GLASGRÜN - Regulierung von Klima, Energiebedarf und Wohlbefinden in GLASverbauten durch bautechnisch integriertes, vertikales GRÜN

Das Forschungsprojekt GLASGrün ist erfolgreich abgeschlossen und konnte innovative Lösungen für die nachträgliche Begrünung von Glasfassaden an Gewerbegebäuden entwickeln und implementieren. Damit wurde ein wesentlicher Beitrag

zur Reduktion sommerlicher Wärmeeinträge und zur Verbesserung des Mikroklimas

sowie des thermischen Komforts im Innen- und Außenbereich geleistet –

ein Aspekt, der in der Bauwerksbegrünung bislang kaum adressiert wurde.


Im Rahmen von GLASGrün wurde ein systematischer Ansatz verfolgt, um verschiedene Grünverschattungssysteme zu entwickeln und an zwei Demo-Standorten umzusetzen: einer MPREIS-Baguette-Filiale in Söll | Tirol sowie einem Bürogebäude der TB Obkircher OG in der Kreuzgasse | 1180 Wien. Hierfür wurden vier sommergrüne Kletterpflanzenarten ausgewählt und standortgerecht integriert. Ziel war es, tragfähige, der Fassade vorgelagerte Konstruktionen als Kletterhilfen zu entwerfen, die sowohl die architektonischen Anforderungen als auch die Bedürfnisse der Pflanzen berücksichtigen.

In Söll wurden an der N-W- und S-O-Fassade der Filiale Rankhilfen aus gebogenem Bandstahl (3D) sowie einfachem Baustahlgitter installiert. Hier ranken an beiden Expositionen Vitis coignetiae, Humulus lupulus, Wisteria sinensis und Aristolochia macrophylla. Im 3. Standjahr (2024) wurden hier beachtliche Deckungsgrade der Zielfläche (=Fassadenfläche) von über 90 % und Wand-Blattflächenindizes von bis zu 5.9 gemessen. Am Wiener Standort wurde eine Stahlrohrrahmenkonstruktion mit Querverbindungen und nach unten offenen Pflanztrögen ergänzt. Dort wurde Wisteria sinensis gepflanzt und durch gezielte Pflege wird eine flächig deckende Fassadenbegrünung entwickelt, die nun ebenfalls im 3. Standjahr die 1. Geschossebene erreicht hat.

An beiden Standorten wurde Sensortechnik installiert zur permanenten Erhebung solarer Einstrahlung vor und hinter der Begrünung, sowie zur Erfassung relevanter Wetter- und Temperaturdaten. Zusätzlich erfolgten regelmäßige manuelle Messkampagnen in den Vegetationsperioden 2023 und 2024, wo wichtige Parameter wie Deckungsgrad, Wand-Blattflächenindex und stomatäre Leitfähigkeit erhoben wurden. Damit konnte eine valide Datenbasis für die Wirksamkeit der Begrünung geschaffen werden und ein Beitrag zur spärlichen Datenlage von vertikalem Gebäudegrün geleistet werden. Bereits im 3. Standjahr konnte am Standort Söll eine Reduktion der solaren Transmission auf etwa 10 % erreicht werden. Weiters wurde eine Erhöhung der relativen Luftfeuchte hinter dem Laubkörper um 10 % festgestellt, was neben der Strahlungsminderung wesentlich zum thermischen Komfort beiträgt genauso wie das Schattenspiel und die ansprechende Optik durch das Design und die Pflanzen die Aufenthaltsqualität positiv steigern.
Die thermischen Simulationen durch Rudolf Bintinger (IBO) belegten, dass dies zu einer Verringerung des sommerlichen Wärmeeintrags ins Gebäude um bis zu 67 % führte. Dies hebt die Behaglichkeit spürbar an.

Darüber hinaus konnten erstmalig artspezifische Grünverschattungsfaktoren (Fbs – engl. Bioshading Coefficient) ermittelt werden, die zukünftig als Bemessungsgrundlagen für die Beschattungsleistung von vertikalem Grün im Energieausweis genutzt werden können. Dies stellt eine bedeutende Weiterentwicklung dar, da solche Kennwerte bisher in der internationalen Fachliteratur in dieser Form nicht verfügbar waren.

Der begleitende Nutzer*innen- und Passant*innenbefragungen vor und nach der Begrünung des Teams BOKU-SEC zeigten eine insgesamt sehr positive Wahrnehmung der Begrünungsmaßnahmen hinsichtlich Ästhetik, Kühlung und Lufthygiene.

Durch die Fortführung des Monitorings im Rahmen einer Masterarbeit am BOKU-Institut IBLB können die Messungen noch weiterverfolgt und weitere Erkenntnisse am Wiener Standort auch über die ursprüngliche Projektlaufzeit hinaus abgeleitet werden.

Die beiden im Projekt entwickelten Leitfäden „GLASGrün-Leitfaden und Variantenkatalog“ sowie „GLASGrün-Pflegeleitfaden“ bieten praxisnahe Werkzeuge für die Planung, Einreichung und Pflege von vertikalem Gebäudegrün an Glasfassaden und tragen dazu bei, diese als wirksame Maßnahme zur Klimawandelanpassung und Energieeffizienz im urbanen Raum zu etablieren.

Projektinfo: GLASGrün

Forschungsprogramm: FFG, Stadt der Zukunft, 7. Ausschreibung

Projektdauer: August 2021 – Dezember 2024 

Projektkoordinator: Institut für Ingenieurbiologie und Landschaftsbau (IBLB), BOKU University Wien

Projektpartner*innen: Institut für soziale Ökologie (SEC), BOKU University Wien; Institut für Bauen und Ökologie GmbH (IBO); GRÜNSTATTGRAU Forschungs- und Innovations GmbH (GsG); RATAPLAN-ARCHITEKTUR ZT GMBH; lichtblauwagner architekten generalplaner ztgmbh; MPREIS Warenvertriebs GmbH 

Weiterführende Projekt-Publikationen
Stangl R., Briefer A., Poiss M., Wultsch T., Scharf B., Pitha U., Smetschka B., Haas B., Bintinger R., Lipp B., Wagner S., Huber G., Mauss K, Formanek S. (2025): GLASGrün Regulierung von Klima, Energiebedarf und Wohlbefinden in GLASverbauten durch bautechnisch integriertes, vertikales GRÜN. GLASGrün Projektbericht im Rahmen des Programms Stadt der Zukunft. Berichte aus Energie und Umweltforschung XY/2025. In Begutachtung.

Briefer A., Poiss M., Wultsch T., Scharf B., Pitha U., Smetschka B., Haas B., Bintinger R., Lipp B., Wagner S., Huber G., Mauss K, Formanek S., Stangl R. (2025): GLASGrün-Leitfaden und Variantenkatalog zum wirksamen Einsatz von Vertikalbegrünungen bei Gebäuden mit Glasflächen. Projekt GLASGrün. Projektbericht im Rahmen des Programms Stadt der Zukunft. Berichte aus Energie und Umweltforschung XY/2025. In Begutachtung.

Poiss M, Briefer A., Wultsch T., Scharf B., Pitha U., Stangl R. (2025): GLASGrün-Pflegeleitfaden zum wirksamen Einsatz von Vertikalbegrünungen bei Gebäuden mit Glasflächen. Projekt GLASGrün. Projektbericht im Rahmen des Programms Stadt der Zukunft. Berichte aus Energie und Umweltforschung XY/2025. In Begutachtung.

Bei Fragen zum Forschungsprojekt GLASGrün wenden Sie sich bitte an anna.briefer(at)boku.ac.at