Erstes Laborgebäude aus Holz in Österreich in Betrieb


Die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) und die BOKU eröffneten am 21.Juni 2017 am BOKU-Standort Tulln Österreichs erstes Laborgebäude aus Holz.

Zu den Ehrengästen zählten Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, MRat Mag.Thomas Weldschek und Bürgermeister Peter Eisenschenk. Die BIG als Bauherr und Eigentümer investierte rund und 3,8 Millionen Euro. Rund zwei Drittel davon stammen aus dem seitens des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW) initiierten Sonderbauprogramms für Universitäten.

"Mit der Realisierung des Projekts in Holzbauweise haben wir auf einen besonders nachhaltigen, hochfunktionalen Baustoff gesetzt. Dank Niedrigenergiehausstandard ist auch der Betrieb entsprechend effizient. Neben der natürlichen Optik ist vor allem auch das angenehme Raumklima spürbar", sagt BIG Geschäftsführer Hans-Peter Weiss. "Wir freuen uns sehr über das erste Laborgebäude in Holzbauweise am Forschungsstandort Tulln und sind beeindruckt von den Vorteilen des Baustoffs Holz hinsichtlich rascher Bauzeit, Baukosteneffizienz sowie ökologisch-energetischer Qualität des neuen Universitätsgebäudes. Mit dem Baustoff Holz wurden die Alleinstellungsmerkmale der Wertschöpfungskette Wald-Forstwirtschaft-Holzwirtschaft mit Natur und  Technik hervorragend mit dem Forschungsschwerpunkt Nachwachsende Rohstoffe und Holztechnologie am Wissenschaftsstandort Tulln verbunden", betonen VRektorin Andrea Reithmayer und Rektor Martin H. Gerzabek..  

Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner ging auf die erfolgreiche Entwicklung Niederösterreichs in den Bereichen Wissenschaft und Forschung ein: "Als wir 1994 das IFA Tulln eröffneten, konnte man nicht vorhersehen, wie erfolgreich sich das Land im Wissenschaftsbereich entwickeln würde. Von einem weißen Fleck auf der Landkarte sind wir zu einem national und international anerkannten Standort mit einem dichten Netz an wissenschaftlichen Einrichtungen gewachsen. Wir setzen auf die Wissenschaft, weil wir darin das Zukunftspotenzial unserer Zeit sehen. In der Wissenschaft von heute liegen die Arbeitsplätze von morgen."

Die Pläne für das Labor- und Büroprojekt stammen von DELTA und SWAP Architekten. Der zweigeschoßige Neubau mit rund 1.300 Quadratmetern wurde in rund einem Jahr Bauzeit errichtet und plangemäß im April 2017 an die Universität für Bodenkultur Wien übergeben. Anschließend erfolgten die Möblierung und der Einbau der Laboreinrichtung. Seit Mai 2017 forschen und arbeiten hier das Zentrum für Analytik und ein Institut für Umweltbiotechnologie des interuniversitären Departments für Agrarbiotechnologie (IFA). Das Analytikzentrum zog in die Labors, Büros  und Nebenräume des Erdgeschoßes ein. Im Obergeschoß befindet sich das Institut für Umweltbiotechnologie. Herzstück des zweigeschoßigen Holzbaus und damit zentraler Treffpunkt ist ein Besprechungs- und Aufenthaltsbereich mit Teeküche im Erdgeschoß.

Ökologischer Baustoff für ökonomischen und komfortablen Betrieb Der Baustoff Holz ist nicht nur an der Fassade sichtbar, sondern prägt auch die Ästhetik im Inneren des Gebäudes. Für den Neubau wurden rund 500 Kubikmeter Holz aus heimischen Wäldern verarbeitet. Alle Büros sind nach Süden oder Westen ausgerichtet und profitieren somit von viel natürlichem Licht. Die Labors wurden bewusst auf der Nordseite geplant, um blendfreies Arbeiten zu ermöglichen. Der Bau passt mit seiner klaren Struktur sehr gut zum Charakter des bestehenden Campus. Typisch für einen modernen Holzbau, erreicht das Gebäude Niedrigenergiestandard. Gebäudekühlung und außenliegender Sonnenschutz sorgen in den Sommermonaten für ein angenehmes Raumklima. Im Winter erzeugt die Fußbodenheizung behagliche Wärme. Die Versorgung erfolgt über Fernwärme. Die gesamte Haustechnik wird vom Untergeschoß aus gesteuert. Dieses wurde im Gegensatz zu den oberirdischen Stockwerken aus Stahlbeton gefertigt.

