Eine neue Forschungsinitiative unter Beteiligung der Universität für Bodenkultur Wien hat sich zum Ziel gesetzt, mit neuen Materialien und Verfahren für eine effizientere, kostengünstigere und auch nachhaltigere Reinigung von Biopharmazeutika zu sorgen - um sie so rascher für eine größere Patientengruppe zugänglich zu machen.

Das Europäische Forschungsprojekt PURE erhielt jetzt eine Finanzierung von rund 3 Mio. € für die Entwicklung nachhaltiger Verfahren zur Herstellung von Biopharmazeutika – dazu gehören biologische Arzneimittel wie Antikörper und virusähnliche Partikel, die bei Krebsbehandlungen oder als Vakzine eingesetzt werden. Koordiniert wird das Projekt von Cecília Roque von der zur Universität Lissabon gehörenden FCT-NOVA Schule für Wissenschaft und Technologie; die drei weiteren am Konsortium beteiligten Institutionen sind die Universität für Bodenkultur Wien (BOKU), die Universität Bayreuth und das portugiesische Institut für Experimentelle und Technologische Biologie.

Biopharmazeutika sind nicht überall ausreichend verfügbar
Obwohl Biopharmazeutika für Prävention, Diagnose und Behandlung vieler Krankheiten entscheidende Bedeutung haben, sind sie oft dort, wo man sie am dringendsten benötigt, aufgrund der hohen Kosten nicht ausreichend verfügbar. Das multidisziplinäre Team erarbeitet deshalb im Rahmen des soeben gestarteten, für vier Jahre geplanten Projekts Technologien, die die Herstellung von Biopharmazeutika radikal verändern sollen. 

Reinigung größter Kostenfaktor im Herstellungsprozess
„Wir sind Pioniere in der Entwicklung neuer Materialien und Verfahren für eine effizientere, kostengünstigere und auch nachhaltigere Reinigung von Biopharmazeutika“, sagt Cecília Roque, Associate Professor an der FCT-NOVA. Tatsächlich macht die Reinigung von Biopharmazeutika bis zu 80% der gesamten Herstellungskosten aus. "Angesichts der COVID-19-Pandemie bedarf es gerade jetzt innovativer Konzepte zur Reinigung von virusähnlichen Partikeln und anderen Biopharmazeutika“, zeigt sich Prof. Alois Jungbauer, Leiter des Instituts für Bioverfahrenstechnik an der BOKU in Wien, überzeugt.

Effizient und nachhaltig: Reinigung mit Nanofaser-Membranen
Die industrielle Herstellung neuer biobasierter Materialien wie Nanofasern zur effizienten Herstellung biologischer Biopharmazeutika steckt noch immer in den Kinderschuhen. Das PURE-Projekt revolutioniert die Art und Weise, wie neue biobasierte Materialien für diese Zwecke eingesetzt werden können. So werden etwa Nanofasern entwickelt, die mit hoher Präzision an biologische Produkte binden. „Biogene, mechanisch robuste Membransysteme aus Nanofasern eignen sich hervorragend für Luft- und Wasserfiltrationszwecke. Mit Hilfe von molekularbiologischen Methoden ist es möglich, solche Nanofasern für die selektive Reinigung von Biopharmazeutika zu entwickeln“, so Thomas Scheibel, Leiter der Abteilung Biomaterialien an der Universität Bayreuth.

Projektkoordinatorin Cecília Roque ist überzeugt, dass "nur eine grundlegende Änderung der Reinigungstechnologien den ökologischen Fußabdruck der biopharmazeutischen Industrie verringern kann",  dass die neuen Reinigungsverfahren schneller und effizienter sind und damit Biopharmazeutika rascher für eine größere Patientengruppe zugänglich gemacht werden können. „Die entwickelten Materialien und Verfahren erfüllen die Anforderungen einer biobasierten Wirtschaft“, versichert BOKU-Professor Alois Jungbauer, „weil sie vollständig abbaubar sind und Umweltfreundlichkeit mit verbesserter Wirtschaftlichkeit verbinden“.

Der FET Open Call - Future and Emerging Technologies - ist ein Programm im Rahmen des Horizon 2020 Community Framework-Programms für Forschung und Innovation, das darauf abzielt, Forschung und Technologie über das Bekannte, Akzeptierte oder allgemein Anerkannte hinaus zu fördern und damit auch Ideen, die zur Entdeckung neuer Technologien führen.

Kontakt / Rückfragen:
Univ.Prof. DI Dr. Alois Jungbauer
Universität für Bodenkultur Wien
Department für Biotechnologie
+43 699 1200 8142
alois.jungbauer@boku.ac.at