Helmut Haberl vom Institut für Soziale Ökologie referiert und diskutiert bei der UN Biodiversity Conference in Kanada.

Die biologische Vielfalt ist aufgrund politischer, wirtschaftlicher und sozialer Faktoren in einer bedrohlichen Krise: Die Zahl der Arten, die jedes Jahr ausstirbt, liegt um mehrere Größenordnungen höher, als ohne menschliche Aktivitäten zu erwarten wäre. Die 15. UN Biodiversity Conference (COP15), die vom 7. bis 19. Dezember in Montréal, dem Sitz des UN-Sekretariats für das Übereinkommen über die biologische Vielfalt stattfindet, ist ein internationales Treffen, an dem Regierungen aus der ganzen Welt teilnehmen, um neue Ziele festzulegen und einen Aktionsplan für die Natur für das nächste Jahrzehnt zu entwickeln.

Anlässlich der COP15 folgen auch weltweit Forscher*innen dem Aufruf von IPBES (The Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services) und IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change), Lösungen für die Klima- und Biodiversitätskrise zu finden. Unter dem Motto "Lösungen für die Ursachen des Verlusts der biologischen Vielfalt" fand am Rande der COP15 ein dreitägiger Side-Event statt, bei dem geladene Wissenschaftler*innen die erforderlichen tiefgreifenden Veränderungen aufzeigten und neue Paradigmen, Ziele und Werte vorschlugen, die mit der Erhaltung der biologischen Vielfalt vereinbar sind.

Am vergangenen Donnerstagvormittag stand das Thema „Wie sieht ein nüchterner Lebensstil aus?“ im Vordergrund. Dabei diskutierten Julia Steinberger (Universität Lausanne), Helmut Haberl (Universität für Bodenkultur, Wien), Richard York (Universität Oregon) und Joshua Farley (Universität Vermont) zum Thema „Von Geld- zu Materialflüssen“.

Helmut Haberl’s Kurzinput “Die Verringerung der Ressourcennutzung ist der Schlüssel zur Erhaltung der biologischen Vielfalt" stellte folgende  Kernthese in den Vordergrund: Ein gutes Leben ist mit viel weniger Material- und Energieeinsatz möglich, als wir heute für nötig halten. Nötig dafür ist eine sozial-ökologische Transformation. „Alle Stufen der Ressourcennutzung sind mit direkten und indirekten Belastungen für die biologische Vielfalt verbunden. Die Verringerung des Material- und Energieverbrauchs ist daher ein wichtiger Hebel, um den Verlust der biologischen Vielfalt aufzuhalten,“ so Haberl.

Die Inputs von Julia Steinberger, Joshua Farly und Richard York kamen aus unterschiedlichen Perspektiven zu einem ähnlichen Fazit. Diskutiert wurde eine Vielzahl an Lösungsansätzen: vom Umsteuern in der Infrastrukturpolitik bis hin zu Veränderungen im Steuersystem und der Fiskalpolitik. Konkrete Beispiele wie das österreichische Klimaticket oder das aus Barcelona stammende Modell der Superblocks, die eine massive Verringerung des Autoverkehrs und erhebliche Steigerung der Lebensqualität im dicht besiedelten urbanen Bereich bringen können, wurden mit großem Interesse aufgenommen. Fazit der Diskussionen war, dass ein Umsteuern in Richtung eines nachhaltigeren, ressourcensparenden Lebens nicht nur zentral ist für die Erhaltung von Biodiversität und Klima, sondern auch große Chancen für mehr gesellschaftliches Wohlergehen bietet.

UN Biodiversitäts Konferenz (COP15) in Montreal:
#COP15montreal
https://www.unep.org/events/conference/un-biodiversity-conference-cop-15
https://collectifcop15.org/evenements/les-solutions-aux-causes-sous-jacentes-de-la-perte-de-biodiversite-2/

 


09.12.2022