Das Nagoya Protokoll ist ein völkerrechtliches Übereinkommen mit dem Ziel einen gerechten Vorteilsausgleich im Zuge der Nutzung von genetischem Material zu ermöglichen. Die sich daraus ergebenden Verpflichtungen für Nutzer*innen von genetischen Ressourcen sind auf EU-Ebene in der Verordnung (EU) Nr. 511/2014 geregelt.

Betrifft mich das Nagoya Protokoll?

Diese Regelungen betreffen Ihr Forschungsprojekt, wenn

  • Sie mit nicht-humanem genetischen Material arbeiten UND
  • dieses Material aus einem Staat bezogen oder dort isoliert/gesammelt wird/wurde (auch durch einen Dritten), der Vertragspartner des Nagoya Protokolls ist und Regelungen zum Zugang zu genetischen Ressourcen und/oder zum gerechten Vorteilsausgleich („ABS Gesetze“) erlassen hat UND
  • Sie im Zuge von Forschungs- oder Entwicklungstätigkeiten die genetischen oder biochemischen Eigenschaften/Funktionen des Materials untersuchen. Beispiele:
    • Genetische Analyse von Bakterien um Informationen über deren Zuckerstoffwechsel zu gewinnen → fällt unter Nagoya Protokoll
    • Genetische Analyse von Bakterien um diese taxonomisch einzuordnen → fällt nicht unter Nagoya Protokoll
  • Ausnahmen vom Nagoya Protokoll: Organismen, die unter bestimmte Verträge fallen (beispielsweise unter den Internationalen Vertrag über pflanzengenetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft oder Pandemic Influenza Preparedness Framework) und im Rahmen dieser verwendet werden
  • EU Länder, die das Nagoya Protokoll ratifiziert haben, aber keine ABS Gesetze erlassen haben: Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Niederlande, Österreich, Schweden, Slowakei, Tschechien, Ungarn

Ihre Verpflichtungen

Treffen alle oben genannten Punkte auf Ihr Forschungsprojekt zu, sind Sie verpflichtet

  • auf Ebene des Bereitstellerlandes: Die ABS Gesetze dieses Landes einzuhalten.
    • Zugangsverpflichtungen (Access obligations): Vor dem Erwerb des genetischen Materials wird der Zugang zu diesem in der Regel mittels einer PIC (Prior Informed Consent) Erlaubnis vom Bereitstellerland gewährt.
    • Verpflichtungen zum gerechten Vorteilsausgleich (Benefit Sharing obligations): Die vertraglichen Verpflichtungen zur Nutzung der genetischen Ressource werden üblicherweise mittels einvernehmlicher Bedingungen (MATs – Mutually Agreed Terms) zwischen dem Bereitstellerland und dem*der Nutzer*in vereinbart.
    • Das Bereitstellerland kann ein international anerkanntes Übereinstimmungszertifikat (Internationally Recognized Certificate of Compliance – IRCC) ausstellen, das die Einhaltung seiner ABS Gesetze durch den*die Nutzer*in bestätigt.
  • auf EU-Ebene: Eine Sorgfaltserklärung abzugeben, wenn Sie im Zusammenhang mit der Nutzung der genetischen Ressource Forschungsgelder empfangen haben. Diese erfolgt über das EU-Webtool DECLARE.
  • jegliche Dokumentation zum Zugang, zur Nutzung und zur Weitergabe des genetischen Materials 20 Jahre (ab Ende der Nutzung) aufzubewahren.
  • Wichtig: Selbst, wenn das Bereitstellerland keine ABS Gesetze erlassen hat, wird empfohlen, diesen Umstand zu dokumentieren.
  • Weitergabe von genetischem Material:
    • Wenn Sie genetisches Material (das unter das Nagoya Protokoll fällt) an einen Dritten weitergeben, müssen Sie sich vergewissern, dass dies laut MAT Bedingungen zulässig ist und den*die Empfänger*in über die Nutzungsbedingungen informieren.
    • Wenn Sie genetisches Material von einem Dritten beziehen, sind Sie verpflichtet sich davon zu überzeugen, dass das Material rechtmäßig erworben wurde (beispielsweise über PIC und MAT Dokumente).