Die Universität für Bodenkultur Wien lud am 12. Juni zur Eröffnung des neuen Wasserbaulabors am Brigittenauer Sporn in den 20. Bezirk. Die feierliche Öffnung der Schleuse für den Durchfluss von 10.000 Liter Donauwasser pro Sekunde fand mit großem Getöse und im Beisein von Wissenschaftsminister Martin Polaschek, Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, Bürgermeister Michael Ludwig und vielen Ehrengästen aus dem In- und Ausland statt.

Von links: Initiator und Projektleiter Helmut Habersack (Institut für Wasserbau, Hydraulik und Fließgewässerforschung), Klimaschutzministerin Leonore Gewessler, Landeshauptfrau NÖ Johanna Mikl-Leitner, Wissenschaftsminister Martin Polaschek, BOKU-Rektorin Eva Schulev-Steindl, Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, Günter Liebel (Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft) und Ulrike Unterer (Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft. Fotos © APA-Fotoservice/Schedl

„Die Eröffnung des neuen Wasserbaulabors der BOKU markiert einen bedeutenden Meilenstein für den Forschungsstandort Österreich. In einer Zeit, in der wir weltweit vermehrt mit Naturkatastrophen und den Auswirkungen des Klimawandels konfrontiert sind, ist es von entscheidender Bedeutung, umfangreiche Forschungsarbeit zu betreiben und dabei auf maßgeschneiderte Forschungsinfrastruktur zu setzen“, betonte Bildungs-, Wissenschafts- und Forschungsminister Martin Polaschek. „Mit dem neuen Wasserbaulabor stellen wir genau diese Infrastruktur bereit und etablieren Österreich als einen der weltweit führenden Standorte für wasser- und fließgewässerbezogene Forschung.“

„Die Donau hat für unser Land eine vielfältige Bedeutung - als Wasserstraße für den klimafreundlichen Transport, als einzigartiger Naturraum und natürlich als Qualle für Lebensqualität. All diese Dinge müssen wir bestmöglich verbinden - damit sie gemeinsam funktionieren. Dafür müssen wir viel über die Donau und ihr Wasser wissen. Genau dazu soll das Wasserlabor der BOKU einen Beitrag leisten. Ich bin gespannt auf die Ergebnisse“, freute sich Klimaschutzministerin Leonore Gewessler.

„Mit dem neuen Wasserbaulabor wurde eine einzigartige Forschungsmöglichkeit eröffnet, um Prozesse in Flüssen besser verstehen zu können. Die gewonnenen Forschungsergebnisse können wesentliche Beiträge zur Klimawandelanpassung in den Bereichen Hochwasserrisikomanagement, Dürrerisikomanagement, nachhaltige Wasserkraft, Schifffahrt und Ökologie liefern. Es freut mich besonders, dass das neue Wasserbaulabor nun auch Standort einer Dienststelle meines Hauses, des Instituts für Wasserbau und hydrometrische Prüfung des Bundesamts für Wasserwirtschaft, ist“, so Norbert Totschnig Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft.  

Dieses Projekt hat nicht nur die Universität, sondern die gesamte Wasserbauforschung in Europa vorangebracht. Denn es wurde ein einzigartiges Labor geschaffen, das sowohl für die Grundlagenforschung als auch für die angewandte Forschung genutzt werden kann. Als Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft ist uns der Forschungsstandort Österreich ein ganz besonderes Anliegen. Daher freut es uns, dass der Forschungsstandort mit dem heute präsentierten Labor weiter gestärkt wird“, unterstrich Martin Kocher, Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft. „Als Arbeitsminister freut es mich außerdem, dass im heute eröffneten Wasserbaulabor bis zu 100 Wissenschafts- und Wirtschaftsarbeitsplätze geschaffen wurden.“

