Forschung trifft Praxis
1) Können Sie uns bitte einen Überblick über das Tierwohl-Programm "hütthalers Hofkultur" geben?
„hütthalers Hofkultur“ wurde bereits 2014 entwickelt und hat sich zum Ziel gesetzt, Regionalität, Art der Haltung und des Umgangs mit Nutztieren in den Mittelpunkt zu stellen. Die Rahmenbedingungen für eine artgemäße Tierhaltung im konventionellen Bereich wurden dafür neu definiert und in Richtlinien, inklusive Kontrollleitfäden, verpackt.
Damit garantieren wir Tierwohl entlang der gesamten Wertschöpfungskette: beginnend bei den Landwirt*innen, über die Frächter*innen und den Schlachthof bis hin zu Verarbeitung und Vertrieb.
Die Grundsätze der Hofkultur umfassen im Bereich Schweine u. a. ein großzügiges Platzangebot mit ganztägigem Auslauf, eingestreute Liegeflächen, gentechnikfreies heimisches Futter sowie ein Verbot des Schwanzkupierens oder einer betäubungslosen Kastration. Die Hofkultur-Landwirt*innen erhalten vertraglich abgesichert eine unbegrenzte Abnahmegarantie, Weiterbildungen durch Fachvorträge, sowie einen projektbezogenen Preisaufschlag. Die Hofkultur war auch der Anstoß für den Neubau des gläsernen Schlachthofs nach Tierwohlaspekten, der im Februar 2019 eröffnet wurde. Der Ansatz „From nose to tail“, also die Verarbeitung möglichst aller Teile eines geschlachteten Tieres ist ein weiteres Charakteristikum der Hofkultur.
Eine große Herausforderung dabei ist die vollständige Vermarktung sämtlicher Produkte, was uns dank unterschiedlicher Bedürfnisse unserer Kund*innen sehr gut gelingt.
2) Wie schätzen Sie die Zukunftsfähigkeit der Tierhaltung ein?
Meiner Einschätzung nach hängt die Zukunftsfähigkeit der Tierhaltung davon ab, ob die Bedürfnisse der Menschen von heute erfüllt werden, ohne die Herausforderungen künftiger Generationen zu beeinträchtigen. Aspekte wie die Umweltfreundlichkeit, das Tierwohl, die effiziente Ressourcennutzung, der politische Rahmen und v. a. auch die gesellschaftliche Akzeptanz spielen eine entscheidende Rolle.
Wirksame Maßnahmen könnten sein, auf nachhaltige und effiziente Praktiken in der Landwirtschaft unter Berücksichtigung einer Kreislaufwirtschaft zu setzen, das Tierwohl zu verbessern und eine Bewusstseinsbildung entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu fördern. Die Politik sollte mehr Anreize für eine nachhaltige regionale Landwirtschaft schaffen und die Forschungseinrichtungen vermehrt auf Entwicklungen alternativer Technologien setzen.
3) Welche Kooperationen gab es bereits mit der BOKU?
Seit vielen Jahren gibt es einen lebendigen Austausch zwischen der BOKU und uns. Insbesondere heben wir hier das Institut für Nutztierwissenschaften positiv hervor. Unter dessen Leitung sind auch zwei Projektarbeiten mit uns abgeschlossen worden, die wir gerne erwähnen möchten. Zum einen die Masterarbeit „Ganz, Gesund und Glücklich? Evaluierung des Tierwohls von Mastschweinen in einem österreichischen Label-Programm“. Und zum anderen ein groß angelegtes wissenschaftliches Kooperationsprojekt namens „SauWohl – Förderung von Tierwohl und Tiergesundheit durch fermentierte Kräuterextrakte in der Schweineaufzucht und Mast“. Beide Projekte haben Mut bewiesen, Neuland betreten und im positiven Sinne für Furore gesorgt.
4) Welche Erwartungen haben Sie an die agrarwissenschaftliche Forschung an der BOKU?
Wissenschaft besteht ja bekanntlich aus Versuch und Irrtum. Ich wünsche mir, dass die BOKU auch in Zukunft mit vollem Elan und Wissbegierde die Komplexität des Lebens mitsamt der uns bevorstehenden Herausforderungen ergründet. Wenn sich die Forschung ausreichend darum bemüht, neue Dinge zu denken, wird sie weiter an Zuspruch gewinnen.