Tropentag 2024: Internationale Konferenz zu Klimakrise, Hunger und Armutsbekämpfung
Rund 900 Teilnehmer*innen aus 80 Nationen und von 350 Institutionen besuchten die Veranstaltung vor Ort und auch online, um über diese aktuellen und drängenden globalen Herausforderungen in 70 Sessions und 30 Workshops zu diskutieren. Organisiert wurde die Konferenz, die bereits 2016 an der BOKU stattfand, vom Institut und dem Cluster für Entwicklungsforschung (IDR und CDR) und dem Rat für Tropen- und Subtropenforschung (ATSAF e.V.) in Deutschland. Das CDR und darüber hinaus das IDR setzen sich bereits seit über 15 Jahren für die Entwicklung resilienter und nachhaltiger Lösungen in den Tropen und Subtropen ein. Andreas Melcher vom IDR/CDR und Organisator des Tropentags 2024, beschreibt diese Arbeit wie folgt: „Wir arbeiten eng mit Akteur*innen aus Wissenschaft, Praxis, Zivilgesellschaft, Politik und Wirtschaft zusammen, um Strategien zu entwickeln, die globale Ungleichheiten reduzieren und sozial-ökologische Krisen resilient begegnen“.
Impulsreferate und Scientific Sessions
Im Vordergrund der 30 Oral und 40 Poster Sessions stand der dringend erforderliche Wandel von Ernährungs- und Agrarsystemen im ländlichen Raum. Nachhaltige und ökologische Bewirtschaftung waren daher ebenso Thema, wie der Schutz natürlicher Ressourcen und die Förderung gerechterer Wertschöpfungsketten – ein Aspekt, den auch Klimaschutzministerin Leonore Gewessler in ihren Grußworten betonte.
Anja Gassner, Europa-Direktorin des CIFOR-ICRAF, hob in ihrer Keynote Rede zudem die zentrale Bedeutung von Wäldern und Böden im Klimaschutz hervor. Sie verdeutlichte, dass gesunde Ökosysteme einen wesentlichen Beitrag zur CO2-Bindung und zur Stärkung der Biodiversität leisten. Die Notwendigkeit einer besseren Kommunikation zwischen Wissenschaft, Politik und Gesellschaft wurde besonders hervorgehoben. Jennie Barron von der SLU in Schweden unterstrich dies und zeigte anhand von Fallstudien, wie die landwirtschaftliche Produktion auf nachhaltige Weise intensiviert werden kann.
Johanna Jacobi von der ETH Zürich kritisierte in ihrem Vortrag das anhaltende Wachstumsparadigma, welches Überkonsum und die Priorisierung von Luxusbedürfnissen fördert. Jacobi forderte einen Paradigmenwechsel in den Agrarsystemen hin zu Suffizienz und Fürsorge und hob die zentrale Rolle der Agrarökologie hervor, um die Regeneration von Böden und die Autonomie der Landwirt*innen zu fördern. Johannes Waldmüller von der Universität Wien forderte ein Umdenken in Bezug auf Nachhaltigkeitsansätze im globalen Süden. Er hob indigene Konzepte wie „sustainability from below“ hervor und betonte die Notwendigkeit einer tiefen, gemeinschaftsorientierten Transformation.
Lerato Thakholi von der Wageningen University thematisierte in ihrem spannenden Vortrag die Wechselwirkungen von Arbeitsbedingungen und Naturschutz in Südafrika. Sie hinterfragte, ob der Biodiversitätsschutz tatsächlich zu einem besseren Leben beiträgt oder bestehende Ungleichheiten verstärkt. Ihre Analyse beleuchtete die Komplexität des Naturschutzes und die oft benachteiligte Rolle der Arbeiter*innen. Nzula Kitaka von der Egerton University referierte darüber hinaus über die Notwendigkeit klarer Ziele und Rollenverteilungen und über erfolgreiche wissenschaftliche Netzwerke als Modelle zur Bewältigung von Krisen.
