Zukunft braucht Zirkularität

Der Zirkularitätsfaktor (ZiFa 1.0) als Grundlage für die Bewertung der Kreislauffähigkeit von neuen und bestehenden Gebäuden.

Dieser Artikel stammt aus der 3. Ausgabe des BOKU Magazins 2025 “Bastlerhit Zukunft: Wie wir morgen bauen werden”.

„Das Besondere am ZiFa: Der Fokus liegt nicht auf einzelnen Teilaspekten der Kreislauffähigkeit von Gebäuden sondern es wird versucht die Thematik möglichst gesamtheitlich zu betrachten.“

Eine nachhaltige Transformation des Bauwesens kann nur dann gelingen, wenn Kreislaufwirtschaft als Grundprinzip verstanden und gelebt wird. Mit dem Zirkularitätsfaktor ZiFa 1.0 wurde im Auftrag der Stadt Wien ein neues, praxisnahes Instrument entwickelt, um genau diesen Wandel mess- und gestaltbar zu machen. Der vom Institute of Green Civil Engineering (IGCE) in enger Zusammenarbeit mit dem Institut für Abfall- und Kreislaufwirtschaft wissenschaftlich entwickelte Bewertungsrahmen bietet erstmals eine systematische Möglichkeit, die Kreislauffähigkeit von Gebäuden zu erfassen und vergleichbar zu machen.

Ein Werkzeug für die Planungs-und Bewertungspraxis

Der ZiFa 1.0 wurde im Rahmen des Programms DoTank Circular City Wien 2020–2030 als Teil einer zukunftsorientierten Stadtentwicklungspolitik konzipiert. Der Leitfaden definiert acht unterschiedliche zentrale Bewertungsindikatoren sowie insgesamt 31 Sub-Indikatoren (siehe Abbildung 1). Der Ansatz ist inspiriert von der Abfallhierarchie der EU-Abfallrahmenrichtlinie. Je weiter unten man sich bei den Indikatoren befindet, desto größer ist der Aufwand der Maßnahme. Ziel ist es, bereits in der Planungsphase fundierte Aussagen über das zirkuläre Potenzial eines Gebäudes treffen zu können.

Das Besondere am ZiFa: Der Fokus liegt nicht auf einzelnen Teilaspekten der Kreislauffähigkeit von Gebäuden sondern es wird versucht die Thematik möglichst gesamtheitlich zu betrachten. Damit geht der ZiFa 1.0 über bestehende Bewertungssysteme hinaus und öffnet damit neue Perspektiven.

Die Entwicklung

Basierend auf einer systematischen Analyse bestehender Bewertungssysteme und Zertifizierungsmodelle wurde ein eigens abgestimmtes Indikatorenset entwickelt, das sich an europäischen Vorgaben wie der EU-Taxonomie, der Abfallhierarchie und den Zielen der Kreislaufwirtschaftsstrategie der Stadt Wien orientiert.

Der partizipative Entwicklungsprozess setzte bewusst auf Praxiseinbindung: Architekturbüros, Bauträger*innen, Verwaltungsstellen und verschiedene Stakeholder der Stadt Wien waren aktiv eingebunden. So entstand ein Orientierungsleitfaden, der sich nicht nur auf theoretische Grundlagen stützt, sondern auch die Anforderungen und Bedingungen aus dem Alltag der Planung und Umsetzung berücksichtigt.

Bewertungsindikatoren des ZiFa 1.0.

Bewertungsindikatoren des ZiFa 1.0.

Vom Papier in die Praxis

Die Veröffentlichung vom ZiFa 1.0 im April 2024 markiert einen wichtigen Meilenstein. Derzeit werden im Rahmen von Folgeaktivitäten erste Pilotprojekte begleitet, um die Anwendbarkeit der ZiFa-Indikatoren in der Praxis zu testen. Dabei geht es nicht nur um die technische Umsetzung, sondern auch um Fragen der Kommunikation, Dokumentation und Integration in bestehende Genehmigungs- und Vergabeverfahren.

Der Ausblick ist klar formuliert: In den kommenden Jahren soll auf Basis dieser Erfahrungen eine Version ZiFa 2.0 entstehen, die auf weitere Gebäudetypen anwendbar ist und als möglicher Standard in Planungsrichtlinien und Förderinstrumente einfließen kann. Die Stadt Wien hat sich zum Ziel gesetzt, ab 2030 zirkuläres Bauen zum Standard zu machen – Der ZiFa ist ein zentrales Werkzeug auf diesem Weg.

Zirkularität als Gestaltungsauftrag

Für das IGCE ist der ZiFa 1.0 mehr als ein Bewertungsrahmen – es ist eine wissenschaftlich fundierte Definition, was Kreislauffähigkeit im Bauen bedeutet und damit eine wesentliche Basis für aktuell laufende und zukünftige Forschungsaktivitäten. Zirkularität wird nicht als Einschränkung verstanden, sondern als Potential, um das Bauwesen zukunftssicher zu machen.

Die Erfahrungen aus dem ZiFa fließen am IGCE direkt in andere Forschungsprojekte ein. Auch in der Lehre zeigt sich der Mehrwert: Studierende des Masterprogramms Green Civil Engineering lernen, was kreislaufgerechtes Bauen bedeutet und wie ist eine Umsetzung in der Praxis möglich zu erhöhen.

Von Benjamin Kromoser, Mathias Hammerl, Marion Huber-Humer, Stefan Salhofer und Astrid Allesch

DI Dr. Mathias Hammerl ist Universitätsassistent am IGCE, Univ.Prof.in Dr.in Marion Huber-Humer, Ao.Univ.Prof. Dr. Stefan Salhofer und Dr.in Astrid Allesch forschen und lehren am Institut für Abfall- und Kreislaufwirtschaft.