17.12.2020 - Großes Einsparpotential durch Ernährung für den Klimawandel
Wieviel Treibhausgase produzieren wir durch unsere Art zu essen? An der Universität für Bodenkultur Wien wurde im Rahmen des Projekts DIETCCLU erhoben, welchen Einfluss die unterschiedlichen Ernährungsweisen auf Klimawandel und Flächeninanspruchnahme in Österreich und in Übersee haben.
Die Ernährung spielt eine zentrale Rolle für die Gesundheit des Menschen, sie hat aber auch große Auswirkungen auf Klimawandel, Ressourcennutzung, Biodiversität sowie Boden- und Wasserqualität. Die gegenwärtige Ernährungsweise in Österreich verursacht besonders hohe Emissionen von Treibhausgasen (THG). Darüber hinaus generiert unsere herkömmliche Art zu essen viele weitere negative Umwelteffekte, die in Verbindung mit der Landnutzung in Übersee stehen – etwa über Soja-und Palmölimporte aus Südamerika bzw. Südostasien.
Vier Arten, sich zu ernähren untersucht
Die beiden BOKU-Forscher Martin Schlatzer und Thomas Lindenthal vom Zentrum für Globalen Wandel und Nachhaltigkeit haben in Kooperation mit dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL Österreich) im Rahmen von „StartClim B (DIETCCLU)“ berechnet, wie sich vier unterschiedliche Ernährungsweisen auf die Treibhausgas (THG)-Emissionen und den Bodenverbrauch auswirken:
- Durchschnittliche omnivore Ernährung in Österreich (OMNI IST)
- Omnivore Ernährung nach den Empfehlungen der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung (ÖGE), bei der der Fleischkonsum um zwei Drittel reduziert wird (OMNI ÖGE)
- Ovo-Lacto-Vegetarische nach Gießener Ernährungspyramide (OLVEG)
- Vegane Ernährung nach Gießener Ernährungspyramide (VEGAN)
„StartClim“ wird finanziert von Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung, Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Infrastruktur & Technologie, Klima- und Energiefonds sowie Land Oberösterreich.
„Die Ernährung hat mit einem Anteil von 20-30% aller Treibhausgase einen großen Anteil an den klimarelevanten Emissionen in Österreich. Unser Ernährungsverhalten hat ebenso einen Einfluss auf den Landverbrauch und damit auch auf die Ernährungssicherheit“, sagt Martin Schlatzer.
Die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung:
1.) Die gegenwärtige durchschnittliche, omnivore Ernährung in Österreich (OMNI IST) verursacht in Summe 1.467 kg CO2-eq-Emissionen/Person und Jahr. Durch die Umstellung auf eine deutlich gesündere Ernährung (OMNI ÖGE) – an die Richtlinien der ÖGE angepasst, d.h.66% weniger Fleisch – können 28,2% der THG-Emissionen eingespart werden (siehe Abb. 1). Dies ist auf den wesentlich geringeren Anteil an Fleisch- und Wurstprodukten (die einen hohen CO2-Rucksack aufweisen) zurückzuführen.
2.) Eine ovo-lacto-vegetarische Ernährung verursacht 767 kg CO2-eq-Emissionen/Person/Jahrund spart somit 47,7% der THG-Emissionen im Vergleich zu der OMNI IST-Ernährung ein. Das größte THG-Einsparungspotential kann durch einen Umstieg auf eine vegane Ernährung mit lediglich 439 kg CO2-eq pro Person und Jahr erzielt werden, was einer Einsparung von 70,1% der THG-Emissionen entspricht. Dieses hohe Einsparpotential der vegetarischen und veganen Ernährungsweise hinsichtlich THG (aber auch punkto Flächenbedarf) geht vor allem auf den reduzierten oder nicht vorhandenen Anteil an tierischen Produkten zurück.
3.) Diese positiven Umwelteffekte werden durch einen jeweiligen 100% Bioprodukte-Anteil in allen untersuchten Ernährungsvarianten nochmals deutlich gesteigert (in Summe: Bio vegan -76%, Bio ovo-lacto -57%, Bio ÖGE -41% im Vergleich zur gegenwärtigen Ernährung), (s. Abb. 1), da die biologische Landwirtschaft in Österreich eine Reduktion der THG-Emissionen auch pro kg Produkt bei den meisten Lebensmitteln bewirkt, insbesondere bei Fleisch und Eiern.
