Ein zunehmender Anteil der globalen Ressourcen wird für die Versorgung städtischer Ballungsräume verwendet. In diesem Projekt haben wir den globalen Biodiversitäts-Fußabdruck (BDF) des städtischen Biomassekonsums untersucht und dafür die Auswirkungen des Verbrauches an Nahrungsmitteln sowie biomasse-basierter Energieträger und Materialien in der Stadt Wien (Österreich) auf den Verlust von Wirbeltierarten weltweit berechnet. Wir definieren den BDF dabei als die Anzahl der Wirbeltierpopulationen, die lokal auf der Landschaftsebene (ca. 80 km²) verschwinden. Wir haben eine neue Methode entwickelt, um den Verbrauch von Endprodukten zur Produktion von Biomasse-Rohstoffen und Landnutzung zurückzuverfolgen und mit dem Artenverlust in den Ursprungsregionen zu verknüpfen. Unser Ansatz ermöglicht es, Karten der BDF in hoher räumlicher und produktbezogener Auflösung zu erstellen und den Einfluss der Umwandlungseffizienz von Biomasse, der Landnutzungsintensität und des Artenreichtums in den Herkunftsregionen auf den BDF jedes spezifischen Produkts zu analysieren.

Abbildung 1: Zusammensetzung der in Wien verbrauchten Produkte aus Biomasse, der entsprechenden Biomasse Rohstoffe sowie der damit verbundene Flächenbedarf und Biodiversitätsfußabdruck. Oberhalb der Balken sind die Werte in absoluten Zahlen angegeben. Quelle: Semenchuk et al. 2023

Die Abbildung zeigt, dass die 1,7 Millionen Einwohner der Stadt Wien im Jahr 2010 1,76 Millionen Tonnen Trockenmasse (MtDM) als Nahrungsmittel, Energieträger und materielle Anwendungen verwendet haben. Um diese Güter zu produzieren, wurden weltweit 3,21 MtDM primäre Biomasse entnommen, was bedeutet, dass etwa 1,45 MtDM Biomasse bei Umwandlungsprozessen oder als Abfall verloren gingen. Um die 3,21 MtDM Primärbiomasse zu gewinnen, wurden in Österreich, Europa und dem globalen Umland rund 14500 km² Land auf unterschiedliche Weise genutzt, was etwa der 35-fachen Fläche Wiens entspricht. Der größte Teil des BDF fällt in Österreich und in den Nachbarländern an, etwa 20 % außerhalb Europas, vor allem in tropischen Regionen in Südamerika, Subsahara-Afrika und Asien. Der produktspezifische BDF variiert stark, wobei Fleisch von Wiederkäuern (Rind, Schaf) die höchsten Auswirkungen pro Tonne Trockenmasse aufweist, während bei pflanzlichen Produkten Genussmittel wie z.B. Kaffee, die hauptsächlich aus tropischen Regionen stammen, die höchsten Auswirkungen pro Tonne haben. In der Szenarioanalyse haben wir uns auf Veränderungen im Lebensmittelsystem konzentriert, da die Ernährung für den 58% des gesamten Artenverlustes durch den Wiener Konsum verantwortlich ist. Wir stellen fest, dass eine Umstellung auf vegetarische oder vegane Kost den Wiener BDF um bis zu 37 bzw. 43 % reduzieren kann. Eine Reduktion der Kalorienzufuhr auf das empfohlene Niveau und eine Verringerung der Lebensmittelabfälle kann den BDF weiters um bis zu 14% reduzieren. Auch eine Verringerung von Importen hin zu einem höheren Anteil an inländischer Produktion kann den BDF um 4,5 bis 21,4% reduzieren, da die Erträge in Österreich oft höher sind und der heimische Artenreichtum geringer als in anderen Ländern. Unsere Untersuchungen zeigen, dass die Änderung der Ernährungsgewohnheiten ein wichtiger Hebel zur Verringerung der urbanen Auswirkungen auf Biodiversität weltweit ist, zu dem die Städte zum Beispiel über die öffentliche Beschaffung direkt beitragen können.

 

Literatur:
Semenchuk, P., Kalt, G., Kaufmann, L., Kastner, T., Matej, S., Bidoglio, G., Erb, K.-H., Essl, F., Haberl, H., Dullinger, S., & F. Krausmann, 2023. The global biodiversity footprint of urban consumption: A spatially explicit assessment for the city of Vienna. Science of the Total Environment, 861, 160576,  https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2022.160576