Im Projekt Prefab.Facade erforscht die BOKU University, wie maßgeschneiderte Holzfassaden für die thermische Sanierung künftig schneller, günstiger und umweltfreundlicher hergestellt werden können. Der Schlüssel liegt in einer intelligenten Kombination aus parametrischer Planung, durchgängigen digitalen Prozessketten und automatisierter Fertigung mit Industrierobotern. So entstehen innovative Lösungen, die nicht nur Effizienz und Wirtschaftlichkeit steigern, sondern auch Kreislauffähigkeit und Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt rücken.

Der Gebäudebestand verbraucht aktuell rund 80 % der gesamten Energie, die für Raumheizung benötigt wird. Entsprechend zählt die thermische Sanierung bestehender Gebäude zu den zentralen Herausforderungen unserer Zeit. Die derzeit eingesetzten Methoden und Systeme sind häufig nicht kreislauffähig, und es kommen überwiegend erdölbasierte Produkte zum Einsatz.

Die BOKU University forscht daher an seriell vorgefertigten Elementen aus nachwachsenden Rohstoffen als nachhaltige Alternative. Bislang werden Holzrahmenelemente überwiegend manuell geplant – unterstützt von digitalen Zeichenprogrammen – und nach wie vor von Hand gefertigt. Dieser aufwendige Prozess bindet viel Personal, das immer knapper wird.

Im Projekt Prefab.Facade entwickelt ein BOKU-Forschungsteam gemeinsam mit 16 Partnerinstitutionen aus der Privatwirtschaft sowie dem Projektträger, dem ecoplus Bau.Energie.Umwelt Cluster Niederösterreich, innovative Wege, um Planung, Herstellung und Montage von Holzfassaden nicht nur schneller und kostengünstiger, sondern vor allem nachhaltiger zu gestalten.

Roboter machen Fassadenbau konkurrenzfähig

„Den Prozess gibt es schon länger, das Problem war jedoch stets, dass er zu teuer war. Wir wollten herausfinden, wie man ihn effizienter gestalten und dadurch auch wirtschaftlich konkurrenzfähiger machen kann“, erklärt BOKU-Studienleiter Benjamin Kromoser vom Institut für Hochbau, Holzbau und Kreislaufgerechtes Bauen.

Das Forschungsprojekt gliederte sich in drei zentrale Arbeitsschritte:

1. Analyse und digitale Planung
Um maßgeschneiderte Fassadenelemente fertigen zu können, mussten die Forscher*innen zunächst den Gebäudebestand genau erfassen – inklusive Zustand, Geometrie und verwendeter Materialien. Dafür kamen verschiedene digitale Vermessungssysteme zum Einsatz. Mithilfe von Reverse Engineering wurden die relevanten Systemparameter abgeleitet. „Unser Ziel war es, aus den erhobenen Daten belastbare Modelle für die weitere Segmentierung oder Standardisierung zu entwickeln“, so Kromoser.
Parallel dazu wurde der gesamte Planungsprozess digitalisiert und optimiert. Das erleichtert nicht nur die Planung selbst, sondern sorgt auch für eine direkte Anbindung an die Fertigung und ermöglicht eine kontinuierliche ökologische und ökonomische Bewertung der Ergebnisse.

2. Automatisierte Fertigung
Auf Basis der gewonnenen Daten wurden die Holzrahmenelemente hergestellt. Besonderes Augenmerk lag dabei auf der Nutzung von Industrierobotern für den Zusammenbau der Rahmen. Diese sind nicht nur flexibler und effizienter als klassische Herstellungsverfahren, sondern auch vergleichsweise kostengünstig erhältlich.

3. Montage am Bestandsgebäude
Im letzten Schritt wurde der Montageprozess getestet. Dazu errichteten die Forschenden mehrere vollmaßstäbliche Prototypen im BOKU-Roboterlabor in Groß-Enzersdorf. Getestet wurden unterschiedliche Beplankungen – darunter Holz, Aluminium, Aluminium-Verbund, Photovoltaik-Module und Ziegel –, um die Praxistauglichkeit und Vielfalt der Fassadenelemente zu demonstrieren.

Grundlage für nachhaltige und leistbare Sanierungslösungen

Dank der intensiven Vorplanung lassen sich Montageprozesse deutlich vereinfachen und die Bauzeiten erheblich verkürzen. Das BOKU-Projekt Prefab.Facade liefert wichtige Erkenntnisse, wie solche Systeme effizienter geplant, vorgefertigt und montiert werden können – und wie sie zugleich ökologisch und ökonomisch optimiert werden können. Darüber hinaus schafft das Projekt eine solide Grundlage für die Branche, um künftig innovative und wirtschaftlich konkurrenzfähige Alternativen zu herkömmlichen Wärmeverbundsystemen am Markt anzubieten.

Wissenschaftlicher Kontakt

Benjamin Kromoser, Univ.Prof. Dipl.-Ing.Dr.techn. B.Sc.
BOKU University
Institut für Hochbau, Holzbau und Kreislaufgerechtes Bauen
Tel.: +43 1 47654-87611
Mail: benjamin.kromoser@boku.ac.at

Projektpartner

  • ecoplus Bau.Energie.Umwelt Cluster Niederösterreich
  • Koppelhuber² und Partner ZT OG
  • MAGK Architektur
  • VÖZ - Verband österreichischer. Ziegelwerke
  • Vinzenz Harrer GmbH
  • SIHGA GmbH
  • fischerwerke GmbH & Co. KG
  • ÖFHF – Österreichischer Fachverband für hinterlüftete Fassaden
  • PREFA Aluminiumprodukte GmbH
  • Keplinger GmbH
  • einszueins architektur ZT GMBH
  • Sto Ges.m.b.H.
  • nonconform zt gmbh
  • Metallica Stahl- und Fassadentechnik GmbH
  • Georg Fessl GmbH
  • utb Laser und Vermessungstechnik GmbH
  • FCP Fritsch, Chiari & Partner ZT GmbH
  • O.K. Energie Haus GmbH

Ein Blick auf das Institute of Green Civil Engineering

Energieverbrauch im Bausektor

Laut dem Bericht „Energie in Österreich. Zahlen, Daten, Fakten 2024“ des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie entfallen rund 23 Prozent des gesamten österreichischen Energiebedarfs auf Raumwärme und Klimatisierung in privaten Haushalten. Effizienzsteigerungen im Gebäudebereich spielen daher eine zentrale Rolle für die Senkung des Energieverbrauchs.

Vor allem ältere Gebäude sind für den hohen Bedarf verantwortlich: Rund 30 Prozent der Österreicher*innen leben in Häusern aus den 1960er- oder 1970er-Jahren, weitere 30 Prozent sogar in noch älteren Bauten. Neu errichtete Gebäude tragen hingegen nur zehn bis 20 Prozent zum gesamten Energieverbrauch bei, da für sie längst strengere Anforderungen an die Wärmedämmung gelten.

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