„Dieses Leuchtturmprojekt entlang unserer Niederösterreichischen Wissenschaftsachse unterstreicht die hervorragende Arbeit zwischen den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern über alle Landesgrenzen hinweg. Hier im neuen Wasserbaulabor werden künftig wegweisende Forschungsergebnisse erzielt, die für die Menschen, deren Gesundheit, unser Land und den Naturschutz von unschätzbarer Bedeutung sind“, so Johanna Mikl-Leitner, Landehauptfrau von Niederösterreich. „Mit den Daten und Ergebnissen, die hier künftig gewonnen werden, werden wissenschaftliche Grundlagen geschaffen, die etwa für Schifffahrt, Hochwasserrisikomanagement und Ökologie unerlässlich sind“, so deren Stellvertreter Stephan Pernkopf.

„Wasser bedeutet Leben – in Wien sind wir uns dessen bewusst und stolz auf unser hervorragendes Wiener Wasser. Heuer haben wir deshalb auch das 150-jährige Bestehen der I. Hochquellenleitung und damit den Beginn der modernen Wiener Wasserversorgung gefeiert. Das BOKU-Wasserbaulabor ist ein innovatives und wegweisendes Forschungsprojekt, mit dem künftig Erkenntnisse gewonnen werden, die es uns ermöglichen, an einer nachhaltigen Zukunft zu arbeiten und die hohe Versorgungsqualität für die Bevölkerung weiter zu garantieren. Besonders willkommen sind die Forschungen in Sachen Wasserkraft und Hochwasserschutz, vor dem Hintergrund des Klimawandels beides wichtige Themen für die Millionenmetropole Wien,“ betonte Wiens Bürgermeister Michael Ludwig.

Wasserbaulabor als USP der BOKU

„Durch die menschlichen Eingriffe kommen die Flüsse zusehends unter Druck. Das neue Wasserbaulabor mit seinem 90 Meter langen und bis zu 25 Meter breiten Flussdurchlauf ermöglicht weltweit einzigartige Grundlagen- und angewandte Forschung und ist eine unique selling proposition für die Lehre an der BOKU. Dieses Wasserbaulabor ist ein Pionierwerk!“ so BOKU-Rektorin Eva Schulev-Steindl sichtlich stolz.

Initiator und Projektleiter Helmut Habersack vom Institut für Wasserbau, Hydraulik und Fließgewässerforschung: „Mit 10.000 Liter Durchfluss pro Sekunde ohne Pumpen besitzt das neue Wasserbaulabor ein weltweites Alleinstellungsmerkmal. Dies ermöglicht Modellversuche bis zu 1:1 und wird das Wissen über Nutzung und Schutz von Flüssen fördern. Die Forschungsthemen umfassen die Bewegung des Wassers und der Sedimente ebenso wie die Ökologie und Nutzung der Fließgewässer (Maßnahmen), Hochwasserrisikomanagement (von Überflutungsflächen bis zu mobilem Hochwasserschutz), Fluss(rück)bau (Schwerpunkt Feststoffhaushalt), Erneuerbare Energien (nachhaltige Wasserkraft), Wasserstraße und Niederwassermanagement bei Trockenheit unter Klimawandel.“

Daten und Fakten

Eine Forschungseinrichtung dieser Dimension braucht Zeit, Geld und Geduld. Zwischen der Idee und der feierlichen Eröffnung des Wasserbaulabors am 12. Juni liegen knapp 14 Jahre. Die Gesamtkosten von rund 49 Millionen Euro wurden vom Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (über vier EU Projekte mit Ungarn, Slowakei und Tschechien sowie über das Programm Investitionen in Wachstum und Beschäftigung Österreich), der Stadt Wien und dem Land Niederösterreich sowie den Bundesministerien für Bildung, Wissenschaft und Forschung, für Landwirtschaft- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft,  für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie sowie vom Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft getragen.