Details zur Holzkonstruktion

Der Neubau an der BOKU Tulln ist eine Kombination aus Holzriegel- und Holzmassivbau. Bei der rund 880 Quadratmeter großen Außenwand kam eine mit Steinwolle gedämmte Holzriegelkonstruktion zum Einsatz. Bei der Errichtung der Fassade wurden schwarzes Windpapier und zur Hinterlüftung eine schwarz gestrichene, zweilagige Unterkonstruktion angebracht. Darüber montierte die ausführende Firma Latten aus Lärchenholz. Im Gebäudeinneren wurden die Brettsperrholz-Trennwände aufgrund der großen Spannweite des Gebäudes tragend ausgeführt. Auch die Zwischendecke besteht aus Brettsperrholz. Beim Dachaufbau handelt es sich um eine Hohlkastenkonstruktion. Um während der Bauarbeiten Schäden durch Schnee oder Regen abzuwenden, musste besonders schnell gearbeitet werden. Denn die Rohbaukonstruktion ist als Teil der Innenwände sichtbar. "Der Aufbau hat nur sieben Tage gedauert. In dieser Zeit mussten wir die gesamte Dachfläche mit Planen abdecken", berichtet Michael Bauer, Geschäftsführer von GRAF Holzbautechnik. Besonders wichtig war auch die Abstimmung mit nachfolgenden Gewerken. Denn nicht alle seien im Umgang mit Sichtholzoberflächen versiert, was hier und da im Nachhinein kleinere Nachbesserungsarbeiten erforderlich gemacht habe, so Bauer.  

Nachhaltige Betrachtung über den gesamten Lebenszyklus

Die Entscheidung für die Ausführung in Holzbauweise fiel im Rahmen des Architekturwettbewerbs. Rasche Umsetzbarkeit, ein hohes Maß an Flexibilität in der Nutzung sowie ökologische Faktoren überzeugten BIG und BOKU vom Konzept der ARGE DELTA SWAP. "Das Projekt erfüllt sowohl ökonomische, ökologische als auch soziale Aspekte von Nachhaltigkeit und entspricht damit den hohen Anforderungen der BIG", erklärt Geschäftsführer Hans-Peter Weiss.

Wirtschaftliche Vorteile entstehen in erster Linie durch den Faktor Zeit. Effiziente Prozesse in der Fertigung, kurze Montagezeit vor Ort sowie sofortige Belastbarkeit der Konstruktion sind dafür ausschlaggebend. Aus ökologischer Sicht punktet der Baustoff Holz, weil es sich um eine nachwachsende Ressource handelt, die zu hundert Prozent nutz- und wiederverwertbar ist. Zudem steckt in den Bauteilen weniger "graue Energie". Aber auch soziale Aspekte finden sich in der  Entwurfsidee von DELTA SWAP wieder: "Der wohnliche Charakter des Holzes unterstreicht die studentische Arbeitsumgebung. Gleichzeitig werden die klaren Arbeitsabläufe des Forschungsbetriebes in den streng rhythmischen Fensteröffnungen wiedergespiegelt", erklären die Architekten Georg Unterhohenwarter und Markus Hofwimmer von der ARGE DELTA SWAP. Neben der Ausführung aus Holz fällt der Neubau auch durch seinen kompakten Umriss auf. Einschnitte wurden über die gesamte Gebäudehöhe geführt, um Rücksprünge und Überhänge zu vermeiden. Dadurch entstand ein optimales Verhältnis zwischen Volumen und Oberfläche. Im Inneren ist das Haus in Zonen gegliedert. Innerhalb der Zonen sind die Zwischenwände nicht tragend ausgeführt. Etwaige Raumanpassungen sind daher in Zukunft flexibel möglich.

Weiterer Neubau in Holzbauweise geplant

Mit dem Erweiterungsbau nahe dem Schwackhöfer Haus in Wien Döbling ist bereits das nächste Holzbauprojekt an der Universität für Bodenkultur in der Pipeline. Derzeit laufen die Vorbereitungen für die Ausschreibung des Architekturwettbewerbs. Geplant ist ein rund 3.000 Quadratmeter (NF) großer Zubau mit Hörsälen, Seminarräumen, Bibliotheks- und Leseflächen sowie Institutsflächen. Der Baubeginn kann voraussichtlich Ende 2018 erfolgen.


22.06.2017