854310 Subsistenz als Grundlage der Freiraumplanung


Art
Seminar
Semesterstunden
3
Vortragende/r (Mitwirkende/r)
Kölzer, Andrea
Organisation
Angeboten im Semester
Wintersemester 2023/24
Unterrichts-/ Lehrsprachen
Deutsch

Lehrinhalt

Subsistenz - Von Eigen- und Gemeinsinn
Subsistenz braucht sowohl Eigen- als auch Gemeinsinn. Eigensinn um sinnvollen Entscheidungen auch jenseits des gesellschaftlichen Mainstreams zu folgen. Gemeinsinn, um das gute Leben für alle anzustreben. Wenn Eigensinn und Gemeinsinn zusammenfinden, können sie zu symbolischer Unabhängigkeit und zu einer Lebenshaltung anspruchsvoller Genügsamkeit führen und damit Subsistenzperspektiven eröffnen.
Für uns als Planer*innen stellt sich in Bezug auf Subsistenz zunächst die Frage, inwieweit wir mit Planung Subsistenz stärken können. Welche baulich-räumlichen Strukturen erleichtern eine Subsistenzorientierung und bieten Raum für gemeinschaftliche Projekte?
Um von gelungenen Beispielen zu lernen, nehmen wir alltägliche Lebensorte in den Blick und gehen dabei von den baulich-räumlichen Strukturen aus, betrachten aber auch soziale und ökonomische Aspekte. Mit Skizzen und Beschreibungen stellen wir uns gegenseitig Orte vor, die eine Subsistenzorientierung stützen, z.B. private Parzellen in der Stadt, Höfe am Land, Nachbarschafts- und Gemeinschaftsgärten, Werkstätten oder öffentliche Freiräume.
Anhand von Plänen, Bildern und Beschreibungen arbeiten wir die baulich-räumlichen und die sozialen Qualitäten der jeweiligen Orte heraus und gehen der Frage nach, wie die Wertschätzung von Subsistenz in planerischen Arbeiten Gestalt gewinnen kann.
Neben der praktischen Arbeit an und mit Planungsbeispielen setzen wir uns mit freiraumplanerischer Theorie und mit philosophischen, politischen und wissenschaftlichen Gedanken auseinander. Wir vertiefen unser Verständnis von und weiten unseren Blick auf Subsistenz durch Lektüre und Diskussion.
Als Anregung um über Maßstäbe und Wertvorstellungen im Zusammenhang von Subsistenz und Freiraumplanung nachzudenken, lesen und diskutieren wir Texte von:
- Veronika Bennholdt-Thomsen, die Subsistenz als gelebte Praxis und als Perspektive für die Zukunft sieht
- Ursula Knecht-Kaiser, die Freiheit und Abhängigkeit zusammendenkt und für das "Sowohl als auch" als Alternative zum Schwarz-Weiß Denken plädiert
- Matthias Kurowski, der Freiräume im Garten und in der Planung aufzeigt
- Rita Mayrhofer, die ihre planerischen Erfahrungen bei Aufbau und Begleitung eines Gemeinschaftsgartens im Wiener Gemeindebau reflektiert
- Eva von Redecker, die unter dem Begriff der "Bleibefreiheit" über erfüllte Zeit nachdenkt
- Hannah Arendt, die Natalität und Pluralität als wesentlich für politisches Handeln beschreibt
- den italienischen Philosophinnen der Differenz, die dazu ermutigen das eigene Begehren in die Welt zu tragen
- Luisa Muraro, die die Idee der symbolischen Unabhängigkeit einführt
- Gesa Ziemer, die über Komplizenschaft als soziale Praxis nachdenkt
- Felix zu Löwenstein, der eine ökologische Intensivierung der Landwirtschaft fordert
- Felwine Sarr, der Ansätze für eine verantwortungsvollere Zivilisation beschreibt
- Stephan Lessenich, der die negativen Folgen unserer Externalisierungsgesellschaft aufzeigt und Verteilungsgerechtigkeit einfordet
- Fabian Scheidler, der Natur und Gesellschaft neu denken will
- Corine Pelluchon, die eine Philosophie der Ernährung und der Umwelt entwickelt.
Die Auseinandersetzung mit Plänen und Texten soll über die Reflexion unserer Alltagserfahrungen zu einer bewussten Wahrnehmung und angemessenen Wertschätzung von Subsistenz anregen und zu symbolischer Unabhängigkeit führen.

Inhaltliche Voraussetzungen (erwartete Kenntnisse)

keine

Lehrziel

Die Lehrveranstaltung will die Aufmerksamkeit für die Fülle alltäglicher Subsistenztätigkeiten schärfen und zu einer bewussten Wahrnehmung und angemessenen Wertschätzung von Subsistenzarbeit und Subsistenzkultur führen.

Die Studierenden beschreiben und analysieren freiraumplanerische Beispiele.
Die Studierenden erkennen und differenzieren die Vielfalt alltäglicher Subsistenztätigkeiten.
Die Studierenden können Planungsbeispiele und Planungsentscheidungen in Bezug auf Subsistenz beurteilen.
Die Studierenden reflektieren eigene Werthaltungen vor dem Hintergrund von freiraumplanerischer Theorie und Subsistenztheorie.
Die Studierenden lesen und diskutieren philosophische, wissenschaftliche und politische Texte in Beziehung zu subsistenzorientierter Freiraumplanung.
Die Studierenden können Inhalte von Fachtexten auf ihre Planungsrelevanz prüfen und sich konstruktiv mit unterschiedlichen Lebenswelten und Gedankengängen auseinandersetzen.
Die Studierenden können Gruppenarbeitsprozesse aktiv gestalten und Verantwortung für gemeinsame Arbeitsergebnisse übernehmen.

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Noch mehr Informationen zur Lehrveranstaltung, wie Termine oder Informationen zu Prüfungen, usw. finden Sie auf der Lehrveranstaltungsseite in BOKUonline.