Die Entstehung von Landschaft – Global Design Studio in Delft/NL

In der Lehrveranstaltung „Global Design Studio“ am Institut für Landschaftsarchitektur  wurde im Sommersemester 2007 eine niederländische Landschaft bearbeitet. Auf Einladung von Eric Luiten, Professor für Kulturgeschichte und Entwurf, bearbeiteten Studierende aus Österreich, Portugal, Slowakei, Spanien, Polen und Serbien an der TU Delft ein holländisches Gebiet. Von Srdan Ivkovic De Ronde Venen ist eine in verschiedenen Etappen trockengelegte Polderlandschaft, deren Landwirtschaft  der ökologischen und rekreativen weichen soll. Mühsam gewonnenes Land soll nicht mehr mit hohem Energieaufwand ausgepumpt sondern dem Wasser zurückgegeben werden. Die Geschichte soll lesbar und die Landschaft für Freizeit und Erholung genutzt werden. Das Projekt „Escalonado“ wurde von Christina Moya (Spanien), Srdan Ivkovic (Serbien/Österreich) und Monika Wachtryk (Polen) bearbeitet und von Dagmar Grimm-Pretner, Lilli Licka und Eric Luiten betreut. Das Bearbeitungsgebiet befindet sich im so genannten Grünen Herz, ein Areal, das vor vierzig Jahren als Muster für Naturschutzflächen, Ackerland, Seen und Dörfer konzipiert worden ist und nun von einem Netz der großen urbanen Räume (Amsterdam, Utrecht, Rotterdam) begrenzt ist. Aufgrund der Entwicklungen am Immobilienmarkt und durch die steigende Bedeutung von ökologisch nachhaltigen Räumen ist dieses Konzept nun verstärktem Druck von Innen und Außen ausgesetzt. Die Region sucht nach neuer Identität, Funktion und Positionierung in der dynamischen Umgebung. Stetige Erweiterung der Siedlungsfläche mit dazugehöriger Infrastruktur, Abnahme der Agrarflächen und zunehmende Bedeutung von ökologisch wertvollen Lebensbereichen bilden den Rahmen und stellen die Anforderungen an die zeitgenössische Landschaftsarchitektur der Niederlande. Die Erhaltung der Kulturlandschaft gewinnt mit dem stärkeren Einfluss der Öffentlichkeit auf die Entscheidungsfindung zunehmend an Bedeutung. Das Projekt Escalonado (span. treppenförmig) versucht aktuellen und kommenden Anforderungen in Landschaftsarchitektur und Wasserwirtschaft zu begegnen. Es wurden Szenarien entwickelt, die durch die Regulation des Grundwasserspiegels entstehen. Die Idee ist eine pragmatische Lösung, die Wasser nicht als Gegner wahrnimmt sondern seine Präsenz für planerische Vorhaben nutzt. Das Konzept ist ein flexibles System, das mit verschiedenen Umsetzungsmöglichkeiten arbeitet. Die entstehenden Flächenkombinationen bieten für jeweils aktuelle Ansprüche und Entwicklungen optimale Lösungen an. Mit der Regulation der Wassermenge bestimmen sich Funktion und Nutzung der Becken. Die wichtigste Frage lautet: Wie könnte eine große Wassermenge in ein Gebiet ein- und ausgeführt werden ohne dabei die Nutzungsqualität zu reduzieren? Eine Aufteilung der Becken auf drei Niveaus (siehe Abb. 2) ermöglicht die Bildung von Zonen mit Funktionen, die sich in diversen Szenarien verändern und regulieren lassen. Szenario 1. In dem Gebiet dominiert die Wasserfläche. Die Wasserspeicherung ist die Primäraufgabe und das Gebiet bekommt einen naturnahen Charakter. Geringerer Einfluss und geringere Präsenz der Menschen begünstigen die Bildung von Biotopen, die durch private oder öffentliche Naturschutzorganisationen betreut werden. Eine Zunahme des ökologischen Werts des Areals ist die Folge. Freizeitaktivitäten beschränken sich auf das erste Niveau und auf den Rand der Gebiete entlang der Dämme. Szenario 2. Die Abnahme der Wassermenge lässt mehr Fläche für die Freizeit frei. Spazierengehen , Rad- oder Kajakfahren sind nur einige von vielen möglichen Aktivitäten. Der Ausbau der permanenten Infrastrukturen ist nicht notwendig. Die zunehmende Zahl von TouristenInnen unterstützt die regionalen Bauern und Bäuerinnen dabei, ihre Produkte zu vermarkten. Biotope werden punktuell erhalten. Szenario 3. Minimale Wassermenge in den Becken – das Gebiet dient als Freizeitzone. Die BesucherInnen kommen aus nahegelegenen  Städten. Die Regionalwirtschaft bezieht sich auf Tourismus, der Ausbau der benötigen Infrastruktur folgt. Anstatt Agrarfläche werden naturnahe Räume in der Region gebildet. Das Szenario folgt aktuellen Tendenzen in der Raumplanung und Landentwicklung, es ist jedoch reversibel. Back to the Future Besonders der ländliche Raum der Niederlande wird derzeit grundlegend verändert.  Hier stellt sich die Frage, wie die Verbindung zwischen der neuen Landschaft und ihrer Entstehungsgeschichte erhalten werden kann. Welche Qualität die neuen Landschaften erhalten sollen ist Inhalt intensiver öffentlicher Diskussion. Ein musealer Ansatz, der auf Denkmalpflege und -erhaltung basiert, erwies sich für Landschaft als ungeeignet. Während die alten architektonischen Bauten restauriert werden können und neue Funktionen bekommen, ohne dabei ihre Form oder ihr Erscheinungsbild zu verändern, ist das für Landschaft nicht möglich. Die Frage der Formqualität kann nicht von Funktion und Maßstab getrennt werden (vgl. Sijmons 2002, S.157). Im Projekt Escalonado ist die Erhaltung historischen Erbes Bestandteil des Konzeptes. Dabei wurde das Projekt vom niederländischen, pragmatischen Verhalten zur Natur  inspiriert, das historisch auf Notwendigkeit und Nutzen basiert. Denn die Fragen nach Funktionalität, Nutzung und Relation zur Umgebung scheinen uns nicht zuletzt auch wegen der aktuellen Herausforderungen wie Klimawandel, Anstieg des Meeresspiegels und soziökonomischen Entwicklungen am wichtigsten. Srdan Ivkovic: Studium an der Universität für Bodenkultur Wien, BU Belgrad, Mitarbeiter bei rajek barosch landschaftsarchitektur, SIJMONS , Dirk (2002):  = Landscape , Verlag Architectura + Natura  Amsterdam

De Ronde VenenSchnitteSzenario 1
Szenario2Szenario3