(c) Institut für Mikrobielle Genetik (IMiG)

(c) Institut für Mikrobielle Genetik (IMiG)

Pilze produzieren tausende Wirkstoffe und bioaktive Substanzen, wie Antibiotika oder Zellgifte. Wie das im Detail funktioniert, wollen Forschende fieberhaft entschlüsseln, denn dieses Wissen kann für die Entwicklung von Pharmazeutika oder zur Verbesserung der Lebensmittelsicherheit bahnbrechend sein. Eine große internationale Kooperation des BOKU-Institutes für Mikrobielle Genetik am DAGZ in Tulln hat nun einen neuen Mechanismus entdeckt, welcher die Produktion bioaktiver Substanzen steuert.

Viele Wirkstoffe, die Pilze aus unterschiedlichen Gründen produzieren, hat sich der Mensch zu Nutze gemacht. Ein berühmtes Beispiel ist Penicillin – ein Wirkstoff, den Pilze produzieren, um Bakterien abzuwehren. „Wir wissen jedoch noch nicht genau wann, aus welchen Gründen und wie Pilze diese bioaktiven Substanzen produzieren“, erklärt Joseph Strauss vom Institut für Mikrobielle Genetik (IMiG) der BOKU Wien.

Es kostet Pilzen viel Energie bioaktive Substanzen zu produzieren. Ein ausgeklügeltes genetisches Regulationssystem kümmert sich deshalb darum, dass sie nur dann gebildet werden, wenn der Pilz sie wirklich benötigt. Tritt beispielsweise ein Hungersignal auf, weil der Pilz auf eine Oberfläche fällt, wo er nicht viel verwerten kann, reagiert er mit der Produktion von Abwehrstoffen, da es naheliegt, dass sich in der Umgebung viele Konkurrenten befinden. Zu verstehen, wie Pilze Umweltsignale, wie den Mangel an Nährstoffen, in der Zelle in die richtigen genetischen Schaltkreise übersetzen und etwa mit der Produktion von Abwehrstoffen beginnen, ist seit vielen Jahren ein Forschungsschwerpunkt am BOKU Institut für Mikrobielle Genetik. Strauss und sein Team haben nun gemeinsam mit internationalen Forschungspartner:innen einen neuen Mechanismus entdeckt, der eben jene Produktion steuert.

Der Weg zwischen Membran und Zellkern war eine Blackbox

„Man wusste bereits viel darüber, was außen an der Membran passiert und auch darüber, was im Zellkern geschieht, aber der Signalweg dazwischen war unklar“, erklärt Strauss. Vier Proteinpartner, der sogenannte KERS-Chromatin-Komplex (KdmB-EcoA-RpdA-SntB chromatin complex), sind dabei essenziell für die Signalübermittlung von der Membran zum Zellkern. „Bislang war dieser Weg wie eine Blackbox“, so Strauss, „eine Blackbox, die wir öffnen konnten und nun besser verstehen, wie diese Signalkaskade funktioniert.“ Das Team konnte belegen, dass die Pilzzelle jene Proteine, die eigentlich die großflächige Struktur von Chromosomen steuern, ganz gezielt auch dazu verwendet, Biosynthese-Gene anzusteuern und zu aktivieren, die für die bioaktiven Substanzen gebraucht werden. „Zusätzlich steuern diese sogenannten „Chromatin-Regulatoren“ auch verschiedene Entwicklungsstadien von Pilzen, was wiederum deren Ökologie und Verbreitung als Krankheitserreger beeinflusst“, erklärt Strauss. Diese neuen Erkenntnisse helfen deshalb die Funktion dieser Moleküle in der Natur besser zu verstehen, sowie die Produktion von Biopharmazeutika zu verbessern. Selbst unsere Lebens- und Futtermittel sind betroffen, denn die Verunreinigung mit Toxinen basiert auf denselben Prinzipien der Genregulation. Darüber hinaus fließen die Ergebnisse direkt in die laufenden Screening Programme der BiMM Forschungsplattform ein (www.bimm-research.at), deren Ziel es ist, neue bioaktive Substanzen für medizinische und Agro-Forst Anwendungen zu finden.

Die Studie ist aktuell im Fachmagazin Nucleic Acids Research erschienen:
pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/36095118/

 

Kontakt:
Joseph Strauss, Univ.Prof. Dr.
Universität für Bodenkultur
Institut für Mikrobielle Genetik (IMiG)
E-Mail: joseph.strauss(at)boku.ac.at
Tel.: +43 1 47654 94420