BarelyMicroBreed - Strategien für die Züchtung klimaresistenter, genetisch auf optimierte Wurzel-Mikrobiom-Interaktionen ausgerichtete Gerste


Aktuelles Forschungsprojekt aus dem Bereich der BOKU-Pflanzenzüchtung

Die letzten Jahre zeigen deutlich, dass sich die Steigerung der globalen Mitteltemperatur auch auf das ursprünglich gemäßigte Klima in Europa auswirkt. Perioden mit starkem Regen wechseln sich ab mit anhaltender Dürre und Hitze. Wiederholt auftretende, längere Dürreperioden bedrohen weltweit den Ertrag von Nutzpflanzen. Mittlerweile sind auch Getreideernten in weiten Teilen Nordwest- und Nordmitteleuropas von anhaltenden Trockenperioden und reduzierter Bodenfeuchtigkeit betroffen.

Das EU-Horizon Projekt BarleyMicroBreed, geleitet von Mogens Nicolaisen (Universität Aarhus, Dänemark), untersucht, inwiefern die Interaktion mit Mikroorganismen in der Erde es Getreidepflanzen ermöglicht, ihre Widerstandsfähigkeit unter reduzierter Bodenfeuchtigkeit zu steigern. Dabei wird die Zusammensetzung von Bodenorganismen im Wurzelraum und deren Einfluss auf die Vitalität und Stressresistenz von Gerste untersucht. Ziel ist es dürre-widerstandsfähigere Gerstensorten zu identifizieren und den Genpool von Varietäten durch neue Kreuzungen zu erweitern. So können Sorten generiert werden, die sich besser an zukünftige extreme Klimaveränderungen anpassen können.

An der BOKU wird BarleyMicroBreed von Katarzyna Retzer (Institut für Waldökologie) koordiniert, die Feldversuche werden von Heinrich Grausgruber (Institut für Pflanzenzüchtung) geleitet. Insgesamt werden im Verlauf von BarleyMicroBreed 571 Gerstensorten aus unterschiedlichen geografischen Lagen in drei kontrastierenden Klimazonen miteinander verglichen. Alle 571 Varietäten werden in Österreich, Marokko und Libanon angebaut und deren Wachstumsrate, Wurzelausbildung, Ernteerfolg und Interaktion mit dem lokalen Mikrobiom verglichen. Der Fokus liegt darauf, die Mikrobiomgemeinschaften aus mehr als 10.000 Wurzelproben zu identifizieren und abzugleichen, um herauszufinden ob bestimmte Genabschnitte in individuellen Gerstensorten die Symbiose besonders begünstigen. Anhand dieses einzigartigen Feld-zu-Labor-Versuchsansatzes können kontrastierende Varietäten für weitere Untersuchungen selektiert werden. Danach wird in kontrollierten Versuchen vertiefend analysiert, inwieweit die Interaktion zwischen den Wurzeln und den spezifischen Mikroorganismen von genetischen Unterschieden der verschiedenen Gerstensorten abhängt. Die potenziellen Gerstengenomregionen, die als relevant für die Interaktion mit den jeweiligen Mikrobiomgemeinschaften und auch für die Dürreresistenz identifiziert werden, müssen anschließend validiert werden. Die biologischen Prozesse werden über eine Kombination aus Metabolomik, Metagenomik und Wurzelphänotypisierung zuerst in Feldversuchen studiert und dann unter kontrollierten Wachstumsbedingungen im Gewächshaus validiert. Dieser kombinierte Ansatz soll es ermöglichen, das Verständnis für das Zusammenspiel zwischen Gerstengenom und Wurzelmikrobiom zu vertiefen. Dabei wird untersucht ob die Symbiose mit dem Wurzelmikrobiom einen direkten Einfluss auf die Dürretoleranz hat, und schlussendlich welche Pflanzenprozesse dabei angeregt werden. Im Fokus der Forschungstätigkeiten an der BOKU steht demnach auch die Evaluierung von lokalen Anpassungen der individuellen Gerstensorten hinsichtlich ihrer Wurzelarchitektur und Funktion, vorerst im Feldversuch und mit ausgewählten Sorten unter kontrollierten Bedingungen. Dafür analysiert das BOKU-Team Bilder von über 50.000 Wurzeln, die auf den unterschiedlichen Feldern aufgenommen wurden. Zu dem Arbeitsbereich der BOKU-Forscher*innen am Institut für Waldökologie gehört auch die Verbesserung von automatisierter Bildanalyse und Entwicklung von effizienteren Wurzelphänotypisierungsstrategien im Feld. Schlussendlich werden gemeinsam mit den internationalen Partner*innen Strategien zur Schaffung dürreresistenter Gerstensorten mit angepassten Wurzelsystemen und Mikrobiominteraktionen ausgearbeitet und umgesetzt. Die gezielte Züchtung von Gerstensorten, die auf die Nutzung der Vorteile der einheimischen mikrobiellen Vielfalt im Boden zugeschnitten sind, ermöglicht somit eine praktikable und nachhaltige Strategie um resistente und ertragreiche Pflanzen gedeihen zu lassen.

Ansprechpartnerin: Katarzyna Retzer
katarzyna.retzer@boku.ac.at


31.01.2024