In Österreich gibt es bisher kein systematisches Programm, um Bodenorganismen und deren Gefährdung zu überwachen. Das ist erstaunlich, denn Böden gehören zu den artenreichsten Lebensräumen und sind essenziell für funktionierende Ökosysteme. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Abmilderung von Klimaextremen wie Starkregen oder Dürre und sind bedeutend für die Speicherung von Kohlenstoff. Das Projekt "BodenBiodiv" hat drei Hauptziele, um diese Wissenslücke in Österreich zu schließen und die Ursachen für verschiedene Indikatoren der Boden-Biodiversität in der offenen Kulturlandschaft zu erforschen.
Ziel 1: Aufbau eines systematischen Monitorings der Regenwurmfauna in der offenen Kulturlandschaft auf 200 repräsentativen Testflächen (625x625 m) in ganz Österreich, die Teil der Biodiversitätsmonitoring-Projekte BINATS und ÖBM-K sind. Dabei werden Listen der vorkommenden Regenwurmarten, deren Häufigkeit und Biomasse erstellt sowie eine Verbreitungskarte für Österreich angefertigt. Zusätzlich wird ein Handbuch für das nationale Monitoring der Boden-Biodiversität entwickelt, das mit bestehenden Kartierungshandbüchern abgestimmt wird.
Ziel 2: Analyse der Faktoren, die das Vorkommen von Regenwürmern beeinflussen. Dazu werden Standortmerkmale (wie Landnutzung und Höhe über dem Meeresspiegel) und Bodeneigenschaften (wie pH-Wert, Nährstoffe, Feuchtigkeit, Kohlenstoffgehalt und Bodenmikroorganismen) sowie Bewirtschaftungspraktiken erfasst und mit den Regenwurmparametern und der Biotoptypenkartierung der Testflächen verglichen. Eine Meta-Analyse der österreichischen Regenwurmdaten wird mit Unterstützung von Methoden der künstlichen Intelligenz und des maschinellen Lernens durchgeführt. Rückstellproben werden für weiterführende genetische Analysen aufbewahrt.
Ziel 3: Erstellung der ersten Roten Liste der Regenwürmer Österreichs, basierend auf dem Vorbild der Roten Liste der Regenwürmer Deutschlands. In Zusammenarbeit mit nationalen und internationalen Expert:innen wird ein Entwurf erstellt, der auf aktuellen und historischen Funden sowie Gefährdungseinschätzungen nach IUCN-Vorgaben basiert. BodenBiodiv bearbeitet Indikatoren zum Status von Arten und Biotoptypen, und Rückstellproben können zur Ermittlung der genetischen Vielfalt verwendet werden. Zum ersten Mal wird eine Rote Liste für Bodenorganismen in Österreich erstellt.
Durch die Erstellung eines umfassenden Datensatzes aus verschiedenen klimatischen Regionen in Österreich ermöglicht BodenBiodiv auch eine Einschätzung der Folgen des Klimawandels aus der Sicht der Bodenorganismen. Darüber hinaus werden Synergien mit bestehenden Biodiversitätsmonitorings geschaffen, indem die Wechselwirkungen zwischen unterirdischer und oberirdischer Biodiversität auf den Testflächen analysiert werden. Damit hat BodenBiodiv nicht nur national, sondern auch europaweit eine große Bedeutung für den Naturschutz und die Wissenschaft.