Expert*innen-Podium diskutierte bei den Alpbacher Technologiegesprächen 2022 über eine neue Wirtschaftsform basierend auf den Gesetzen der Natur.

Martin Greimel ist Leiter des Zentrums für Bioökonomie und vertritt die BOKU bei den Alpbacher Technologiegesprächen 2022 (c) BOKU

Nach der Begrüßung durch Bundesminister Norbert Totschnig und den Landesrätinnen Andrea Klambauer und Barbara Eibinger-Miedl führte Martin Greimel, Leiter des Zentrums für Bioökonomie an der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU), in das Konzept Bioökonomie ein. „Ziel der Bioökonomie ist, nicht nachwachsende Rohstoffe durch nachhaltig erzeugte und im Kreislauf geführte nachwachsende Rohstoffe zu ersetzen“, so Greimel.

Die gesellschaftlichen Herausforderungen sind durch die aktuellen Krisen - Ukraine Krieg, Pandemie und Klimawandel - verstärkt in das Bewusstsein der Bürger*innen getreten. „Seit es Leben auf der Erde gibt, haben alle Lebewesen - Einzeller, Pflanzen, Tiere und seit ca. 3 Mio. Jahren auch Menschen - nach dem gleichen linearen Wirtschaftsprinzip gelebt. Sie haben den Bedarf an Rohstoffen aus der Umgebung genommen, ihn verwendet, kurzfristig Bestände wie z.B. Behausungen aufgebaut und den Rest weggeworfen“, erläuterte Martin Greimel. Bis ins 19. Jahrhundert hätte das auch funktioniert. Dann kam es zu einer schlagartigen Veränderung. Die Anzahl der Menschen ist von 700 Millionen auf fast 8 Milliarden gestiegen und die Bedürfnisse jedes Einzelnen sind im Zuge der industriellen Revolution enorm gestiegen. „Aus 7,3 Gigatonnen Rohstoffbedarf pro Jahr um 1900 sind mittlerweile rund 95 Gigatonnen Rohstoffbedarf pro Jahr geworden. Und da das lineare Wirtschaftssystem beibehalten wurde, hat der Rohstoffbedarf die planetaren Grenzen schon stark überschritten.“

Grenzen der Kreislauffähigkeit

Ein Lösungsansatz liegt in der Kreislaufwirtschaft. Weltweit werden aber nur 8 Prozent der oben erwähnten Rohstoffentnahmen auch im Kreislauf geführt. Greimel wies auch darauf hin, dass es für viele Rohstoffe enge Grenzen der Kreislauffähigkeit gäbe. Insbesondere der Energiebedarf für die Sammlung, Trennung, Aufbereitung und Neuproduktion ist für nicht nachwachsende Rohstoffe sehr hoch.

Hier kommt die Bioökonomie ins Spiel mit dem Ziel, nicht nachwachsende Rohstoffe durch nachhaltig erzeugte im Kreislauf geführte nachwachsende Rohstoffe zu ersetzen. „Das bedeutet jedoch nicht dasselbe wie bisher, nur in Grün“, betonte Greimel, denn bei gleichbleibendem Bedarf an Gütern würde es drei Planeten Erde benötigen, um genügend nachwachsende Rohstoffe zu erzeugen. „Suffizienz im Sinne von ,Was brauche ich nicht und bin trotzdem zufrieden‘ ist also ein integrativer Teil der Bioökonomie.“

Bioeconomy Austria

Im zweiten Teil seiner Ausführungen stellte Martin Greimel das Projekt „Bioeconomy Austria“ vor, das über den Waldfonds vom Landwirtschaftsministerium finanziert wird. Anhand der Wertschöpfungskette Wald soll als Musterfall untersucht werden, wie man alle nationalen Player aus diesem Bereich zusammenfassen und clustern könnte, um österreichweit koordiniert vorzugehen. Greimel: „Die Ergebnisse sollen schließlich als Blaupause dienen, um einen österreichweiten Bioökonomie-Cluster zu etablieren.“

Das Zentrum für Bioökonomie der Universität für Bodenkultur Wien wurde vor 3 Jahren gegründet, koordiniert alle Bioökonomie-relevanten Themen innerhalb der BOKU im Bereich Forschung, Bildung und Innovation und vernetzt die Forscher*innen mit nationalen und internationalen Kolleg*innen. Im kommenden Herbst übernimmt die BOKU die Präsidentschaft der renommierten European Bioeconomy University Alliance (EBU).

Nähere Infos

https://www.bioeconomy-austria.at/ 
https://boku.ac.at/zentrum-fuer-biooekonomie

Kontakt
DI Dr. Martin Greimel
Universität für Bodenkultur Wien (BOKU)
Zentrum für Bioökonomie
Email: martin.greimel(at)boku.ac.at