Aktuelles Forschungsprojekt aus dem Bereich der BOKU-Landtechnik

Die weltweite Nachfrage nach sauberer Energie und nachhaltiger Lebensmittelproduktion ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Eine vielversprechende Technologie, die diese Synergie ermöglicht, ist die Agri-Photovoltaik. Bei diesem Konzept werden Solaranlagen zur Stromerzeugung mit landwirtschaftlicher Nutzung kombiniert, um beide Optionen auf einem gemeinsamen Flächenraum zu integrieren. So können sowohl Sonnenenergie als auch landwirtschaftliche Erträge optimal genutzt werden (siehe BOKU Magazin 1/2023).

Im Rahmen des Forschungsprojekts „Muster- und Leuchtturmprojekt Photovoltaik – EWS Sonnenfeld“, gefördert vom Klima- und Energiefond, arbeiten das Institut für Landtechnik und das Institut für Pflanzenbau gemeinsam mit dem Energiepark Bruck/Leitha GmbH und der EWS Consulting GmbH an der Frage, welche Pflanzenkulturen und Bewirtschaftungsformen sich bei gleichzeitiger PV-Produktion am besten eignen. Das Projekt wird in der Forschungs- und Demonstrationsanlage in Bruck an der Leitha durchgeführt. Diese Pilotanlage hat eine Fläche von 5,5 ha, auf der nachgeführte Modultischreihen (Höhe 2,8 m bei horizontaler Ausrichtung) mit unterschiedlichen Achsabständen von 8, 11 und 14 m installiert wurden. Unter den PV-Modulen wurden 2 m breite Blühstreifen angelegt (siehe Abbildung). Daraus ergeben sich nutzbare landwirtschaftliche Breiten von 6, 9 sowie 12 m. Die Ergebnisse des Projektes werden genutzt, um optimale Abstandseinstellungen aus Sicht der landwirtschaftlichen Produktion als auch aus Sicht der Energieerzeugung zu ermitteln.

Auf der Anlage werden Daten zum Pflanzenwachstum und zur Bodenqualität sowohl während der Vegetationsperiode als auch nach der Ernte erhoben. Während der Vegetationsperiode werden Bestandshöhe, morphologisches Entwicklungsstadium, oberirdische Biomasse und Blattflächenindex gemessen. Da die Modultische eine Verschattung des Bodens verursachen, werden auch bodenbezogene Parameter erfasst. Zu diesem Zweck wurden Bodensensoren in einer Tiefe von 10 cm vergraben, die Daten zu Bodentemperatur, Bodenfeuchtigkeit und elektrischer Leitfähigkeit liefern. Diese Parameter sind entscheidend für das Pflanzenwachstum. Auch steht den Pflanzen weniger Sonnenlicht für die Photosynthese zu Verfügung. Um diesbezüglich relevante Parameter messen zu können wurden PAR-Sensoren installiert. PAR kann Auskunft über die Menge an Lichtenergie geben, die von den Pflanzen für die Photosynthese genutzt werden kann und ist ein Indikator für die Effizienz der Photosynthese und somit für das Wachstumspotenzial der Pflanzen. Nach der Ernte werden darüber hinaus oberirdische Biomasse, Tausendkorngewicht und Stickstoffnutzungseffizienz analysiert.

Eine Beeinflussung der Flächennutzung durch Agri-PV wurde in diversen Versuchen weltweit nachgewiesen. Die Versuche zeigten, dass es sehr stark vom Standort, aber auch den angebauten Kulturen abhängt, ob Agri-PV einen positiven oder negativen Einfluss auf den Ertrag hat. Um diesen Effekt messen zu können, werden auf der Pilotfläche unterschiedliche Kulturen angebaut und untersucht. Ende April dieses Jahres wurde Körnerhirse (Sorghum bicolor) angebaut, im Herbst folgt Winterweizen (Triticum aestivum). Weil die Modultische auch die Niederschlagsverteilung auf der Fläche beeinflussen, wird im Projekt außerdem ein "Regenmodus" entwickelt, der eine gleichmäßige Verteilung ermöglicht und die Reinigung der Photovoltaikoberfläche gewährleistet. Landtechnisch wird untersucht, mit welchen Maschinen und Geräten die Reihen zwischen und unter den Modultischen optimal bewirtschaftet werden können. Dabei sollen gängige Geräte für die Bewirtschaftung von Flächen ohne Photovoltaikanlagen eingesetzt werden. Im Projekt werden verschiedene verfahrenstechnische Parameter erhoben, um Kennzahlen für eine optimale Planung von Agri-PV Anlagen bereitzustellen.

Agri-PV stellt einen vielversprechenden Ansatz dar, sowohl die Energiewende als auch die nachhaltige Landwirtschaft voranzutreiben. Die Synergie von Solarstromerzeugung und Lebensmittelproduktion kann dazu beitragen eine nachhaltigere Zukunft zu schaffen, in der die Bedürfnisse nach Energie und Nahrung effizient miteinander vereinbart werden.

Ansprechpartner: Alexander Bauer


16.08.2023