Preisträger*innen Hauptpreis
Christina Plank & Team für das Forschungsprojekt
Klimasoziales Linz
Die immer stärker zutage tretenden sozialen und ökologischen Krisen sind keine einzelnen voneinander losgelösten Phänomene, sondern nur in ihrer Verbindung zu bearbeiten. Die Stadt Linz ist, wie andere Städte auch, stark von den zunehmenden Auswirkungen der Klimakrise betroffen, bspw. durch Hitzewellen oder durch den Mangel an Grünflächen. Das trifft besonders Menschen mit niedrigem Einkommen. Gleichzeitig ergeben sich auf städtischer Ebene jedoch auch Spielräume, in denen es möglich ist, auf lokaler Ebene zu handeln. Das vorliegende Projekt setzt an dieser Ausgangssituation an und will das Verständnis unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen – Armutsbetroffene, Schüler*innen, zivilgesellschaftliche Akteur*innen – in Linz für die multiple Krise stärken. Lokale Wissensbestände werden genutzt, um klimasoziale Handlungsmöglichkeiten für Linz im Kontext einer Industriestadt zu erarbeiten.
Dem Projekt liegen folgende Fragen zugrunde: 1) Welche Grundlagen braucht es für eine künstlerische inter- und transdisziplinäre Zusammenarbeit? 2) Welche Verständnisse und Betroffenheiten bzgl. der multiplen Krise existieren in verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen? Welche klimasozialen Handlungsmöglichkeiten ergeben sich für diese Gruppen und wie lassen sich diese Perspektiven stärken? 3) Wie können künstlerische Interventionen helfen, um die Vermittlung und Weiterarbeit zu stärken und transformative Zukünfte erfahrbar machen? Ziel des Projekts ist es, durch inter- und transdisziplinäre Forschungsprozesse Diskussionen kritischer sozialwissenschaftlicher Forschung erfahrbar zu machen und klimasoziale Handlungsmöglichkeiten zu erarbeiten. Mittels interaktiver Workshops und vielfältiger künstlerischer Interventionen werden Wissensbestände erweitert und Handlungsoptionen für die breite Bevölkerung ausgelotet und imaginäre Hürden für transformative Zukünfte für verschiedene soziale Gruppen abgebaut. Damit leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag zu einem klimasozialen Linz, das auf breiter gesellschaftlicher Basis aufbaut. Neben der Workshops gibt es einen Open Call für künstlerische Arbeiten, woran sich auch Kreative aus anderen Orten beteiligen. Die Projektergebnisse sind jenseits von Linz auch für andere Städte in Österreich relevant. Entsprechend stellen wir Dokumentationen der Workshops und des Calls für künstlerische Arbeiten auf einer Website zur Verfügung. Der transdisziplinäre Prozess wird mittels Aktionsforschung v.a. bzgl. Entscheidungs- und Gestaltungskompetenz reflektiert und evaluiert.
Weitere Informationen zu dem Projekt finden Sie unter folgendem Link: http://klimasozial.at
Statement der Jury
Das Forschungsprojekt Klimasoziales Linz verbindet Sozialwissenschaft, Kunst und Zivilgesellschaft und hat die Stärkung sozial benachteiligter Personen sowie das Verständnis unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen für multiple (Klima-)Krisen zum Ziel. Im Vordergrund des Projekts steht, klimasoziale Handlungsmöglichkeiten im Kontext einer Industriestadt zu erarbeiten.
Inhaltlich sticht das Forschungsprojekt durch die aktive Einbindung zivilgesellschaftlicher Gruppen in die Aktionsforschung hervor. Methodisch überzeugt Klimasoziales Linz mit einem intersektionalen und transdisziplinären Ansatz auf Basis feministischer Theorien, der es ermöglicht, Perspektiven der eingebundenen Akteur*innen in den Mittelpunkt zu stellen. Gemeinsam mit Menschen mit niedrigem Einkommen, Armutsbetroffenen – insbesondere alleinerziehenden Müttern, Schüler*innen und zivilgesellschaftlichen Akteur*innen werden gesellschaftliche Probleme effektiv adressiert und Handlungsoptionen gemeinsam erarbeitet.
Von der Jury hervorzuheben ist die transparente Reflexion und Evaluation der Entscheidungs- und Gestaltungsprozesse im Projektteam sowie ein durchgängig genderbewusster Sprachgebrauch. Das Projektteam umfasst Personen mit unterschiedlichen Herkünften und Hintergründen, mehrheitlich Frauen. Dabei werden verschiedene Aspekte von Diversität in den Blick genommen: sozio-ökonomische und bildungsbezogene Hintergründe und Zugehörigkeiten, Geschlecht, Care-Verantwortungen, Alter und Generation.
Das Forschungsprojekt Klimasoziales Linz bespricht aktuelle Herausforderungen und deren Auswirkungen auf benachteiligte gesellschaftliche Gruppen und rückt deren Perspektiven ins Zentrum. Damit zeugt das Projekt von höchster gesellschaftlicher Relevanz.
Transparenz ist im gesamten Forschungsprozess großgeschrieben. Klimasoziales Linz stellt die detaillierte Dokumentation der interaktiven Workshops sowie der künstlerischen Arbeiten über eine Projektwebseite öffentlich zur Verfügung. Im Rahmen von Kunstausstellungen als integrativer Teil des Forschungsprojekts wird ebenso eine breite Öffentlichkeit adressiert. Das Forschungsprojekt punktet durch den öffentlichen Wettbewerb sowie mit Beiträgen in verschiedenen Medienkanälen wie Radio, Web oder Presse.
Besonders hervorheben möchte die Jury den BOKU-internen Impact: im Sinne der forschungsgeleiteten Lehre werden Inhalte und Methoden des Projekts in der Lehrveranstaltung Climate Scholar Activism im neuen BOKU Masterstudiengang Climate Change and Societal Transformation bearbeitet.
Klimasoziales Linz greift die brisante Problematik der stärkeren Auswirkungen von zunehmend auftretenden multiplen Krisen auf Menschen mit niedrigem Einkommen auf. Die Forschung von Christina Plank und ihrem Team zielt auf die gleichberechtigte Zusammenarbeit von Wissenschaft mit Zivilgesellschaft sowie die Nutzung lokaler Wissensbestände. Im Rahmen feministischer partizipativer Aktionsforschung werden potenzielle Usergroups direkt und eng in die Forschung eingebunden, dies ermöglicht eine breite Beteiligung.
Das für die Region Linz angelegte Forschungsprojekt ist aufgrund seiner Verschränkung von sozialen Aspekten mit Fragen der Klimakrise und Klimapolicy zukunftsweisend und weist hohes Potenzial auf, modellhaft für weitere Regionen weltweit zum Einsatz zu kommen.
Die Jury gratuliert herzlich zur Auszeichnung mit dem Hauptpreis im Rahmen des Diversitätspreis Forschung 2024!
Wir wünschen dem gesamten Projekt und allen beteiligten und mitwirkenden Personen einen erfolgreichen weiteren Verlauf – möge Klimasoziales Linz Inspiration für Forschungsprojekte in weiteren Regionen weltweit sein!