Ähnlich wie bei den THG-Emissionen verhält es sich bei den unterschiedlichen Ernährungsweisen und ihrem Einsparpotential punkto Flächenverbrauch für landwirtschaftliche Nutzfläche: So benötigt eine durchschnittliche, omnivore Ernährung mit 1832 m2 pro Person und Jahr die größte Fläche von allen Ernährungsweisen. Die geringste Fläche nimmt eine vegane Ernährungsweise mit 629 m2 pro Person und Jahr in Anspruch. Das entspricht einem Einsparpotential von ca. 2/3 der Fläche (65,7%) gegenüber der durchschnittlichen Ernährungsweise in Österreich, womit auch das größte Einsparpotential gegeben ist. Eine ovo-lacto-vegetarische Ernährung spart rund 41,7% der Fläche gegenüber der Durchschnittsernährung pro Jahr und Person ein – und eine Ernährung nach den ÖGE-Empfehlungen spart 30,9% der landwirtschaftlichen Nutzfläche ein (siehe Abb. 2).
Hinzu kommt auch die Verringerung von Spill-Over-Effekten auf die Flächennutzung im Ausland, wenn der Fleischkonsum reduziert und somit u.a. Sojafuttermittelimporte deutlich verringert werden. Zudem würde bereits eine Verringerung des Fleischkonsums um -33,5% zur Folge haben, dass genug Flächen (314.466 ha) frei werden, dass theoretisch die gesamten gegenwärtig importierten Sojafuttermittel sowie das importierte Palmöl in Form des Anbaus von Soja, Raps und Sonnenblume in Österreich ersetzt werden könnte.
Lindenthal: „Durch den verstärkten Umstieg auf pflanzliche Ernährungsweisen können landwirtschaftliche Nutzflächen in hohem Maße eingespart werden, vor allem dort, wo die Nutztiere Nahrungskonkurrenten für den Menschen sind. Ein solcher Umstieg wird insbesondere für die Zukunft hinsichtlich Krisenrobustheit und Ernährungssicherheit sehr bedeutsam werden. Zudem würde ein solcher nachhaltiger Ernährungsstil auch bei großflächiger biologischer Landwirtschaft die Ernährung bei weitem sicherstellen.“
Aus den Ergebnissen sowie der gesamtheitlichen Betrachtung lassen sich folgende Empfehlungen für die Etablierung einer möglichst nachhaltigen und ressourcenschonenden Ernährung ableiten:
· Forcierung von vegetarischen und veganen Ernährungsoptionen
· Reduktion des Konsums von Fleisch (insbesondere Schweine- und Hühnerfleisch) um 50%
· Maßnahmen zur Steigerung der ganzheitlichen Fleischqualität ausgerichtet auf strenge Nachhaltigkeitskriterien (deutliche THG-Einsparungen und Nachhaltigkeitsvorteile durch Bio-Fleisch)
„Die durchschnittliche österreichische Ernährung hatte den größten klimatischen Impact, die vegane Ernährungsweise in der Biovariante den geringsten“ fasst Martin Schlatzer die Ergebnisse zusammen. „Unsere Studie macht deutlich, dass die Umstellung auf eine Ernährung mit wenig Fleisch und vor allem auf eine ovo-lacto-vegetarische oder vegane Ernährung einen deutlichen Benefit für Klima, Flächenverbrauch und Gesundheit mit sich bringt – eine Win-Win-Situation für das Erreichen des Pariser Klimazieles als auch für unsere Gesundheit.“ Denn bei einer Umstellung auf gesündere Ernährungsweisen könnten laut Vereinten Nationen weltweit 11 Millionen Tote pro Jahr vermieden werden.
Die gesamte Studie finden Sie unter:
https://www.fibl.org/fileadmin/documents/de/news/2020/startclim_endbericht_2012.pdf
Wissenschaftlicher Kontakt:
Mag. Martin Schlatzer
Universität für Bodenkultur Wien
Zentrum für Globalen Wandel und Nachhaltigkeit
martin.schlatzer(at)boku.ac.at
Tel.: 01 47654-81421
DI Dr. Thomas Lindenthal
Zentrum für Globalen Wandel und Nachhaltigkeit
Thomas.lindenthal(at)boku.ac.at
Tel.: 01 47654-99103