Forschung trifft Praxis
1) Bitte geben Sie einen kurzen Überblick über Ihren Betrieb.
Ich bewirtschafte, seit 2022 als Betriebsleiter, einen Ackerbaubetrieb im Nebenerwerb mit 33 ha im Bezirk Melk. Daneben arbeite ich als Berater und Projektmanager bei der LK NÖ und beim Verein Boden.Leben. Ich habe an der BOKU studiert und den Bachelor in Agrarwissenschaften abgeschlossen.
Der Betrieb wird seit 1998 stufenweise und seit 2006 vollständig pfluglos bewirtschaftet – Zwischenfruchtanbau hatte dabei immer schon einen hohen Stellenwert. Seit 2021 stellen wir auf konservierende Landwirtschaft, also auf vollständige Direktsaat ohne Bodenbearbeitung, um. Die Bodenlockerung erfolgt vorwiegend über Wurzeln und Regenwürmer. Unsere Fruchtfolge umfasst Getreide – Mais – Sojabohne. Weizen und Roggen werden an eine lokale Mühle vermarktet, die Gerste und Körnermais gehen in die Schweinemast. Die Sojabohnen werden an einen lokalen Verarbeitungsbetrieb verkauft und werden zu 100% für die menschliche Ernährung verwendet.
2) Sie sind Mitglied bzw. Leuchtturmbetrieb bei den Boden.Pionieren und dem Verein Boden.Leben. Können Sie die Netzwerke kurz vorstellen?
Ich bin einer der ersten Leuchtturmbetriebe und war bereits im ersten Boden.Pioniere-Projekt dabei. Im Folgeprojekt bin ich mit einem Standort vertreten und als Koordinator über den Verein Boden.Leben und die LK miteingebunden, ich bin also in der Task Force von Gernot Bodner dabei. Der Verein Boden.Leben ist ein Netzwerk aus Praktiker*innen und BOKU-Wissenschaftler*innen, das im März 2019 gegründet wurde. Mittlerweile gibt es 650 Mitgliedsbetriebe v.a. aus Österreich, aber auch aus Deutschland, Schweiz, Frankreich, Belgien und Ungarn. Wir organisieren Feldtage, Fachtage, Workshops mit Trainer*innen zu bestimmten Themen sowie Webinare und sind auch sehr aktiv auf Social Media. Wir sind Mitveranstalter der Soil Evolution, einer 3-tägigen Großveranstaltung zum Thema Bodenfruchtbarkeit und Bodenaufbau.
3) Wie leicht/schwer gestaltet sich die Umsetzung von (universitären) Forschungsergebnissen und Erkenntnissen/Empfehlungen aus den Netzwerken in die Praxis bzw. Ihren Betrieb?
Durch mein BOKU-Studium kenne ich sowohl die Perspektive der Forschung als auch der Praxis. Wissenschaftler*innen kennen nicht immer die aktuellen Bedürfnisse der Landwirt*innen, umgekehrt fehlt der Praxis oft der Einblick in die Forschung. Wichtig wären eine bessere Kommunikation und eine praxisnahe Wissensaufbereitung und Verbreitung, damit Forschungsergebnisse für die Landwirt*innen nützlich und umsetzbar sind.
Die Boden.Pioniere-Projekte sind positive Beispiele. Landwirt*innen, die Flächen zur Verfügung stellen, nehmen an regelmäßigen Treffen teil, erhalten Updates und können sich aktiv an der Diskussion beteiligen. Am Ende werden die gesammelten Daten aufbereitet und den Landwirt*innen zur Verfügung gestellt, damit sie konkrete Maßnahmen für ihre Betriebe ableiten können.
In Vernetzungsprojekten werden öfter dieselben Landwirt*innen einbezogen, da sie bereits Erfahrung mit vergleichbaren Projekten verfügen. Ich selbst bin aktuell in 6 Forschungsprojekten mit Flächen beteiligt. Dabei könnten viel mehr Landwirt*innen von solchen Projekten profitieren, da Netzwerke wie Boden.Leben den Kontakt zwischen Landwirt*innen und Forschung erleichtern.
4) Welche Erwartungen bzw. Wünsche haben Sie an die agrarwissenschaftliche Forschung an der BOKU?
Es sollte mehr Projekte wie die der Boden.Pioniere, das Regenwurm-Projekt Soil Rise oder die BOKU-Beteiligung in EIP-Projekten zum Pflanzenschutz geben, da hier eine gezielte Vernetzung zwischen Forschung und Praxis stattfindet.