Bewahrung der Artenvielfalt


Nachwachsende Wälder tragen zur Erhaltung der Artenvielfalt bei

Das zeigt ein internationales Forscherteam mit BOKU-Beteiligung in einer Studie im Fachjournal "Science Advances". Entgegen den Erwartungen dominiert in Wäldern Mittel- und Südamerikas, die auf aufgegebenen landwirtschaftlichen Flächen auf natürliche Weise nachwachsen, nicht eine kleine Gruppe weit verbreiteter Pionierarten. Vielmehr entpuppte sich die Baumzusammensetzung als sehr divers.

Die Arbeit wurde vom Forschungsnetzwerks "2ndFOR" durchgeführt, an dem 100 Forscher aus 18 verschiedenen Ländern beteiligt sind. Im Mittelpunkt seiner Arbeit stehen Ökologie, Dynamik und biologische Vielfalt von Sekundärwäldern sowie die Ökosystemleistungen, die diese in vom Menschen veränderten tropischen Landschaften erbringen. In der aktuellen Publikation wurden 1.215 junge, sich regenerierende Wälder von Westmexiko bis Südbrasilien untersucht.

Von den 2.164 identifizierten Baumarten sind 80 Prozent auf eine einzige Region beschränkt. Dies sei überraschend, da man davon ausging, dass diese jungen Wälder von wenigen, weit verbreiteten Pionierarten dominiert würden, betonen die Forscher um Lourens Poorter von der Universität Wageningen (Niederlande). Die Arten mit eingeschränkter Verbreitung würden eine grundlegende Rolle bei der Erhaltung der lokalen, regionalen und kontinentalen Vielfalt spielen und müssten daher erhalten und in Wiederherstellungsprojekten gefördert werden.

Peter Hietz von der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) und Florian Oberleitner von der Universität Innsbruck trugen mit ihren Analysen zu Sekundärwäldern bei, die an der österreichischen Tropenstation La Gamba in Costa Rica durchgeführt wurden. "Die für Sekundärwälder typischen Arten sind zwar lokal sehr häufig und die Diversität in diesen Wäldern ist nicht so hoch wie in alten Wäldern, aber es ist wichtig zu wissen, dass die Baumarten der Sekundärwälder keine sehr weite Verbreitung haben", betonte Hietz. Dies bedeute, dass junge Wälder in unterschiedlichen Regionen dazu beitragen, jeweils die lokale Baumflora zu bewahren.

Die heutige Artenzusammensetzung ist laut Forschern das Ergebnis der Kombination von Evolutionsgeschichte und aktuellen Umweltbedingungen. Evolutionsgeschichtlich führte beispielsweise die Landverbindung zwischen Nord- und Südamerika vor etwa drei Mio. Jahren zu einem bedeutenden Artenaustausch zwischen Mittelamerika und dem Amazonasgebiet. Dagegen weisen die Waldregionen im Südosten Südamerikas eine ganz andere Artenzusammensetzung auf als der Amazonas. Dies ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass sie etwa 33 Millionen Jahre lang durch eine trockene Region, die heutigen Cerrado-Savannen, getrennt waren.

Zu den unterschiedlichen aktuellen Umweltbedingungen in den verschiedenen Regionen zählen u.a. der pH-Wert des Bodens, die saisonalen Temperaturen und die Wasserverfügbarkeit. Diese werden etwa durch die Landnutzung oder den Klimawandel beeinflusst, wodurch sich auch die Zusammensetzung der Arten ändern und die Unterschiede zwischen den verschiedenen Pflanzenlebensräumen (Biome) verschwimmen können.

Speziell durch den globalen Wandel könnte es zu einer ähnlicheren Artenzusammensetzung auf dem gesamten Kontinent kommen, betonen die Forscher. Um solche Folgen zu vermeiden oder abzumildern, empfehlen sie, bei der Wiederherstellung von Wäldern der Artenauswahl große Aufmerksamkeit zu schenken und bei den Bemühungen zur Wiederherstellung lokalen Arten den Vorrang zu geben.

Link zur Studie: http://dx.doi.org/10.1126/sciadv.abn1767
Website des Forschungsnetzwerks "2ndFOR": www.2ndfor.org
 


13.07.2022