854310 Subsistenz als Grundlage der Freiraumplanung


Art
Seminar
Semesterstunden
3
Vortragende/r (Mitwirkende/r)
Kölzer, Andrea
Organisation
Angeboten im Semester
Wintersemester 2024/25
Unterrichts-/ Lehrsprachen
Deutsch

Lehrinhalt

Subsistenz ist politisch!
... denn sie ist ausgerichtet auf eine dauerhafte Sicherung der Lebensgrundlagen, auf regionale Selbstversorgung und die Stärkung lokaler Beziehungen. Damit steht sie im Widerspruch zur vorherrschenden Politik von Gewinnmaximierung, Ausbeutung und Externalisierung. "Subsistenz ist Politik im Sinne eines Wandels der Einstellungen und Denkmuster" (Veronika Bennholdt-Thomsen), denn sie führt heraus aus der kapitalistischen Logik, hin zu Lebens- und Produktionsbedingungen, die das gute Leben in Beziehung zum Ziel haben.
Für uns als Planer*innen stellt sich in Bezug auf Subsistenz zunächst die Frage, inwieweit wir mit Planung Subsistenz stärken können. Welche baulich-räumlichen Strukturen erleichtern eine Subsistenzorientierung und bieten Raum für gemeinschaftliche Projekte und kooperatives, politisches Handeln?
Um von gelungenen Beispielen zu lernen, nehmen wir alltägliche Lebensorte in den Blick, betrachten dabei sowohl baulich-räumliche Strukturen als auch soziale und ökonomische Aspekte. Mit Skizzen und Beschreibungen stellen wir uns gegenseitig Orte vor, die eine Subsistenzorientierung stützen, z.B. private Parzellen in der Stadt, Höfe am Land, Nachbarschafts- und Gemeinschaftsgärten oder öffentliche Freiräume.
Anhand von Plänen, Bildern und Beschreibungen arbeiten wir die baulich-räumlichen und die sozialen Qualitäten der jeweiligen Orte heraus und gehen der Frage nach, wie die Wertschätzung von Subsistenz in planerischen Arbeiten Gestalt gewinnen kann.
Neben der praktischen Arbeit an und mit Planungsbeispielen setzen wir uns mit freiraumplanerischer Theorie und mit philosophischen, politischen und wissenschaftlichen Gedanken auseinander.
Als Anregung um über Maßstäbe und Wertvorstellungen im Zusammenhang von Subsistenz und Freiraumplanung nachzudenken, lesen und diskutieren wir Texte von
- Veronika Bennholdt-Thomsen, die Subsistenz als gelebte Praxis und als Perspektive für die Zukunft sieht
- Geneviève Pruvost, die Subsistenz als Ziel und Mittel politischer Aktion betrachtet
- Ursula Knecht-Kaiser, die Freiheit und Abhängigkeit zusammendenkt und für das "Sowohl als auch" als Alternative zum Schwarz-Weiß Denken plädiert
- Matthias Kurowski, der Freiräume im Garten und in der Planung aufzeigt
- Rita Mayrhofer, die ihre planerischen Erfahrungen bei Aufbau und Begleitung eines Gemeinschaftsgartens im Wiener Gemeindebau reflektiert
- Hannah Arendt, die Natalität und Pluralität als wesentlich für politisches Handeln beschreibt
- den italienischen Philosophinnen der Differenz, die dazu ermutigen das eigene Begehren in die Welt zu tragen und damit Welt zu gestalten
- Luisa Muraro, die die Idee der symbolischen Unabhängigkeit einführt
- Felix zu Löwenstein, der eine ökologische Intensivierung der Landwirtschaft fordert
- Felwine Sarr, der Ansätze für eine verantwortungsvollere Zivilisation entwickelt
- Stephan Lessenich, der die negativen Folgen unserer Externalisierungsgesellschaft aufzeigt und Verteilungsgerechtigkeit einfordet
- Kohei Saito, der für die Abkehr vom Kapitalismus und für den Wandel zum Degrowth-Kommunismus eintritt
- Corine Pelluchon, die trotz Klimakatastrophe für Hoffnung plädiert.
Die Auseinandersetzung mit Plänen und Texten, die Reflexion unserer Alltagserfahrungen und der Austausch über unsere Vorstellungen von Politik und gutem Leben können zu einer bewussten Wahrnehmung und angemessenen Wertschätzung von Subsistenz anregen.

Inhaltliche Voraussetzungen (erwartete Kenntnisse)

keine

Lehrziel

Die Lehrveranstaltung will die Aufmerksamkeit für die Fülle alltäglicher Subsistenztätigkeiten schärfen und zu einer bewussten Wahrnehmung und angemessenen Wertschätzung von Subsistenzarbeit und Subsistenzkultur führen.

Die Studierenden beschreiben und analysieren freiraumplanerische Beispiele.
Die Studierenden erkennen und differenzieren die Vielfalt alltäglicher Subsistenztätigkeiten.
Die Studierenden können Planungsbeispiele und Planungsentscheidungen in Bezug auf Subsistenz beurteilen.
Die Studierenden reflektieren eigene Werthaltungen vor dem Hintergrund von freiraumplanerischer Theorie und Subsistenztheorie.
Die Studierenden lesen und diskutieren philosophische, wissenschaftliche und politische Texte in Beziehung zu subsistenzorientierter Freiraumplanung.
Die Studierenden können Inhalte von Fachtexten auf ihre Planungsrelevanz prüfen und sich konstruktiv mit unterschiedlichen Lebenswelten und Gedankengängen auseinandersetzen.
Die Studierenden können Gruppenarbeitsprozesse aktiv gestalten und Verantwortung für gemeinsame Arbeitsergebnisse übernehmen.

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Noch mehr Informationen zur Lehrveranstaltung, wie Termine oder Informationen zu Prüfungen, usw. finden Sie auf der Lehrveranstaltungsseite in BOKUonline.