Scientists For Future rufen alle europäischen Wissenschaftler*innen zur Mitarbeit und Unterstützung auf


Anlässlich der Präsentation der geplanten EU-Klimaverordnung werden gemeinsam disziplin- und institutionsübergreifend Schritte für einen Weg in eine Zukunft ohne fossile Brennstoffe geplant. Für eine sichere Zukunft Europas in und mit der Welt.

 

Stellungnahme der Scientists for Future  zu dem aktuellen Entwurf für eine europäische Klimaverordnung:


1. Wir beziehen als WissenschaftlerInnen und europäische Zivilgesellschaft Stellung

Wir bringen uns als Bürger*innen Europas, als Teil der europäischen Zivilgesellschaft und als die Expert*innen und Repräsentant*innen der Wissenschaft und Forschungsinstitutionen unserer Demokratien zum zentralen Thema und Herausforderung der Zukunftsgestaltung ein: die Sorgen der jungen Generation und von immer größeren Teilen der Bevölkerung sind völlig berechtigt.


2. Dem Entwurf fehlt die Verankerung in der Wissenschaft

Gemessen an den anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen wird der Entwurf vom 4. März 2020 den von der EU-Kommission und im Pariser Abkommen formulierten Zielen nicht gerecht. 

Unsere Hauptkritikpunkte sind:

  • Die vorgeschlagenen Maßnahmen bleiben weit hinter den aus wissenschaftlicher Sicht notwendigen Maßnahmen zurück. Die EU verfehlt damit die für einen global erfolgreichen Klimaschutz notwendige und in Anspruch genommene Führungsrolle und versäumt die Weichenstellung hin zu einer starken Position im kommenden Transformationsprozess.

  • Das 2030-Ziel darf nicht erst im September konkretisiert, sondern muss jetzt deutlich verschärft werden. Es darf außerdem nicht von einer Impaktstudie abhängig gemacht werden, die die Einhaltung des Pariser Abkommens an neue Bedingungen knüpft.

  • Die EU darf sich nicht auf sehr ungewisse künftige Möglichkeiten der Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre verlassen. Damit werden die Konsequenzen der erwarteten negativen Klimafolgen auf die Kinder, die kommenden Generationen und die am meisten verwundbaren Bevölkerungen verschoben. 

  • Der Entwurf stellt nicht den entscheidend wichtigen Beitrag zur, im Pariser Abkommen beschlossenen, Fairness und sozialen Gerechtigkeit dar.

  • Es fehlen insbesondere verbindliche und auf wissenschaftlichen Fakten beruhende Kontrollen durch unabhängige Überprüfungs-  und Beratungsmechanismen.

3. Empfehlungen der Scientists for Future 

Die Verordnung ist auf das Ziel deutlicher Reduktionen des Treibhausgasausstoßes in den nächsten zehn Jahren auszurichten. Dazu sind weit mehr als 55 Prozent Reduktion der THG-Emissionen bis 2030 (im Vergleich zu 1990) nötig. Es verbleibt gemäß IPCC nur noch ein minimales Emissionsbudget, um die globale Erwärmung, wie im Pariser Klimaschutzabkommen zugesichert, möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen. Ohne eine sehr starke Reduktion bis 2030 wird dieses Budget deutlich vor 2050 erschöpft sein, mit massiven irreversiblen sozio-ökologischen Konsequenzen.

Damit wird die Größe der aktuellen Herausforderung deutlich: Es geht um eine gesamtgesellschaftliche Transformation. Hierfür müssen weitergehende Maßnahmen beschlossen werden, und alle Wirtschaftssektoren auf ihre Klimawirkung hin geprüft und zu Minderungszielen verpflichtet werden.

Dazu gehört: 

  • ein unabhängiges wissenschaftliches Kontrollgremium einzusetzen.

  • die Dringlichkeit der Situation anzuerkennen und als Maßstab des Handelns zu setzen.

  • zu allen vorgeschlagenen Maßnahmen die damit verbundenen Treibhausgasemissionen anzugeben und alle weiteren Entscheidungen unter Berücksichtigung der damit verbundenen THG-Emissionen zu treffen.

  • die sozial gerechte Verteilung der Lasten als Voraussetzung für gesellschaftliche Stabilität und Zusammenhalt sicherzustellen.

4. Zur Verantwortung von Scientists for Future

Die Zukunft der Jugendlichen und unser aller Lebensgrundlagen muß durch inhaltliche fundierte und institutionalisierte wissenschaftliche Kontrolle gesichert sein. Diese erfordert ein breites Faktenwissen als Grundlage. Auf europäischer Basis und interdisziplinär wird S4F als Expert*innen und Bürger*innen deshalb:

  • EU-Prozesse und die Politik der Nationalstaaten genau beobachten und beratend zur Seite stehen. Wir werden nicht schweigen, wenn die Nationalstaaten und die EU ihrer Verantwortung nicht gerecht werden. Wir werden Handlungsoptionen aufzeigen, wie ambitionierte Klimaziele auch für das Jahr 2030 technisch sicher, sozial gerecht und wirtschaftlich tragbar erreicht werden können.

  • An einer wissenschaftlich angeleiteten, tragfähigen Transformation für/von/mit Europa in der Welt mitarbeiten.

Scientists for Future (S4F) ist ein überparteilicher und überinstitutioneller Zusammenschluss von Wissenschaftler*innen, die sich für eine nachhaltige Zukunft engagieren. Scientists for Future bringt als Graswurzelbewegung den aktuellen Stand der Wissenschaft in wissenschaftlich fundierter und verständlicher Form aktiv in die gesellschaftliche Debatte um Nachhaltigkeit und Zukunftssicherung ein. Mehr Informationen: www.scientists4future.org


09.03.2020