Das Projekt UniStrand eröffnet dem Holzbau völlig neue Möglichkeiten: Über 80 % Holzausbeute, die Nutzung von Laubholz und weniger hochwertigen Sortimenten – und dank variabler Dichte besonders ressourcenschonend.

Holz als Baustoff gewinnt im Zuge nachhaltigen Bauens zunehmend an Bedeutung. Es ersetzt energieintensive Rohstoffe, speichert langfristig Kohlenstoff und trägt damit aktiv zum Klimaschutz bei. Leuchtturmprojekte wie das LCT ONE oder das HoHo Wien zeigen eindrucksvoll, dass moderner Holzbau auch im mehrgeschossigen Bauwesen bestens funktioniert.

Konstruktive Holzwerkstoffe wie Brettsperrholz basieren derzeit fast ausschließlich auf Nadelschnittholz und weisen prozessbedingt derzeit eine geringere Rohstoffausbeute auf. Das liegt daran, dass aus geometrisch unregelmäßigem Rundholz geometrisch definierte Bretter hergestellt werden. Ein erheblicher Teil des Stammmaterials fällt dabei als Sägespäne und Hackgut an, die meist nur in Produkten mit geringerer Wertschöpfung wie Zellstoff, Papier oder Spanplatten genutzt oder als Brennstoff verwertet werden. Zusätzlich entstehen durch das Auskappen von Schwachstellen sowie beim Hobeln weitere Nebenprodukte, die in der Regel ebenfalls verbrannt werden. 

Hier setzt das Forschungsprojekt „UniStrand“ an, das vom Institut für Holztechnologie und Nachwachsende Rohstoffe an der BOKU gemeinsam mit Partnern aus Forschung, Wald- und Bauwirtschaft umgesetzt wird.

Bis zu 80 % Rohstoffausbeute durch Strands

Das Projekt hat zum Ziel, mit Hilfe sogenannter Strands – langer, schlanker Holzspäne, die bereits als Basis von OSB-Platten bekannt sind – einen neuartigen Baustoff für mehrstöckige Gebäude zu entwickeln. „Die damit erzielte Rohstoffausbeute von über 80 Prozent ist ein großer Vorteil gegenüber anderen Technologien, insbesondere weil auch bisher kaum genutzte Sortimente eingesetzt werden können. Da Strands vergleichsweise kleine Elemente sind, lassen sie sich einfach mischen – so können auch weniger typische Holzarten wie Buche, Eiche oder Pappel wirtschaftlich genutzt werden“, erklärt Studienleiter Johannes Konnerth.

Im Rahmen von UniStrand entstehen 7–17 cm dicke Plattenelemente, die aus kreuzweise verleimten, unidirektional ausgerichteten Strand-Platten gefertigt und speziell für den Holzbau entwickelt werden. Diese Einzelplatten dienen als berechenbares Zwischenprodukt mit deutlich verbesserten Festigkeitseigenschaften im Vergleich zu herkömmlichen Produkten wie OSB oder festigkeitssortierten Schnittholz, wie es für Brettsperrholz verwendet wird. Die notwendige Materialstärke sowie die Sperrwirkung gegen Quellen und Schwinden werden abschließend durch eine Kreuzlagenverklebung nach dem Vorbild von Brettsperrholz (BSP) erreicht.

Material nach Maß: Leistungsfähigkeit nur dort, wo sie gebraucht wird

Ein besonderes Merkmal des neuen Holzwerkstoffs: Die Strands von Laub- und Nadelhölzern können nicht nur gemischt, sondern auch in variabler Dichte gepresst werden. So lassen sich Platten mit höherer Festigkeit dort einsetzen, wo größere Lasten wirken, während in weniger beanspruchten Bereichen Material eingespart wird. Fenster- und Türöffnungen können direkt im Produktionsprozess ausgespart werden – ein weiterer Beitrag zur Ressourcenschonung.

Klimaschutz durch intelligente Holznutzung

Konnerth betont, dass sich die seit Jahrzehnten veränderten Waldstrukturen künftig verstärkt auf die Holzverfügbarkeit auswirken werden. Ein steigender Anteil von Laubbäumen, gemischtere Bestände und mehr minderwertige Sortimente stellen die Bauwirtschaft vor neue Herausforderungen. „Gerade deshalb ist es unerlässlich, Holz deutlich ressourceneffizienter zu nutzen. Wir müssen es zuerst für langlebige Bauprodukte einsetzen, die CO₂-intensive Materialien ersetzen und Kohlenstoff langfristig binden. Erst nach mehrfacher Wiederverwendung und Recycling sollte Holz als Brennstoff verwertet werden.“

Effiziente Nutzung entscheidet über Zukunft des Holzbaus

Das Forschungsteam weist zudem auf die globalen Dimensionen hin: Würden bis zu 90 Prozent der neuen mittelhohen städtischen Gebäude in Holzbauweise errichtet, könnte der jährliche Bedarf an gespeichertem Kohlenstoff 1,36 Gigatonnen erreichen. Dafür wären jedoch rund 6,1 Milliarden Kubikmeter Rundholz pro Jahr notwendig – weit mehr als die derzeitige weltweite Produktion von etwa 3,9 Milliarden Kubikmetern. „Diese Zahlen verdeutlichen, dass die effiziente Nutzung des wertvollen Rohstoffs Holz entscheidend ist, um das Potenzial im Bauwesen voll auszuschöpfen, ohne ökologische Grenzen zu überschreiten“, so Konnerth.

