Abstract
Abhängig von den lokalen Rohmaterialressourcen war Lehm über Jahrhunderte als Baumaterial in vielen Regionen Österreichs von Bedeutung und damit ein zentraler ökonomischer und gesellschaftlicher Treiber. Mit dem lokalen Vorhandensein von bestimmten Lehmqualitäten wurden bestimmte Lehmbautechniken zu unverwechselbaren traditionellen Markern in der Weinviertler Kulturlandschaft. Die meisten der ehemaligen Abbaustellen sind heute stillgelegt und der Öffentlichkeit nicht (mehr) bekannt. Lehmbauten werden häufig umgebaut oder abgebrochen, was ein kontinuierliches Schwinden des traditionellen Lehmbaubestandes und damit eines Teils der Weinviertler Bauidentität bedeutet.
Neuerdings gewinnt Lehm als zeitgemäßes Baumaterial wieder an Bedeutung, vorrangig aus ökologischen Gründen. Eine fundierte Kenntnis über traditionelle Lehmbaustrukturen unterstützt dabei ein Verständnis für den kulturellen, gesellschaftlichen und landschaftlichen Einfluss des Materials Lehm. Dieses Verständnis und die damit in Verbindung stehende Bewusstseinsmachung sind entscheidend für einen angepassten Umgang mit Lehm im Zuge von Neubauten, Umbauten und Sanierungen. Zusammen mit diesem erhöhten Bewusstsein zur Einmaligkeit des kulturellen Bestandes ist eine vermehrte Entscheidung für den Erhalt und gegen den Abriss von traditionellen Lehmbauten zu erwarten.
Bis heute gibt es keine Daten über den tatsächlichen Lehmbaubestand im Weinviertel. Diese Daten wären jedoch entscheidend für strukturelle raumplanerische Maßnahmen. Die Erhebung erfordert lokales und historisches Wissen, weshalb die Daten im Rahmen eines Citizen Science Ansatzes erhoben, klassifiziert und ausgewertet werden sollen. Gemeinsam mit GeologInnen, JuristInnen, LehmbauexpertInnen und dem Museumsdorf Niedersulz werden die inhaltlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen entwickelt und als Citizen Science Projekt im niederösterreichischen Weinviertel umgesetzt und implementiert.
Das Projekt „Lehmbau im Weinviertel“ zielt darauf ab, das traditionelle Baumaterial Lehm, das über Jahrhunderte „Gestalter“ unserer Kulturlandschaften war, zu erhalten. Citizen Scientists tragen mit ihrem lokalen und historischen Wissen dazu bei, alte Lehmbauten und Lehmbaustellen im Weinviertel zu finden und zu beschreiben. Die Beiträge der Citizen Scientists werden auf einer Website als WebGIS-Anwendung veröffentlicht und durch weitere Analysen ergänzt und erweitert. Damit soll eine Anwendung entstehen, die einerseits ein virtuelles Erleben dieser Orte ermöglicht und auch dazu animiert, diese Orte in der Realität aufzusuchen, um dort ein Stück Kulturlandschaftsgeschichte zu erleben.
Projektpartner
Department für Bautechnik und Naturgefahren (Institut für angewandte Geologie)
Department für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (Institut für Rechtswissenschaften)
Mitarbeiter/innen
Schauppenlehner Thomas, Projektleiter
Eisenberger Iris, Sub-Projektleiterin
Eder Renate, Projektmitarbeiterin
Muhar Andreas, Projektmitarbeiter
Ottner Franz, Projektmitarbeiter
Salak Boris, Projektmitarbeiter
Annemarie Hofer, Projektbeteiligte
Gefördert durch:
Ein Projekt durchgeführt im Rahmen der Initiative Top Citizen Science, gefördert vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft.