Ein wenig Geschichte
Pflanzenzüchtung hat an der BOKU eine lange Tradition
Unsere Geschichte beginnt mit der Gründung der k.k. Hochschule für Bodencultur (heute BOKU-University) im Jahr 1872.
Der Professor für Pflanzenbau Friedrich Haberlandt war seiner Zeit weit voraus. Er befasste sich von Anfang an mit Saatgut und Sorten, und er war der erste ausserhalb Asiens, der den hohen Stellenwert der Sojabohne erkannte und erforschte. Damit war Haberlandt ein führender Agrarwissenschaftler am Ende des 19. Jahrhunderts.
Carl Fruwirth las schon 1892, mehrere Jahre vor der Wiederentdeckung der Mendel'schen Vererbungsregeln, die erste Vorlesung für Pflanzenzüchtung an der damaligen k.k. Hochschule für Bodencultur. Das Fach war damals offenbar brandneu, denn nur 3 Jahre zuvor (1889) ist die erste akademische Vorlesung zu diesem Thema durch Kurt von Rümker an der Universität Göttingen verbrieft. Carl Fruwirth war ohne Zweifel ein führender Agrarwissenschaftler seiner Zeit, lehrte an der Hochschule für Bodenkultur, an der landwirtschaftlichen Akademie in Hohenheim (Baden-Württemberg) und der Technischen Hochschule in Wien. Der Name Carl Fruwirth ist bis heute eng verbunden mit der Landessaatzuchtanstalt Hohenheim in der Fruwirthstrasse. Carl Fruwirth war erster Herausgeber der Zeitschrift für Pflanzenzüchtung 1913, ein bis heute unter dem Namen Plant Breeding viel gelesenes und zitiertes wissenschaftliches Journal für Pflanzenzüchtung, sowie der auflagenstarken Lehrbuch-Reihe: Handbuch der landwirtschaftlichen Pflanzenzüchtung (Verlag Paul Parey) in fünf Bänden.
Erich Tschermak-Seysenegg lehrte an der BOKU von 1902 bis 1941. Er galt lange Zeit als einer der drei Wiederentdecker der Mendel'schen Vererbungsregeln, eine Zuschreibung die allerdings auch angezweifelt wurde. Unbestritten war Tschermak-Seysenegg eine prägende Figur der praktischen Pflanzenzüchtung und Züchtungsforschung sowie Träger zahlreicher Ehrungen und Auszeichnungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Hubert Bleier war als Cytogenetiker von 1941 bis 1945 a.o. Professor für Pflanzenzüchtung und Vererbungslehre.
1946 wurde die Lehrkanzel für Pflanzenzüchtung mit der Lehrkanzel für Pflanzenbau zusammengelegt im Institut für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung unter Leitung des Pflanzenbauers Ladislaus Michael Kopetz. Das Fach Pflanzenzüchtung wurde dabei von 1947 bis 1979 durch a.o. Professor Gustav Wunderlich vertreten.
Eine herausragende Persönlichkeit der österreichischen Pflanzenzüchtung seit 1945 war Hermann Hänsel, der als a.o. Professor pflanzenzüchterische Wahlfächer an der BOKU unterrichtete, sein Hauptaugenmerk allerdings der praktischen Züchtung und Sortenentwicklung widmete. Er entwickelte insgesamt 50 erfolgreiche Sorten bei Weichweizen, Durumweizen und Gerste.
Ab 1971 unterrichtete Peter Ruckenbauer das Fach Pflanzenzüchtung als Assistent, er folgte 1983 einem Ruf an die Universität Hohenheim. Die Lehre in Pflanzenzüchtung an der BOKU übernahm Dozent Rainer Hron.
Peter Ruckenbauer kehrte 1989 an seine BOKU zurück, durch sein Wirken wurde 1991 die Professur für Pflanzenzüchtung als eigenständiger Lehrstuhl, nach einer Vakanz von 45 Jahren wieder errichtet, und es folgten das eigenständige Institut für Pflanzenzüchtung sowie das Interuniversitäre Forschungsinstitut für Agrarbiotechnologie, das Prof. Peter Ruckenbauer durch viele Jahre leitete. Peter Ruckenbauer emeritierte 2005 und hinterließ ein wohlbestalltes Haus.
Seit 2009 leitet Hermann Bürstmayr das wissenschaftliche Fach Pflanzenzüchtung an der BOKU, das seit 2025 im Institut für Nutzpflanzenzüchtung und -genomik eine neue Heimat gefunden hat.
Referenz:
Steiner AM (1999) Zur Geschichte der Wiener Pflanzenzüchtung: Haberlandt, Fruhwirth, Ruckenbauer - Saat und Ernte. Die Bodenkultur, 50(3), 203-210. > volltext