Forschung zu Lignin und Bioraffinerien auf dem Titelbild von „ChemSusChem“


BOKU Forscher*innen des Instituts für Chemie nachwachsender Rohstoffe diskutieren neueste Trends in der Lignin-Nutzung und resultierende Bioraffinerie-Konzepte in einem Artikel, der als „very important paper“ klassifiziert wurde und es zudem auf das Titelbild des Journals „ChemSusChem“ geschafft hat. Die Ergebnisse entstammen einer langjährigen Kooperation mit Forschungsgruppen aus Finnland und Kanada.

Die großen heutigen Bioraffinerien arbeiten auf „Zucker-Basis“. Egal, ob es um die Herstellung von Zellstoff (für Papier, Fasern, Cellulosederivate) geht, um Biotreibstoffe oder andere Fermentationsprodukte – die Bioraffinerien sind auf die Nutzung von Kohlenhydraten (Cellulose, Stärke, Hemicellulosen) hin optimiert. Die entsprechenden Technologien und chemischen Prozesse sind über Jahrzehnte bekannt und gut optimiert. Das bei der Verwertung von Holz und anderen landwirtschaftlichen Produkten ebenso anfallende Lignin – nach einer Faustregel fällt in erster Näherung ebenso viel Lignin an wie Cellulose – kann dagegen bei weitem noch nicht so gut stofflich – also für Chemikalien und Materialien – genutzt werden wie die Cellulose. Trotzdem stellt das Lignin eine der wichtigsten Kohlenstoffquellen für die zukünftige, auf nachwachsenden Rohstoffen basierende Chemie dar. Bioraffinerie-Lignine werden meist als geringwertige Produkte (Brennstoff oder kostengünstiger chemischer Rohstoff) eingestuft, hauptsächlich aufgrund der niedrigen Lignin-Reinheiten im Rohmaterial.

Allerdings hat gerade neuere Forschung gezeigt, dass „Cellulosereste“ die bisher als „Verunreinigung“ im Lignin angesehen wurden, bei vielen wichtigen Anwendungen einen entscheidenden   Qualitätsschub bringen können, so dass die Bioraffinerie-Lignine eine große Chance haben, erfolgreich als hochwertige Produkte eingesetzt werden zu können (Holzklebstoffe, Kohlenstofffasern und Nanofasern, Thermoplaste). Roh-Lignine aus der Bioraffinerie, die einen signifikanten Anteil an kristalliner Restcellulose enthalten, schneiden in diesen Anwendungen deutlich besser ab als hochreine Lignine (für die zudem teure und aufwendige Reinigungsschritte erforderlich sind). Wo bisher für bestimmte Anwendungen hochreine und/oder funktionalisierte Lignine mit engen Molekulargewichtsverteilungen erforderlich waren, kommen nunmehr als Alternative immer mehr einfache grüne Verfahren zur Aufwertung von Bioraffinerie-Rohlignin ins Gespräch. Das wiederum führt momentan zu einem Neudenken und einer wirtschaftlichen Renaissance der gesamten Bioraffinerie-Idee.

Der Übersichtsartikel zu Ligninen in Bioraffineriekonzepten fasst die jüngsten Entwicklungen aus den beteiligten Gruppen in Österreich, Finnland und Kanada zusammen, und diskutiert den Stand der Technik und Zukunftstrends bei der Verwertung von technischen Ligninen.

Nähere Informationen finden Sie unter:

https://chemistry-europe.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/cssc.202002553

https://doi.org/10.1002/cssc.202002553


15.03.2021