Auf dem Weg in eine nachhaltige Zukunft bestehen viele Hürden, die selbst nachhaltige Ansätze in nicht-nachhaltige Praxis verwandeln. Auch die Innovationen der Bioökonomie können davon betroffen sein. Zentral für eine verantwortungsvolle Anwendung dieser Innovationen sind deren zugrundeliegenden Annahmen über die strukturellen Hürden, und wie sie zu überwinden oder zu umgehen sind. Das BOKU Bioökonomieverständnis dient als Orientierungshilfe, um Forschung, Lehre und Entwicklung innerhalb der Bioökonomie zu verorten, und schafft eine interdisziplinäre Kommunikationsbasis, deren Erarbeitung selbst bereits dazu beiträgt, die Bioökonomie greifbar und verständlich zu machen, und für das eigene Anwendungsgebiet zu erschließen.

Das vorliegende Dokument ist ein erster Entwurf des BOKU Bioökonomieverständnisses, und soll die Angehörigen der BOKU dazu anregen, sich mit der Bioökonomie und ihrer Relevanz für den eigenen Arbeits- und Studienbereich, bzw. dessen Relevanz für die Bioökonomie, zu beschäftigen.

BOKU Bioökonomieverständnis (Entwurf)

 

Rückmeldungen zum Entwurf sind von allen BOKU-Angehörigen bis 31.12.2024 per Email an Bernhard Kastner ausdrücklich erbeten.

 

Wofür ein BOKU Bioökonomieverständnis?

Seit der Jahrtausendwende hat die Bioökonomie als politisches Projekt Fahrt aufgenommen, und damit aber auch zur Unschärfe des Begriffs beigetragen. Abgeleitet aus einer wissenschaftliche Analyse über die Umweltauswirkungen wirtschaftlicher Aktivität, war die Bioökonomie ursprünglich als Entwurf für eine Postwachstumsgesellschaft gedacht. Mit dem Aufkommen inter- und nationaler Bioökonomiestrategien wurden biobasierte Produktions- und Verarbeitungsmethoden hingegen als Wachstumsmotor für die Wirtschaft kommuniziert. Zwischen diesen beiden Ansätzen spannt sich ein breites Feld an Interpretationsmöglichkeiten der Bioökonomie auf, in dem sich teils widersprüchliche Umsetzungspfade entwickeln. Das BOKU Bioökonomieverständnis erfüllt in diesem Feld mehrere Funktionen:

  • Die Erarbeitung des Bioökonomieverständnisses initiiert einen partizipativen Diskurs, und
  • wirkt damit bewusstseinsbildend bei Forschenden, Lehrenden, und Studierenden.
  • Ein gemeinsames Verständnis unterstützt kontinuierlich arbeitsfähige und vernetzte Strukturen, und
  • ermöglicht die Überprüfung von Forschungszielsetzungen.
  • Es bietet einen Orientierungspunkt für Forschung und Lehre, und
  • ist Grundlage für strategische Entscheidungen bei Verwaltung und Leitung der Universität.
  • Das BOKU Bioökonomieverständnis setzt richtungsweisende Impulse in der wissenschaftlichen Gemeinschaft,
  • katalysiert die Entwicklung einer nachhaltigen Bioökonomie,
  • und trägt zu einer verantwortungsvollen Forschung bei.

Zur Entwurfsgenese

Das Thema Bioökonomie beschäftigt die BOKU bereits seit vielen Jahren, sowohl implizit seit Anbeginn (Forst- und Agrarwirtschaft sind Kernelemente der Bioökonomie, die Bodenkultur gewissermaßen ihre Grundlage), als auch explizit seit den 2010er Jahren, als das Thema Einzug in den BOKU Entwicklungsplan 2015 hielt. Infolgedessen beschäftigte sich die Ethikplattform ausgiebig mit den vielschichtigen Bedeutungen der nunmehr strategischen Ausrichtung der Universität, und entwickelte unter anderem Ziele und Kriterien für die Bioökonomie um für ein verantwortliches Handeln zu sensibilisieren. Mit der Arbeit des 2019 gegründeten Zentrums für Bioökonomie wurde ersichtlich, dass innerhalb der Universität verschiedene Interpretationen des Begriffs verwendet und in unterschiedliche wissenschaftliche Praktiken übersetzt werden, wovon manche bedenkenswerte Tendenzen in Richtung einer strukturell bedingten Nicht-Nachhaltigkeit aufweisen.
Das 2024 durch das Zentrum für Bioökonomie gemeinsam mit der Arbeitsgruppe Bioökonomie der Ethikplattform entwickelte Bioökonomieverständnis soll darum für die weitere Entwicklung der universitären Arbeit eine zukunftsfähige Orientierung ermöglichen. In einem Grundlagenpapier wurden zunächst die dafür zentralen Hürden identifiziert und Lösungen postuliert, und in mehreren Durchläufen zum oben verlinkten, öffentlichen Entwurf verfeinert.