Eine Studie mit BOKU-Beteiligung zeigt, dass sich Biodiversität bei Intensiv-Landwirtschaft für Bäuer*innen wirtschaftlich nicht lohnt.

 

Maßnahmen für eine nachhaltigere Landwirtschaft können die Anzahl und Vielfalt von Wildbienenarten im Grünland erhöhen und damit die Bestäubung und Ernteerträge in benachbarten Feldern steigern. Wirtschaftlich zahlt sich das in der intensiven Landwirtschaft aber nicht aus, zeigen Wissenschafter im Fachblatt "PNAS" am Beispiel von Sonnenblumen.

Die Umsetzung biodiversitätsfreundlicher Praktiken in der Landwirtschaft kann die Artenvielfalt schützen und gleichzeitig die Produktion steigern, schreibt ein Forscherteam um Jeroen Scheper von der Wageningen Universität (Niederlande). Die wirtschaftliche Profitabilität dieser Maßnahmen sei aber unklar, weswegen Bauern eher zögerlich reagieren. Nicht zu Unrecht, denn zumindest bei Nutzpflanzen in intensiv bewirtschafteten Agrarlandschaften, für die eine Bestäubung nur mäßig wichtig ist, rechne sich das nicht.

Für die Studie, an der auch Jochen Kantelhardt vom Institut für Agrar- und Forstökonomie der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien und Stefan Kirchweger von der Forschungseinrichtung STUDIA aus Schlierbach (OÖ) beteiligt waren, wurden 21 Grünlandparzellen im Südwesten Frankreichs, die an Sonnenblumenfelder grenzen, untersucht. Konkret überwachten die Wissenschafter im Frühjahr und Sommer 2015 Bienen und Blütenpflanzen in den Wiesen, die in unterschiedlicher Intensität bewirtschaftet wurden, und ermittelten die Auswirkungen auf den Ertrag in den angrenzenden Sonnenblumenfeldern. Im Jahr darauf befragten die Autoren Landwirte, um Daten zu Betriebsführung und Einkommen zu sammeln.

Kosten höher als Nutzen

Es zeigte sich, dass eine verringerte Ernteintensität im Grünland die Anzahl seltener Wildbienenarten erhöhte und zudem die Vielfalt der Wildbienen, den Ernteertrag und die Einnahmen auf den benachbarten Sonnenblumenfeldern steigerte. Die Deckungsbeiträge nahmen durch die bessere Bestäubungsleistung um bis zu 17 Prozent zu, abhängig von der Reduktion der Erntehäufigkeit der Grünlandflächen. "Allerdings übertreffen die Kosten der reduzierten Grünlandfuttererträge in allen Szenarien die wirtschaftlichen Vorteile einer verbesserten Bestäubung", erklärte Kantelhardt im Gespräch mit der APA. Wurde nur zweimal statt dreimal pro Jahr gemäht, sank der Deckungsbeitrag der Dauergrünlandbewirtschaftung in der französischen Untersuchungsregion um 41 Prozent.

Die erzielten Ergebnisse dürften für viele der intensiv bewirtschafteten Agrarlandschaften in Europa gelten, da Nutzpflanzen wie Raps und Sonnenblumen nur mäßig von Bestäubern abhängen und sich in der Fruchtfolge auch mit anderen, nicht von Bestäubung abhängigen Nutzpflanzen abwechseln. Bei stark bestäubungsabhängigen Dauerkulturen, wie man sie beispielsweise im Obstbau vorfindet, könnte die Bilanz allerdings durchaus anders ausfallen.

Die Ergebnisse würden unterstreichen, dass die Rentabilität oft ein wesentliches Hindernis für die Umstellung auf biodiversitätsfördernde landwirtschaftliche Praktiken darstellt und der Übergang zusätzliche öffentliche oder private Anreize erfordert. "Die positiven Effekte gleichen unter den aktuellen Rahmenbedingungen die nachteiligen oft nicht aus. Die Landwirte profitieren zwar von den Bestäubungsleistungen, aber eben nicht im ausreichenden Maß. Da braucht es aktuell externe Anreizgeber wie den Staat, die solche Extensivierungsmaßnahmen mit entsprechenden Programmen finanziell unterstützen", so Kantelhardt.

Service: https://doi.org/10.1073/pnas.2212124120

(Text APA)

Links:
https://science.apa.at/power-search/5670976909245030986 
https://science.orf.at/stories/3220117/


05.07.2023