Side Events and Workshops
Die insgesamt mehr als 500 wissenschaftlichen Vorträge wurden von über 30 Side Events und Workshops umrahmt. Unter anderem diskutierten Wissenschaftler*innen der ÖFSE und der BOKU, Vertreter*innen des BMEIA, des OEAD und der Aussenwirtschaft Österreichs über Strategien zur Umsetzung der SDGs. Von der Politik und den Universitäten wird auch in Zukunft eine noch engere Zusammenarbeit mittels globaler Partnerschaften auf Augenhöhe erwartet, wie sich diese beispielsweise in den Projekten UniNetz oder im AfricaUniNet widerspiegelt (weiterführende Infos siehe unten).
In einem weiteren Workshop und in Kooperation zwischen der Maasai International Solidarity Alliance (MISA), Institut für Entwicklungsforschung (IDR) BOKU, ADA, Welthaus Graz und der Coventry University (UK) wurde die Situation der Massai in Tansania thematisiert. Vertreter*innen zivilgesellschaftlicher Organisationen, Aktivist*innen und Forscher*innen beleuchteten kritisch die Landvertreibung und Menschenrechtsverletzungen, die im Zusammenhang mit neoliberalen Naturschutzansätzen stehen. Diese Art des „abgeriegelten Naturschutzes“ schließt die lokale Bevölkerung, im vorliegenden Beispiel die Massai, komplett aus und stellt sie als Bedrohung für die Natur dar. Dekoloniale Alternativen, fördern dagegen inklusive, gerechte und gemeinschaftsorientierte Lösungen. (mehr Informationen hier)
Neben dem Pastoralism Film Festival und dem schon traditionellen Fotowettbewerb fand in Kooperation mit internationalen Künstler*innen, der ADA, dem OEAD und IDR/CDR die Veranstaltung „Art in Science“ statt. Giovanna Chavez-Miguel und ihr Team luden die Teilnehmer*innen ein, in interaktiven Ausstellungen, Workshops und einem Agrarökologie-Filmfestival die Verbindung und möglichen Synergien von Kunst und Wissenschaft zu erkunden und hervorzuheben. Dabei wurde deutlich, welches Potenzial die Kunst hat, die Kluft zwischen verschiedenen Wissensformen zu überbrücken.
Nachhaltige Lösungen für globale Herausforderungen
Der Tropentag 2024 hat einmal mehr verdeutlicht, wie wichtig trans- und interdisziplinäre Zusammenarbeit und innovative Ansätze zur Bewältigung globaler Herausforderungen und Krisen sind. Die Erkenntnisse und Diskussionen der Konferenz werden als wertvolle Grundlage für zukünftig dringende Strategien und Lösungsansätze dienen. Teile der Veranstaltung werden demnächst auf dem BOKU YouTube Channel verfügbar sein. Wir bedanken uns auf diesem Weg ganz besonders beim Rektorat, sowie bei unzähligen BOKU Kolleg*innen und Sponsoren für die Unterstützung zum Tropentag 2024.
Wissenschaftlicher Kontakt
Priv.-Doz. DI Dr. Andreas Melcher
BOKU University
Institut für Entwicklungsforschung
Email: andreas.melcher@boku.ac.at
Telefon: +43 1 47654 93411
Institut für Entwicklungsforschung BOKU
Über den Tropentag (in a nutshell)
Die jährliche interdisziplinäre Konferenz zur Forschung in tropischer und subtropischer Landwirtschaft, Management natürlicher Ressourcen und ländlicher Entwicklung (TROPENTAG) wird gemeinsam von den Universitäten Berlin, Bonn, Göttingen, Hohenheim, Kassel-Witzenhausen, ZALF e.V. (alle Deutschland), der Universität Gent (Belgien), der Czech University of Life Sciences Prague (Tschechische Republik), der BOKU Wien (Österreich) und dem Rat für Tropen- und Subtropenforschung (ATSAF e.V.) in Kooperation mit dem GIZ-Fonds Internationale Agrarforschung (FIA) veranstaltet.
Weiterführende Informationen:
Österreichische Forschungsstiftung für Internationale Entwicklung