Neues Großprojekt an der BOKU


Das kürzlich genehmigte COMET K-Projekt "FLIPPR²" wird durch die FFG, die Bundesländer Steiermark und Kärnten und die vier größten Zellstofferzeuger Österreichs gefördert. Unter Federführung des Instituts für Chemie nachwachsender Rohstoffe befasst sich FLIPPR2 mit Grundlagenaspekten der Chemie und Analytik von Cellulose und Lignin sowie mit verschiedenen Aspekte der "Lignocellulose-Bioraffinerie Zellstofferzeugung".

Universitäten und Zellstoffindustrie starten Großprojekt FLIPPR2 –
Future Lignin and Pulp Processing Research


"FLIPPR2" beschäftigt sich mit den Grundlagenaspekten der Struktur, Analytik, Technologie und Chemie von Cellulose, Fasern und Lignin bzw. den verschiedenen Anwendungs-szenarien der "Bioraffinerie Zellstofferzeugung".

Die Erzeugung von Produkten aus nachwachsenden Rohstoffen ist ein wichtiger Schritt zur Lösung der globalen Klima- und Ressourcenproblematik. Die Papier- und Zellstoffindustrie – als einer der bedeutendsten Industriezweige Österreichs und Hauptnutzer von Holz als dem massemäßig und ökonomisch wichtigsten nachwachsenden Rohstoff – nimmt hier eine Schlüsselposition ein. In einer Kooperation zwischen BOKU, TU Graz und Universität Graz werden im Projekt FLIPPR2 die wissenschaftlichen Grundlagen einer optimierten stofflichen Nutzung von Produkten und Nebenprodukten der Zelluloseerzeugung erarbeitet und dann zusammen mit den industriellen Partnern in verschiedenen Anwendungsszenarien getestet. Das Projekt stellt eine Erweiterung des in gleicher Konfiguration durchgeführten, vierjährigen COMET K-Projektes FLIPPR° dar.  

Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht dabei das Lignin, das mengenmäßig zweitwichtigste Produkt der Zellstofferzeugung. Im Gegensatz zur Cellulose, die seit über 100 Jahren das Hauptprodukt der "Bioraffinerie Zellstoffproduktion" ist und natürlich vielfältige Nutzung erfährt (Papier, Textilfasern, Spezialfasern, Filme, Cellulosederivate), wird das Lignin heutzutage vor allem energetisch genutzt (d.h. verbrannt) und geht damit einer nachhaltigen stofflichen Nutzung verloren. Anhand der verschiedenen Lignin-Typen (z.B. Kraft-, Sulfit-, Organosolv-Lignin) werden in einer "lignin analytics platform" die analytisch-chemischen Grundlagen der molekularen Charakterisierung erarbeitet, auf denen andere Teilprojekte aufbauen können. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Abtrennung von Ligninen aus den Prozessablaugen ("black liquor") in Formen, die in weiteren Prozessen direkt verwendbar sind. Hier gibt es je nach Anwendung (z.B.: Bindemittel, Klebstoff, Papierstrich, Dämmmaterialien) ganz unterschiedliche Anforderungen. Dies ist nur zu lösen, wenn es gelingt, konkrete Struktur-Eigenschafts-Anwendungsbeziehungen für Lignine zu erstellen.

Cellulose als Naturfaser, das Hauptprodukt der Zellstofferzeugung, wird in Zukunft noch vielfältigere und qualitativ hochwertigere Anforderungen erfüllen müssen als bisher. Dafür sind feste, aber auch flexible und physikalisch, chemisch oder enzymatisch modifizierte Fasern erforderlich. Diese Fasermodifizierung ist das gemeinsame Thema der "Faser-Plattform", dem zweiten Schwerpunkt des Projektes, wobei Anwendungen sowohl im Papier-Bereich als auch im Nicht-Papier-Produktbereich erfasst werden sollen.

Das Projekt FLIPPR – Future Lignin and Pulp Processing Research II – wird von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) und den vier größten Zellstofferzeugern Österreichs (Mondi Frantschach Ges.m.b.H., Norske Skog Bruck Ges.m.b.H., Sappi Gratkorn ProduktionsGes.m.b.H., Zellstoff Pöls AG) mit einer Gesamtsumme von 6 Mio Euro über 4 Jahre gefördert. Die Konsortialführung liegt bei der Papierholz Austria Ges.m.b.H. (DI Thomas Timmel), die wissenschaftliche Leitung bei Thomas Rosenau (BOKU), Antje Potthast (BOKU) und Wolfgang Bauer (TU Graz). Seitens der BOKU sind das Department für Chemie (Federführung), das Department für Materialwissenschaft und Prozesstechnik (Prof. W. Gindl-Altmutter) und das IFA Tulln (Prof. G. Gübitz) beteiligt. An der BOKU wird man sich den verschiedenen Fragestellungen und Aspekten der Charakterisierung, Chemie, enzymatischen oder physikochemischen Modifikation und Verarbeitung von Cellulose, Lignin und Nebenprodukten der Zellstofferzeugung widmen.   

Informationen zum Projekt:
thomas.rosenau(at)boku.ac.at
antje.potthast(at)boku.ac.at
thomas.timmel(at)austropapier.at


05.12.2016