Medikamente aus gentechnisch veränderten Pflanzen im Kliniktest (08.08.2011)

Gentechnisch veränderte Pflanzen können wertvolle Medikamente produzieren. Jetzt kommen Antikörper, die in Pflanzen hergestellt wurden, erstmals auch in Europa in die klinische Testphase. Die zuständige britische Behörde hat den klinischen Untersuchungen an der University of Surrey zugestimmt und die Entscheidung wurde kürzlich in einer Pressekonferenz in London bekannt gegeben. Bei dem Antikörper handelt es sich um einen HIV-neutralisierenden Antikörper, der ursprünglich am Department für Biotechnologie der BOKU Wien (Arbeitsgruppe Prof. Renate Kunert) in Zusammenarbeit mit dem österreichischen Biotech-Unternehmen Polymun Scientific GmbH entwickelt wurde. Der konventionell in tierischer Zellkultur gewonnene Antikörper hat sich bereits in der Vergangenheit in klinischen Studien bewährt. Die Produktion in Pflanzen ist erheblich günstiger und unkomplizierter als die Herstellung durch Bakterien oder tierische Zellen in fermentativen Prozessen. Um Tabakpflanzen in Antikörper-Fabriken zu verwandeln, wurden an der Technischen Hochschule Aachen im Forscherteam von Prof. Eva Stöger (mittlerweile BOKU, Wien) bestimmte Gene eingeschleust, die dafür sorgen, dass die Blätter der Pflanzen die gewünschten Proteine herstellen. Die Tabakpflanzen wurden dann in Glashäusern angebaut und in einer lizensierten Anlage des Fraunhofer-Instituts für Molekularbiologie und Angewandte Ökologie in Aachen verarbeitet. Günstige Produktion ist von besonderer Bedeutung für den geplanten Einsatz des Antikörpers als Vaginalgel, das Frauen - insbesondere auch in Entwicklungsländern - vor einer HIV-Infektion schützen könnte. Die ersten Untersuchungen an Patientinnen sollen jetzt zeigen, dass die Antikörper keine Nebenwirkungen haben und sicher sind. Der nächste Schritt wird dann sein, ihre Wirksamkeit zu beweisen und ein Kombinationspräparat mit weiteren Mikrobiziden zu entwickeln, um einen möglichst breiten Schutz vor HIV/AIDS zu erzielen. Mit dem klinischen Test geht auch das EU-Projekt Pharma-Planta in die letzte Phase: Seit 2004 entwickeln 30 Partner aus Universitäten und Industrie einen Produktionsprozess für rekombinante pharmazeutische Proteine aus modifizierten Pflanzen. Von der Universität für Bodenkultur Wien sind gleich vier Forschungsgruppen (jene von Eva Stöger, Renate Kunert, Herta Steinkellner und Friedrich Altmann) an der Zusammenarbeit beteiligt. Das Projekt soll zeigen, dass die Herstellung funktioniert, den hohen Anforderungen der Good Manufacturing Practice genügt und dass die Proteine wirksam sind. Prof. Julian Ma, der wissenschaftliche Koordinator des Projektes, erklärte in London: »Dies ist ein großer Tag für das Projekt. Die Zustimmung der europäischen Zulassungsbehörde für den Start der klinischen Studien bedeutet für uns die Anerkennung, dass von Pflanzen erzeugte Antikörper die gleiche Qualität haben wie mit konventionellen Methoden erzeugte. Das ist etwas, von dem man lange nicht gedacht hat, dass es möglich sein könnte«. Ausgewählte Presseclippings:
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Univ.Prof. DI Dr. Eva Stöger
BOKU-Department für Angewandte Genetik und Zellbiologie
Tel.: 06502106786
eva.stoeger(at)boku.ac.at
Univ.Prof. DI Dr. Renate Kunert
BOKU-Department für Biotechnologie
Tel.: (Wien) 47654 6595
renate.kunert(at)boku.ac.at