommersemester 2023
Unterrichts-/ Lehrsprachen
Deutsch

Lehrinhalt

In sozial-ökologischen Transformationsprozessen geht es zentral um einen gezielten, grundlegenden Umbau industrieller, kapitalistisch geprägter gesellschaftlicher Naturverhältnisse in Richtung nachhaltiger(er), post-fossiler Wirtschafts- und Lebensweisen. Diese Herausforderung wird oft als neue „Große Transformation“ beschrieben, die gelingen, aber ebenso gut auch scheitern kann. Entsprechende Transformationsbemühungen können sich auf kein historisches Vorbild beziehen; sie bewegen sich vielmehr in einer ungewissen, umkämpften Zukunft. Eine besondere Herausforderung stellt dabei die Globalität der ökologischen Problematik und die damit verbundene Notwendigkeit dar, in einer vor allem ökonomisch zwar eng verflochtenen, zugleich aber hochgradig heterogenen, ungleichen, nationalstaatlich verfassten, von Konflikten und Kriegen durchzogenen Welt kollektive, global wirksame Lösungen für diese Problematik zu finden.

Entgegen der von Klimawissenschaftlern wie von Seiten engagierter Kreise aus Politik und Zivilgesellschaft geforderten raschen, radikalen Umbaumaßnahmen (um gesellschaftliche chaotische Entwicklungen zu verhindern), erfolgt dieser Transformationsprozess bisher allerdings nur in Trippelschritten. Das liegt u.a. an konkurrierenden Gesellschaftsvisionen und Transformationszielen, an der Beharrungskraft etablierter Interessen, Machtverhältnisse, Lebensformen und Mentalitäten, an technischen, ökonomischen und institutionellen Pfadabhängigkeiten sowie an den bereits erwähnten Problemen internationaler politischer Konsensfindung.

Aber auch in der wissenschaftlichen Debatte besteht bislang wenig Konsens über die adäquaten Ziele, Strategien und Mittel der geforderten ‚radikalen‘ Transformation. Ein zentraler Konfliktpunkt ist die Frage, ob wirtschaftliches Wachstum als zentrales Ziel gesellschaftlicher Entwicklung und staatlichen Handelns nicht zugunsten anderer, ‚nachhaltigerer‘ Wohlstandsverständnisse aufgegeben werden muss. Umstritten ist auch, inwieweit tiefgreifende gesellschaftlichen Transformationen überhaupt gezielt gesteuert werden können – noch dazu in der geforderten kurzen Zeitspanne.

Diese Fragen und die daraus sich ergebenden praktischen Probleme für den sozial-ökologischen Umbau moderner Gesellschaften sollen im Seminar in vier Schritten bearbeitet werden. In einer Einführungsveranstaltung werden zentrale Fragen der sozial-ökologischen Transformation und ihrer Gestaltungsmöglichkeiten andiskutiert, ein erstes, provisorisches Modell zum Verständnis von Transformationsdynamiken skizziert und die Seminarthemen verteilt. In einem zweiten Block sollen exemplarisch einige gegensätzliche Positionen in der Transformationsdebatte vorgestellt und diskutiert werden (Green Growth & Green Deal-Konzepte; Postwachstums und Degrowth-Konzepte; „Earth for All“ etc.). In einem dritten Block geht es um die unterschiedlichen theoretischen Ansätze zur Erklärung der Dynamiken, Blockaden, Konflikte und Fördermöglichkeiten sozial-ökologischer Transformationen. In einem vierten Block soll die daraus gewonnene Forschungsheuristik dann in Gruppendiskussionen auf die Transformationsprobleme einzelner, ausgewählter Themenbereiche bezogen (z.B. urbane Transformationen zur Klimaneutralität; Energiewende; Mobilitätswende, Agrar- und Ernährungswende etc.) und auf ihre Erklärungskraft hin überprüft werden.
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Inhaltliche Voraussetzungen (erwartete Kenntnisse)

Grundlegende Kenntnisse des Nachhaltigkeits- und Transformationsdiskurses

Lehrziel

•Kritisches Wissen um die zentralen Kontroversen in der sozial-ökologischen Transformationsdebatte,
•Verständnis für das komplexe Geflecht an Faktoren, die sozial-ökologische Transformationsprozesse beeinflussen,
• Verständnis für die rekursiven Dynamiken von strukturellem und individuellem Wandel, für die konflikthaften Wechselwirkungen und ambivalenten Folgen kultureller, technischer, ökonomischer und politischer Entwicklungen sowie für die Grenzen der Bemühungen, diese komplexen Entwicklungsdynamiken durch gezielte politische Steuerung auf nachhaltige Entwicklungspfade zu bringen,
•Wissen um die zentralen Blockaden sowie um die sozialen Voraussetzungen und zentralen Ansatzpunkte beschleunigter sozial-ökologischer Transformationen,
•Wissen um die zentralen gesellschaftlichen Konflikte, die sich an sozial-ökologischen Transformationsprozessen entzünden (werden),
•Verständnis für die Überlagerung sozial-ökologischer Transformationskonflikte mit wachsenden sozialen Ungleichheitsproblemen und den daraus erwachsenden Krisen und politischen Umbrüchen.
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Noch mehr Informationen zur Lehrveranstaltung, wie Termine oder Informationen zu Prüfungen, usw. finden Sie auf der Lehrveranstaltungsseite in BOKUonline.