Der 21. März ist der internationale Tag gegen Rassismus
Wir leben in einer pluralen Gesellschaft, in der Menschen mit internationaler Geschichte und vielfältigen Herkünften und Zugehörigkeiten zusammenleben. Und obwohl Ungleichbehandlung aufgrund der ethnischen Herkunft im Arbeitskontext gesetzlich verboten ist, stellt rassistische Diskriminierung nach wie vor ein großes strukturelles Problem dar. Je nach Kontext tritt Rassismus in unterschiedlichen Formen auf – subtil oder ganz offensichtlich.
Rassistische Diskriminierung ist mit vorurteilsbehafteten Überzeugungen verknüpft, die sich in Zusammenhang mit Ausübung von Macht in unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontexten zeigt. Diese Überzeugungen haben eine Geschichte.
Rassismus hat eine Geschichte
Das pseudowissenschaftliche Konzept von „Rassen“ wurde vor rund 400 Jahren von europäischen Wissenschaftlern mit der Heranziehung von willkürlich selektierten physiognomischen Merkmalen entwickelt. Weiße Wissenschaftler trugen damit zu einer Legitimierung weißer Vorherrschaft bei. Die darin begründeten ideologischen Vorstellungen hatten jahrhundertelang verbrecherische und unmenschliche Folgen und sind bis heute wirksam. Sie dienten beispielsweise als Rechtfertigung für die Versklavung von Menschen, dem (Post- und Neo-) Kolonialismus und zahlreiche Genozide, die Millionen Menschen ausbeuteten, unterdrückten und das Leben kosteten. Als eine europäische Universität tragen wir deshalb eine große Verantwortung, was die Auseinandersetzung mit Anti/Rassismus betrifft.
Die Soziologin Philomena Essed beschreibt Rassismus als “eine Ideologie, eine Struktur und einen Prozess, mittels derer bestimmte Gruppierungen auf der Grundlage tatsächlicher oder zugeschriebener biologischer oder kultureller Eigenschaften als wesensmäßig andersgeartete und minderwertige (…) ethnische Gruppen angesehen werden“. Dieses konstruierte „Othering“ hat zur Folge, dass Personen bestimmter Gruppen abgewertet und damit auch von Diskursen und Ressourcen ausgeschlossen werden. Von der dominierenden Gesellschaft als Normalität anerkannt, wird strukturelle Diskriminierung wie Rassismus, Klassismus oder Sexismus nicht als Problem wahrgenommen. Personen, die sich zur dominierenden Gesellschaft zählen, legitimieren damit ihre weißen Privilegien und agieren aufgrund rassistischer (sexistischer, klassistischer, ableistischer etc.) Zuschreibungen abwertend und diskriminierend.
An der BOKU möchten wir am internationalen Tag gegen Rassismus insbesondere auf die universitätseigene Geschichte verweisen, an der sich die Ideologie des Nationalsozialismus ab den 1920ern ausgebreitet und bis zum Ende des zweiten Weltkriegs eingeschrieben hat. Die Publikation Braune Kehrseiten. Die faschistische Geschichte der Universität für Bodenkultur (2022) gibt detaillierte Informationen zu den historischen Entwicklungen an der BOKU.
Rassismuskritik als Schlüsselkompetenz
Im österreichischen Kontext richtet sich rassistische Diskriminierung beispielsweise gegen Schwarze Menschen und People of Colour (etwa Personen aus der Türkei, asiatischen, zentral- und südamerikanischen Regionen), Menschen mit indigener Geschichte, Muslim*innen, Jüd*innen, Sinti*zze und Rom*nja, slawische Menschen und Menschen mit Migrationserfahrungen und Fluchtgeschichte.
Rassismuskritik ist eine Schlüsselkompetenz für pädagogische Professionen, unterstreicht der Soziologe Aladin El-Mafaalani. Es bedarf – vor allem an Hochschulen – einer kontinuierlichen Praxis der Selbstreflexion und der Reflexion der sozialen Ordnung und ihrer Legitimität. Dies bezieht sich auf universitäre Strukturen und konkret auf Ein- und Ausschlussmechanismen – etwa was die Zugänglichkeit zur Universität für Personen angeht, die von Rassimus betroffen sind.
Wir möchten an diesem Tag ein starkes Zeichen setzen, um Rassismus als vielschichtiges Problem der Gegenwart ernst zu nehmen und aufzuzeigen. Als Koordinationsstelle ist es uns wichtig, rassistische Strukturen zu eruieren und den universitären Alltag entschlossen antidiskriminatorisch zu gestalten.
Im Rahmen der jährlich stattfindenden Awareness Days sind Rassismuskritik und dikriminierungskritisches Handeln wesentliche Schwerpunkte. Ethnische Diversität und Rassismuskritik bildet eines von sechs Kernzielen der Diversitätsstrategie BOKU und so fließen rassismuskritische Zugänge auch wesentlich in die Konzipierung und Umsetzung jeglicher Maßnahmen und Prozesse ein.