Mikrobiologinnen der Universität für Bodenkultur Wien entschlüsseln den genetischen Fingerabdruck von Kunstwerken

Jedes Kunstwerk birgt einen mikrobiellen Fingerabdruck, der eine Geschichte über seinen Ursprung und seine einzigartige Historie erzählt. In einer neuen und bislang einzigartigen Studie wurden drei vom Zoll beschlagnahmte und möglicherweise geschmuggelte antike Marmorstatuen an der BOKU molekularbiologisch untersucht. Ziel war es, die Geschichte der Lagerung jeder einzelnen Statue zu rekonstruieren, mögliche Beziehungen zwischen den Kunstobjekten aufzuklären und nachzuvollziehen, in welchen geografischen Regionen die Objekte gelagert waren.

DNA-Spuren ermöglichen genetische Zeitreise
Auf jedem der Kunstwerke - ein ca. 10 cm hoher Mädchenkopf sowie ein männlicher und ein weiblicher Torso - haben Bakterien, Pilze und Pflanzen ihre DNA-Spuren hinterlassen. Die DNA von schwarzen mikrokolonialen Pilzen etwa weist auf einen mediterranen Ursprung hin und lässt auch die Schlussfolgerung zu, dass es sich um antike Originale handelt. Meeresbewohnende Bakterien zeigen, dass die Figuren – wie viele andere antike Statuen - ins Meer gespült wurden und die DNA von Mais, Soja, Gurke und anderen landwirtschaftlichen Nutzpflanzen lässt darauf schließen, dass die beiden Torsi zeitweilig (und möglicherweise gemeinsam) in Ackerboden vergraben waren. Auch eine Chinareise haben die Objekte hinter sich: So wurde die Erbinformation des in Taiwan endemischen „Sargbaumes“ nachgewiesen. Darauf, dass die Figuren zuletzt gemeinsam in Wiener Bauschutt gelagert und dort angeblich „gefunden“ wurden, gab es hingegen keine eindeutigen Hinweise.

Grundlage der Analysen ist die Sequenzierung des Metagenoms mit einer hochmodernen Technologie, der so genannten Next Generation Sequenzierung. Die Daten liefern neue und wertvolle Einblicke in die Geschichte der Kunstwerke und können für Kunstsammler, Kuratoren, Auktionshäuser, Kriminologen, Archäologen, Kunsthistoriker und Restauratoren von wesentlichem Nutzen sein.

Original Artikel:
Guadalupe Piñar, Caroline Poyntner, Hakim Tafer, Katja Sterflinger. 2019. A time travel story: metagenomic analyses decipher the unknown geographical shift and the storage history of possibly smuggled antique marble statues. https://doi.org/10.1007/s13213-019-1446-3

Kontakt / Rückfragen:
Prof. Dr. Katja Sterflinger
Universität für Bodenkultur Wien
Department für Biotechnologie
+43 1 47654 79865
katja.sterflinger(at)boku.ac.at