Neue Datenbank an der Universität für Bodenkultur Wien soll es auch anderen Wissenschaftler*innen ermöglichen, eigene Forschung auf Basis von Antigenen mit besonders hoher Reinheit rasch und unkompliziert zu betreiben.

An der BOKU werden SARS CoV-2-spezifische Proteine in unterschiedlichen biotechnologischen Produktionssystemen hergestellt (c) BOKU

Antikörpertests sind ein wichtiges Instrument, um die Wirksamkeit von Impfstoffkandidaten zu beurteilen und darauf basierend geeignete Impf-Modalitäten ableiten zu können. Für die Qualität eines Antikörpertests sind eine hohe Spezifität und Sensitivität von großer Bedeutung, denn diese kennzeichnen, ob ein Test verlässlich Erkrankte von Gesunden unterscheiden kann. Die BOKU hat sich in den vergangenen vier Monaten intensiv damit beschäftigt, diverse SARS CoV-2-spezifische Proteine (Antigene) in unterschiedlichen biotechnologischen Produktionssystemen herzustellen, um ideale Kandidaten für den serologischen Nachweis von SARS CoV-2 Antikörpern zu identifizieren.

Da nicht jedes Labor Zugang zu rekombinanten Proteinproduktions- und reinigungstechnologien hat, stellt jetzt die BOKU ganz im Sinne des Nachhaltigkeitsgedanken auch anderen akademischen und kommerziellen Partner*innen die Antigene für eigene Untersuchungen COVID-assoziierter Forschungsfragen zur Verfügung. Um die Antigenverteilung besser und einfacher koordinieren zu können, hat das BOKU-Startup Novasign GmbH ihre eigene Online-Plattformlösung für die BOKU adaptiert. Darüber hinaus hat Amazon über sein Web Service für dieses Projekt gratis Rechenkapazitäten in Form von AWS Credits zur Verfügung gestellt. Dieses Gesamtpaket ermöglicht es der BOKU, rasch und unbürokratisch Anfragen zu bearbeiten, und dadurch die Forschung weiter zu beschleunigen.

Über das BOKU Covid19 Portal können Forscher*innen ab sofort Testmengen gratis (nur gegen Versandkosten) anfordern.  (https://portal.boku-covid19.at) 

Wie bereits berichtet, hat die BOKU ursprünglich genetisches Material für die Herstellung zweier Coronavirus-Antigene vom Virologen Florian Krammer (Icahn School of Medicine at Mount Sinai, New York) erhalten. Anfang April bildete sich an der BOKU ein Department-übergreifendes Konsortium bestehend aus Wissenschaftler*innen der Departments für Biotechnologie (DBT) und für Angewandte Genetik und Zellbiologie (DAGZ) sowie dem Austrian Centre of Industrial Biotechnology (ACIB), sowie DBT-assozierten Spin-Offs (Novasign, enGenes Biotech), mit dem Ziel, eine Auswahl an SARS CoV-2 Antigenen rasch für einen Antikörpertest bereitzustellen. Hierfür hat die BOKU, gemeinsam mit der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmeduni Vienna)  und der Medizinischen Universität Wien (MedUni Wien), eine finanzielle Unterstützung des Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) im Rahmen des WWTF COVID-19 Rapid Response Call erhalten.

Um die breite Auswahl an möglichen Kandidaten einzugrenzen, wurde sehr eng mit den Konsortialpartnern, dem Institut für Medizinische Biochemie und dem Institut für Immunologie der (Vetmeduni Vienna) zusammengearbeitet, welche alle Anwärter für Antikörpertests einer ersten Vorvalidierung unterzogen. An der Vetmeduni Vienna wurden die Antigene in einem 96-well ELISA-Plattenformat mit einem von der (MedUni Wien) bereitgestellten Panel an prä-COVID Seren und ausgewählten Seren von COVID19-Patienten mit unterschiedlichen Krankheitsverläufen getestet. Zusätzlich wurden alle produzierten Proteine auch von der Competence Unit Molecular Diagnostics des Austrian Institute of Technology (AIT) und der Klinischen Abteilung für Nephrologie und Dialyse der MedUni Wien in einer alternativen Testplattform auf ihre Funktionalität überprüft. Die Kombination von Antikörpertest Performance-Daten mit den verfügbaren Resultaten in Bezug auf Produktausbeute und den Kapazitäten der BOKU für die Prozessskalierung ließ die Entscheidung auf zwei Antigen-Kandidaten fallen. Diese umfassen  eine leicht-verkürzte Variante der SARS CoV-2 Spike Rezeptorbindungsdomäne (RBD), hergestellt in einer humanen Zelllinie, sowie um das virale Nucleocapsidprotein (NP), hergestellt in Bakterien. Basierend auf diesen Antigenen, wurden an der Vetmeduni technische Optimierungen in Bezug auf das Antikörpertest-Setup vorgenommen, um hier eine bessere Trennschärfe zwischen den Messwerten der Proben von infizierten und nicht-infizierten Spendern zu erhalten. Die gute Kooperation der beteiligten Einrichtungen haben sich bezahlt gemacht, denn in der Leistungsbewertungsprüfung, durchgeführt am Klinischen Institut für Labormedizin der MedUni Wien, schnitt der Test hervorragend ab.

Bei den derzeit über die Plattform hoch rein verfügbaren Proteinen handelt es sich um jene zwei Antigene, die nun in diesen Tests als Diagnostikantigene Einsatz finden, sowie um eine lösliche Form des Spike Proteins. Die ausgezeichnete Zusammenarbeit der beteiligten BOKU-Departments und universitären Einrichtungen, der BOKU Core Facilities Biomolecular & Cellular Analysis sowie Mass Spectrometry, des ACIB und enGenes Biotech, erlaubte es, für diese Proteine komplexe Produktions-, Reinigungs- und Analyseverfahren zu etablieren, welche gewährleisten, dass diese auch reproduzierbar und mit der für einen Einsatz in der medizinischen Diagnostik erforderlichen hohen Reinheit hergestellt werden können. Die hohe Güte der Antigene, welche auch über das Portal verfügbar sind, spiegelt sich unter anderem in der kommerziellen Verwendung dieser Antigene von mehreren Herstellern wider.

Kontakt:

DI Miriam Klausberger, Ph.D.
Institut für Molekulare Biotechnologie
+43 (1) 47654 – 79858 od. 79928
miriam.klausberger(at)boku.ac.at

Dr. Mark Dürkop
Institut für Bioverfahrenstechnik
+43 (1) 47654 – 79170
mark.duerkop(at)boku.ac.at