Das Projekt Uni.Strand – Holzbauwerkstoff der nächsten Generation (FFG 893351) wird im Rahmen von THINK.WOOD.Innovationen durch die Waldfond-Initiative des BML gefördert. Das Programm THINK.WOOD wird durch die FFG abgewickelt.

Projekt- und Kooperationspartner
Dynea AS
DIEFFENBACHER GMBH Maschinen-und Anlagenbau
Wirtschaftskammer Österreich Fachverband der Holzindustrie Österreichs
Hasslacher Holding GmbH
Henkel Central Eastern Europe GmbH
Holzcluster Steiermark GmbH
Huntsman Europe BV
Kompetenzzentrum Holz GmbH (Wood K Plus)
KremsChem Austria GmbH
Österreichische Bundesforste AG
RWT plus ZT GmbH
SWISS KRONO TEX GmbH & Co.
Universität Graz – Institut für Systemwissenschaften, Innovations- und Nachhaltigkeitsforschung

Wissenschaftlicher Kontakt

Univ.Prof. DI Dr. Johannes Konnerth
BOKU University
Institut für Holztechnologie und Nachwachsende Rohstoffe
Email: johannes.konnerth(at)boku.ac.at
Telefon: +43 1 47654-89159


 Auf einen Blick

UniStrand – Holzwerkstoff der nächsten Generation

  • Projektziel: Entwicklung eines neuartigen Baustoffs für mehrstöckige Gebäude mit über 80 % Holzausbeute.
  • Rohstoffvielfalt: Nutzung von Laubholz (z. B. Buche, Eiche, Pappel) ebenso wie von minderwertigeren Sortimenten – auch kombiniert – sorgt für hohe Flexibilität.
  • Innovative Platten: 7–17 cm dicke, kreuzweise verleimte Strandplatten mit höherer Festigkeit als OSB oder festigkeitssortiertes Nadelschnittholz; endgültige Stabilität durch CLT-ähnliche Kreuzlagenverklebung.
  • Material nach Maß: Variable Dichte ermöglicht Einsatz höherer Festigkeit nur dort, wo hohe Lasten auftreten; Fenster- und Türöffnungen können direkt im Produktionsprozess ausgespart werden.
     

Credit: Image generated with DALL·E 3 (OpenAI)

Globale Herausforderungen der massiven Holznutzung

Zwischen Baustoff, Energiequelle und Klimadruck

Wettbewerb um Holz: Holz wird nicht nur im Bauwesen eingesetzt, sondern auch für Textilien, Verpackungen und vor allem als Energiequelle – etwa 50 % des weltweiten Verbrauchs.

Klimawandel und Wälder: Die Waldzusammensetzung verschiebt sich hin zu widerstandsfähigeren, aber wirtschaftlich weniger rentablen Harthölzern. Das stellt eine Herausforderung für die Industrie dar, die vor allem auf die Verarbeitung von Nadelholz (Weichholz) ausgerichtet ist.

Widersprüchliche Prioritäten: Vor dem Hintergrund der globalen Energiekrise und der Notwendigkeit, Emissionen zu reduzieren, entsteht ein zunehmendes Dilemma zwischen der Nutzung von Biomasse für Energie (Einmalnutzung) und der Produktion langlebiger Produkte wie Baumaterialien.

Nachgefragt

Für Johannes Konnerth steht fest: Die Veränderungen in unseren Wäldern wirken sich mit einer Verzögerung von Jahrzehnten auf das Holzangebot und die Industrie aus. „

Hartholz oder Weichholz?

Weichholz punktet mit Leichtigkeit und Stärke
Weichhölzer wie Fichte lassen sich nicht nur einfacher verarbeiten, sie bieten auch ein hervorragendes Verhältnis von Festigkeit zu Gewicht. So erreicht Fichte bereits bei einer Dichte von 430 kg/m³ einen Elastizitätsmodul von 12 GPa, während Eiche denselben Wert erst bei 650 kg/m³ erzielt. Nur wenige Laubhölzer wie Buche oder Birke können hier mithalten – viele schneiden deutlich schlechter ab.

Mehr nutzbares Holz bei Nadelbäumen
Nadelhölzer wachsen schneller und liefern einen höheren Anteil nutzbarer Biomasse: 80–90 % im Vergleich zu 50–80 % bei Laubbäumen. Zwar erreichen manche Laubhölzer etwas höhere Festigkeiten, doch ihr Gewicht ist dafür unverhältnismäßig groß.

Die Zukunft liegt in cleveren Mischungen
Für den Holzbau der Zukunft wird es entscheidend sein, Laubhölzer sinnvoll einzusetzen. Mischungen aus Nadel- und Laubholz bieten dabei großes Potenzial: Sie lassen sich effizient verarbeiten, ohne die Materialeigenschaften wesentlich zu verschlechtern. Besonders leichtere Hölzer wie Pappel können hier sogar Vorteile gegenüber sehr dichten Harthölzern haben.

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