StartClim2013: Die Rolle des Wassers bei der Klimawandel-Anpassung.
Vom BOKU-Institut für Meteorologie wissenschaftlich koordiniert, widmete sich StartClim2013 großteils dem Themenfeld Wasser; auch ein Frühwarnsystem für landwirtschaftliche Schädlinge und Genderaspekte im Naturgefahrenmanagement wurden behandelt. Veränderungen der Gletscher Der Klimawandel wirkt sich durch veränderte Niederschlags- und Temperaturverhältnisse und durch das Verschwinden von Gletscherflächen auf den jahreszeitlichen Verlauf des Wasserabflusses aus. Untersuchungen zeigen bis Ende des 21. Jahrhunderts einen Rückgang der vergletscherten Fläche und des Eisvolumens im Einzugsgebiet der Ötztaler Ache auf unter 20 % der heutigen Vergletscherung. Dadurch nimmt die Abflussmenge speziell in den Sommermonaten ab. In den Frühjahrs- und Herbstmonaten erhöht sich der Abfluss durch die Anhebung der Schneefallgrenze. Die jährlichen Abflussmaxima verschieben sich von den Monaten Juli und August hin zu den Monaten Mai und Juni. Diese Veränderungen wirken sich auch auf Hochwasserszenarien aus und müssen in das Hochwassermanagement einbezogen werden. Raumentwicklung in hochwassergefährdeten Gebieten Der Siedlungsdruck und die zunehmende Flächenversiegelung stellen das Hochwassermanagement vor immer größere Herausforderungen. Anhand einiger Good Practice Beispiele werden Möglichkeiten zur nachhaltigen Entwicklung hochwassergefährdeter Gebiete aufgezeigt. Der Schlüssel liegt in der Kooperation zwischen den betroffenen Gemeinden. Gemeinsam ausgearbeitete Flussgebiets-Leitbilder mit gemeindeübergreifenden Maßnahmen sollen den Trend zu zunehmenden Schadenspotenzialen in hochwassergefährdeten Gebieten umkehren. Mit dem Motto „Wie können wir mit dem Fluss unseren Lebensraum gestalten?“ sollte eine positive Flussraumgestaltung erzielt werden. Verlust von Überflutungsflächen Die Auswertung aktueller und historischer Luftbilder (von 1950-2010) vom Tiroler Inn zeigt, dass hochwasserverträgliche Flächennutzungen z.B. als Grünland zurückgehen während die hochwassersensiblen Nutzungen z.B. als Siedlungs-, Industrie- und Gewerbefläche oder als Verkehrsfläche zunehmen. Für diese Flächen wurden Hochwasserschutzdämme errichtet, die zusätzlich zum Verlust von Überflutungsflächen im Einzugsgebiet, das Hochwasserrisiko des Inn vergrößern – sowohl lokal als auch großräumig für weiter flussabliegende Gebiete. Daher fordern die österreichische Anpassungsstrategie und die EU-Hochwasserrichtlinie Maßnahmen, wie den Erhalt bestehender und die Zurückgewinnung verloren gegangener Überflutungsflächen, zu berücksichtigen. Lebensraum heimischer Fischarten Heimische Bachforellen sind an kalte, strömungsintensive Bäche angepasst. Bereits heute herrschen jedoch zeitweise zu hohe Temperaturen in ihren Lebensräumen, wie Temperaturmessungen in der Oberen Traun vom Sommer 2013 zeigen. Verhaltensbeobachtungen zeigen eine Präferenz der Fische für tiefere und kühlere Bereiche, die sie jedoch wegen Querbauwerken (z.B. Dämme, Wehre) und geringer Abflüsse im Sommer nicht immer aufsuchen können. Um den Lebensraum der Bachforellen zu erhalten, wird empfohlen, abkühlende Grundwasserzuflüsse zu erweitern, Querbauwerke zu reduzieren und ihre Lebensraumstruktur vielfältiger zu gestalten. Der für die heimischen Fische verfügbare Lebensraum kann sich durch die Zunahme der Wassertemperatur, die sinkenden sommerlichen Durchflussraten und die erhöhten Nährstoffkonzentrationen in den Gewässern verkleinern. Für repräsentative Fließgewässer in Österreich wurden diese Zusammenhänge quantitativ erfasst und Szenarien für 2050 entwickelt. Erhöhte Nitritkonzentrationen infolge landwirtschaftlicher Praktiken zeigen dabei auch einen negativen Einfluss auf das Vorkommen weniger sensibler Fischarten (z.B. Nase und Barbe). Frühwarnsystem landwirtschaftliche Schädlinge Klimabedingt veränderte Lebensräume ermöglichen landwirtschaftlichen Schädlingen das Überleben in Österreich. Als besonders problematisch erweisen sich Drahtwürmer, die Larven der Schnellkäfer. Aufgrund steigender Temperaturen sind ein höherer Schaddruck einheimischer Drahtwurmarten und das Einwandern neuer Arten aus dem mediterranen Raum zu erwarten. Um darauf reagieren zu können, benötigen die Landwirtinnen und Landwirte praxistaugliche Instrumente zur Risikoprognose im Feld. Ein in Deutschland entwickeltes Drahtwurm-Prognosemodell berechnet den Anteil einer Drahtwurmpopulation in der für den Wurzelfraß wesentlichen obersten Bodenschicht. Es ist zu erwarten, dass das Modell auch im ost-österreichischen Ackerbaugebiet einen wertvollen Beitrag zur Vermeidung von Drahtwurmschäden leisten kann, wenn die offensichtlich stark abweichenden Temperaturansprüche regionaler Drahtwurmarten berücksichtigt werden. . Genderaspekte im Naturgefahrenmanagement Der Klimawandel ist nicht genderneutral. Frauen und Männer sind von Naturkatastrophen, politischen Strategien und konkreten Maßnahmen im Umgang mit Naturgefahren unterschiedlich betroffen. Geschlechts- und gruppenspezifische Aspekte im Umgang mit Naturgefahren werden aber sowohl von den Einsatzorganisationen als auch von der Bevölkerung bisher tendenziell wenig beachtet. Die Analyse eines Murenabgangs aus dem Jahr 2012 in St. Lorenzen im steirischen Paltental zeigt die Sinnhaftigkeit von gender-sensitiven Analysemethoden für Naturkatastrophen. So wurde u.a. deutlich, dass Personen ohne ausgeprägtes lokales, soziales Netzwerk von einer Naturkatastrophe besonders betroffen sind. Die Berücksichtigung unterschiedlicher Bedürfnisse und Anforderungen kann zur Verbesserung der Katastrophenhilfe beitragen. Weitere Informationen: StartClim: www.startclim.at Anpassungsstrategie: http://www.bmlfuw.gv.at/umwelt/klimaschutz/klimapolitik_national/anpassungsstrategie/strategie-kontext.html
AnsprechpartnerInnen: Univ.-Prof. Dr. Helga Kromp-Kolb, wissenschaftliche Projektleitung am Institut für Meteorologie der Universität für Bodenkultur Wien,
mobil: 0664 325 9704, E-mail: helga.kromp-kolb(at)boku.ac.at Mag. Sabine Enzinger, Pressestelle Umweltbundesamt, Tel.:01/31304-5488; E-mail: sabine.enzinger(at)umweltbundesamt.at Dipl.-Ing. Benedikt Becsi, Projektkoordination am Institut für Meteorologie der Universität für Bodenkultur Wien, Tel: 01/47654-5618, E-Mail: startclim(at)boku.ac.at