Zukünftig wird auf insgesamt 12300 m2 Lehre und Forschung in unterschiedlichen Nutzungszonen stattfinden: ein Hörsaal und Seminarraum für rund 200 Studierende, 2 Großlaborflächen (Main Channel und River Lab) mit 3500 m², ein Public Lab mit 400 m², ein Outdoor Lab und Speziallabore sowie Sitzungsräume und eine Bibliothek, Arbeitsplätze für 100 Personen im Bürotrakt auf drei Stockwerken. Neben dem Institut für Wasserbau, Hydraulik und Fließgewässerforschung ist das Institut für Wasserbau und Hydrometrische Prüfung (Bundesamt für Wasserwirtschaft) ebenfalls in das Wasserbaulabor übersiedelt, die Infrastruktur wird also effizient genutzt.

ATP architekten ingenieure zeichneten sich in Arbeitsgemeinschaft mit iC Consulenten für die Integrale Planung der neuen BOKU-Außenstelle verantwortlich: „Die Integrale Planung mit Building Information Modeling ermöglichte es uns, die vielfältigen Anforderungen an das Labor in ein optimiertes Gebäudekonzept zu übersetzen und ein hochkomplexes, zukunftsweisendes Forschungsinstitut zu schaffen“, so Horst Reiner, ATP-Partner und Geschäftsführer in Wien

Eckpunkte zur Nachhaltigkeit

Die Universität für Bodenkultur Wien als Universität für Life Sciences und Nachhaltigkeit lehrt und forscht nicht nur an diesen Themen, sie lebt sie auch. Eckpunkte zur Nachhaltigkeit des BOKU-Wasserbaulabors

  • 10.000 Liter Donauwasser pro Sekunde ohne Pumpen
    Durch die Wasserspiegeldifferenz zwischen Donau und Donaukanal von 3 m fließen bis zu 10.000 l/s weltweit einzigartig ohne Pumpen und damit ohne Fremdenergie durch das Wasserbaulabor.

  • Nachhaltige Stromerzeugung durch Wasserkraftversuchsstand
    Es ist möglich - in Zusammenhang mit Versuchen - künftig einen Beitrag zum Eigenbedarf an Strom für das Gebäude über Turbinen und Generatoren im Wasserkraftversuchsstand selbst zu leisten.

  • Stromerzeugung über Photovoltaikanlage
    Es wurde eine PV-Anlage mit 250 kW/peak errichtet, ein Stromspeicher wird folgen.

  • Kein Bau auf grüner Wiese – Ersatz von bestehenden Gebäuden
    Das Wasserbaulabor ersetzt zuvor bestehende Gebäude der MA48, dadurch kein weiterer Bodenverbrauch.

  • Nachhaltige Verkehrsanbindung
    Das Wasserbaulabor ist an das öffentliche Verkehrsnetz angebunden, es besteht eine gute Erreichbarkeit mit dem Fahrrad.

  • E-Tankstellen
    Für die Sicherstellung nachhaltiger Mobilität, werden zwei E-Tankstellen installiert, die von der PV Anlage gespeist werden.

  • Holz als Primärkonstruktion des Daches
    Die Primärkonstruktion des Daches des Wasserbaulabors ist mit Holzleimbindern konzipiert und überspannt mit nahezu 30 m bogenförmig das River- und Public Lab bzw. auch den Hörsaal.

  • Bauphysik
    Durch den außenliegenden Sonnenschutz und das gewählte Fassadensystem kann das Wasserbau mit seinen Büros im Sommer ohne Klimaanlage betrieben werden.

  • Innovatives Heiz- und Kühlsystem
    Die Beheizung erfolgt über Wärmepumpen, welche als reversible Ausführung im Sommer auch zur Kühlung herangezogen werden. Die Wärmepumpen nutzen die Fundierung, sowie den Betonkörper des Bypasses als Wärmequelle bzw. Wärmesenke.

  • Hocheffiziente Lüftung
    Zusätzlich zum natürlichen Lüftungskonzept arbeiten die Lüftungsanlagen mit hocheffizienten Wärmerückgewinnungssystemen. Dies ermöglicht sowohl eine Erwärmung als auch eine Kühlung der Zuluft.