Ein Forschungsteam der BOKU University hat weltweit alle Baumaterialien in Gebäuden kartiert – von Beton bis Kupfer. Die Daten zeigen: Reiche Länder haben viel mehr Baustoffe pro Kopf als arme, wodurch unsere Gesellschaften auch unterschiedlich anfällig für Krisen sind. Die Ergebnisse sollen helfen, Wohnen und Ressourcennutzung nachhaltiger und gerechter zu gestalten.

Globale Krisen wie Kriege, Pandemien und der Klimawandel stören zunehmend internationale Lieferketten – mit Folgen für Energieversorgung, Ernährung und Wohnen. Das Forschungsprojekt REMASS (Resilienz und Formbarkeit des sozialen Stoffwechsels) der BOKU untersucht, wie widerstandsfähig Gesellschaften gegenüber solchen Störungen sind – und wie sich ihr Ressourcenumgang nachhaltiger gestalten lässt.

Eine zentrale Grundlage dafür liefert die kürzlich im Journal of Industrial Ecology veröffentlichte Studie „Weighing the Global Built Environment“. In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt kartierte das Team erstmals die weltweiten Materialbestände in Gebäuden – mit einer bisher unerreichten räumlichen Auflösung von 90 Metern.

„Unsere Studie zeigt erstmals, wo auf der Welt Baumaterialien konzentriert sind – und wie ungleich der Zugang zu Ressourcen verteilt ist“, erklärt Helmut Haberl vom Institut für Soziale Ökologie an der BOKU und Projektleiter von REMASS. „Diese Daten helfen uns zu verstehen, wie anfällig unsere Gesellschaften für Krisen sind – und wie wir ihren Stoffwechsel nachhaltiger und gerechter gestalten können.“

Materialbestände in Gebäuden weltweit Globale Karte der Materialbestände in Gebäuden mit hoher räumlicher Auflösung. Quelle: Haberl et al. (2025), Journal of Industrial Ecology, CC BY-NC 4.0

Globale Karte der Materialbestände in Gebäuden mit hoher räumlicher Auflösung. Quelle: Haberl et al. (2025), Journal of Industrial Ecology, CC BY-NC 4.0

547 Gigatonnen Baumaterial weltweit

Weltweit sind rund 547 Gigatonnen (Milliarden Tonnen) Material in Gebäuden verbaut – etwa die Hälfte aller menschengemachten Materialvorräte, im Schnitt 72 Tonnen pro Person.
Die globale Karte unterscheidet 18 Materialtypen (von Beton bis Kupfer) in fünf Gebäudekategorien und zeigt deutliche Ungleichheiten: Während in Industrieländern über 300 Tonnen Material pro Kopf in Gebäuden stecken, sind es in den ärmsten Ländern weniger als 10 Tonnen.

„Länder mit hohem Einkommen verfügen pro Kopf über mehr als das Sechsfache an Baumaterialien wie einkommensschwache Länder. Ein deutlicher Hinweis darauf, wie weit wir von gleichwertigen Lebensbedingungen entfernt sind“, so Haberl.

Darstellung der globalen Ungleichverteilung von Baumaterialien nach Gebäudetyp, pro Kopf, Fläche und Wirtschaftsleistung (BIP). Quelle: Haberl et al. (2025), Journal of Industrial Ecology, CC BY-NC 4.0

Darstellung der globalen Ungleichverteilung von Baumaterialien nach Gebäudetyp, pro Kopf, Fläche und Wirtschaftsleistung (BIP). Quelle: Haberl et al. (2025), Journal of Industrial Ecology, CC BY-NC 4.0

REMASS untersucht Resilienz und Gestaltungsspielräume

Im Rahmen von REMASS werden verschiedene Fallstudien zum nachhaltigen Wohnen und zur Ressourcennutzung durchgeführt:

  • Nachhaltiges Wohnen in Österreich: Welche Wohnformen sind widerstandsfähiger gegenüber Krisen? Untersucht werden Eigentumsverhältnisse, Wohnflächennutzung und lokale Versorgungsstrukturen.
  • Nachhaltige Baumaterialien: Wie lassen sich energieintensive Baustoffe wie Beton durch erneuerbare Rohstoffe wie Holz ersetzen – und welche Folgen hat das für Biodiversität, Kohlenstoffspeicherung und Lieferketten?
  • Transformationspfade: Mithilfe dynamischer Modellierung werden Szenarien entwickelt, um Ressourcennutzung zu senken und gleichzeitig eine sichere Wohn- und Energieversorgung zu gewährleisten.

Alle Fallstudien betrachten zudem, wie stark sie von internationalen Lieferketten abhängen – und wie anfällig diese Systeme für Störungen sind.

Open Data für Forschung und Praxis
Die Materialbestandsdaten sind frei verfügbar und bieten eine einzigartige Grundlage für Forschung, Politik und Stadtplanung: DLR EOC GeoService – World Settlement Footprint 3D – Material Stock (Global, 90 m)

Weitere Informationen zum Projekt REMASS
https://remass.boku.ac.at/
https://forschung.boku.ac.at/de/projects/16097

Publikation
Haberl, H., Baumgart, A., Zeidler, J., et al. (2025). Weighing the Global Built Environment: High-resolution Mapping and Quantification of Material Stocks in Buildings. Journal of Industrial Ecology, 29, 159–172. https://doi.org/10.1111/jiec.13585

Das eigentliche Problem mit dem Klimwandel
Trotz jahrzehntelanger Klimapolitik, grüner Technologien und globaler Abkommen rückt die Lösung der Klimakrise nicht wirklich näher. In diesem Video erklärt Helmut Haberl, warum gutes Wissen nicht automatisch zu gutem Handeln führt.

Hinweis: Die Untertitel in diesem Video wurden automatisch erstellt. Sie helfen dabei, dem Inhalt zu folgen, geben das Gesprochene jedoch nicht immer wortgetreu wieder. 

Materialbestände in Gebäuden ausgewählter Städte weltweit

Wissenschaftlicher Kontakt

Helmut Haberl, Univ. Prof. Mag. Dr.
BOKU University
Institut für Soziale Ökologie
Mail: helmut.haberl(at)boku.ac.at
Tel.: +43 1 47654-73714

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