16.12.2020 - Den Prozessen der Hautalterung auf der Spur
Neues Christian-Doppler-Labor unter Beteiligung der MedUni Wien, BOKU, TU Wien und dem Unternehmenspartner Chanel nimmt seine Arbeit auf.
Das Altern wird an der Haut am deutlichsten sichtbar. Im neu eröffneten Christian-Doppler-Labor „SKINMAGINE“ (Multimodal Imaging of Aging and Senescence of the Skin) haben sich Dermatolog*innen der MedUni Wien mit Biotechnolog*innen der Universität für Bodenkultur Wien und Chemiker*innen der TU Wien sowie die Firma CHANEL zusammengetan, um das Zusammenspiel von Metabolismus, Zellkommunikation und zellulärer Qualitätskontrolle in der durch Umweltstress beschleunigten Hautalterung zu erforschen.
Zusammenspiel verschiedener bildgebender Verfahren
Hautalterung passiert nicht in Isolation, sondern im Zusammenspiel mit der Umwelt und mit sich verändernden Prozessen im ganzen Körper. Sie wird durch das „städtische Exposom“, die kombinierte Einwirkung von Faktoren wie Umweltverschmutzung und Sonnenlicht, beschleunigt. Normale und vom städtischen Lebensstil beschleunigte Alterung der Haut betreffen den Fett-, Protein- und Zuckerstoffwechsel, die Fähigkeit zur Regeneration und Kommunikation im Gewebe. „Wir wollen das Zusammenspiel der Mechanismen, die zur Hautalterung beitragen, mit höchster optischer, chemischer und biochemischer Präzision auf der Zellebene analysieren“, erklärt Laborleiter Florian Gruber von der Universitätsklinik für Dermatologie der MedUni Wien.
Ein weiteres Ziel der Forscher ist die Entwicklung von neuen Methoden, mit denen Alterungserscheinungen der Haut in gesunden Personen einfach, schnell und schmerzfrei verfolgt werden können. Dies könnte mit der Raman-Mikrospektroskopie gelingen, die seit mehreren Jahren für Zellkulturen und Gewebeproben von Markus Schosserer in der BOKU Core Facility „Multiscale Imaging“ etabliert wird. „Abgesehen von unserem akademischen Interesse an neuen nicht-invasiven Methoden zur Untersuchung der Hautalterung, werden diese Verfahren zukünftig die Testung von neuen Hautpflegeprodukten deutlich vereinfachen“, so Schosserer.
„Die bildgebende Massenspektrometrie ermöglicht die exakte Lokalisierung von tausenden biologischen Molekülen im Gewebe, aber auch von Pflegeprodukten in Haut. Wir können somit ein exaktes Abbild des Hautzustandes liefern“, erklärt Martina Marchetti-Deschmann. Die Massenspketrometrie wird mit anderen bildgebenden Verfahren zu einer multimodalen Anwendung entwickelt, die umfassende Informationen über biologische Prozesse liefert. Ebenso wird das Potential getestet, sofort eine Aussage über den Hautzustand einer Person zu geben, in dem eine Probe direkt von der Hautoberfläche genommen und online in das Gerät eingebracht wird.
Institutionenübegreifende und komplementäre Fachkompetenz
„Christian Doppler Labore stellen ein einmaliges Förderinstrument dar, das auf effiziente und unbürokratische Weise langfristig den Wissenstransfer von den Universitäten zur Wirtschaft garantiert und aufzeigt, wie fruchtbar die gelebte Vernetzung von Grundlagenforschung und angewandter Forschung sein kann“, betont Christian Obinger, Vizerektor für Forschung und Innovation an der Universität für Bodenkultur Wien. „Mit diesem interdisziplinären CD-Labor setzen die beteiligten Wiener Universitäten ihre erfolgreiche Zusammenarbeit fort. Die Lösung komplexer biologischer Fragestellungen erfordert institutionenübegreifende und komplementäre Fachkompetenz und eine Bündelung hochwertiger Forschungsinfrastrukturen. Die BOKU hat mit dem ehemaligen CD-Labor für Biotechnologie der Hautalterung den Grundstein für diese Kooperation gelegt und wird sich in ihrem Modul mit der Charakterisierung von seneszenten Hautzellen beschäftigen, v.a. im Hinblick auf Proteinsynthese und RNA Modifikationen.“
Wirtschaftsministerium fördert Grundlagenforschung
„Hautalterung ist die sichtbarste Manifestation des Alterns. Dieses CD-Labor wird uns neues Wissen über die Mechanismen der Zellalterung bringen und zugleich die Grundlage für neue und innovative Hautpflegeprodukte sein. Die internationale Beteiligung zeigt die hervorragende standortrelevante Forschung unserer Forscherinnen und Forscher“, betont Wirtschafts- und Forschungsministerin Margarete Schramböck.
Christian-Doppler-Labor SKINMAGINE
Ermöglicht wird die Forschung durch die Überlagerung verschiedener bildgebender chemischer, enzymatischer und immunhistologischer Verfahren. Experimente in Kulturzellen oder in Gewebeextrakten bilden die Zusammenhänge von zellulärer Alterung (Seneszenz), Stress, Kommunikation und Stoffwechsel nicht ganzheitlich ab, zumal die Haut ein komplexes und dynamisches Organ darstellt. Seneszente Zellen zeigen zudem Anzeichen für reduzierte interne Qualitätskontrolle. Ihren veränderten Zustand kommunizieren die seneszenten Zellen mit einem Mix aus Signalstoffen (Proteine, Lipide und Nukleinsäuren) an ihre „Mikroumgebung“, und diese wird dadurch verändert. Wenn diese Signale über längere Zeit ausgesendet werden, werden die Mikroumgebung und das Gewebe nachhaltig zerstört und pathologische Prozesse gefördert.
Diese Veränderungen zu charakterisieren, ist mit Einzelmethoden jedoch sehr anspruchsvoll. Dieses CD-Labor verwendet daher eine sogenannte multimodale analytische Methode, um diese Herausforderungen bei der Analyse von Biopsien der Haut und selbst entwickelten Hautalterungsmodellen zu meistern. Dazu werden z.B. massenspektrometrische Bildgebung mit Raman-Mikrospektroskopie, Immun(fluoreszenz)histologie und Metabolischem Imaging kombiniert. Die Ergebnisse der jeweiligen Methoden werden in der Folge mittels Algorithmen, die eigens weiterentwickelt werden, zusammengefügt. Dadurch entsteht ein analytisches Abbild der seneszenten Zellen in ihrer Mikroumgebung.
Abgesehen von bislang unerreichtem Grundlagenwissen zur Alterung der Haut wird man in den Modellen zielgerichtet testen können, ob und wie Aktivstoffkandidaten für Hautpflegeprodukte den stress- und seneszenzbedingten Änderungen im Metabolismus, der Mikroumgebung, der Kommunikation oder der zellulären „Qualitätskontrolle“ entgegenwirken können.
Eine umfassende Videovorstellung des neuen CD-Labors ist auf www.meduniwien.ac.at/skinmagine abrufbar.
Rückfragen:
DI Dr. Markus Schosserer
Institut für Molekulare Biotechnologie
Email: markus.schosserer(at)boku.ac.at
Telefon: +43 1 47654 79067